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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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solltest, ehe du dich entscheidest. Wir haben nicht viel Zeit, und ich muß mich kurz fassen, ich kann dir nicht alle Zusammenhänge erklären. Ich muß darauf hoffen, daß du mir zubilligst, daß ich meinem Gewissen folge und den gleichen Grundsätzen von Ehre und Familie, an die du auch glaubst.«
    »Das klingt, als sei es abscheulich, was du mir zu sagen hast«, bemerkte sie unbehaglich.
    »Vielleicht. Du mußt selbst urteilen. Und du mußt mir versprechen, daß du mich ausreden läßt, ehe du urteilst.«
    Sie zögerte nicht. »Einverstanden.«
    Er überlegte einen Augenblick, wie er anfangen sollte. »Du weißt vermutlich, daß England vor nicht allzu langer Zeit einen dänischen König hatte, oder?«
    Sie nickte unwillig. »König Knut. Aber das war lange vor meiner Geburt.«
    »Ja. Er ist vor über dreißig Jahren gestorben. In Dänemark halten wir sein Andenken in Ehren und nennen ihn Knut den Großen.«
    Hyld schnaubte verächtlich. »Wir nennen ihn nicht so.«
    »Aber es ist eine Tatsache, daß in den zwanzig Jahren, die er hier regiert hat, Frieden im Land herrschte, oder nicht?«
    »Aber Erik, das ist, als würdest du sagen, ich müsse den Teufel anbeten, um vor den Heerscharen der Hölle sicher zu sein«, wandte sie entrüstet ein. » Natürlich gab es keine Däneneinfälle, als Knut König war, wozu auch, er hatte England ja schon.«
    Erik verzog einen Mundwinkel, auch wenn sie es nicht sehen konnte. »Schön. Laß uns darüber streiten, wenn wir mehr Muße haben. Wie dem auch sein mag, Knut war ein mächtiger König, der nicht nur über England und Dänemark, sondern auch über Norwegen herrschte.«
    »Wirklich? Das wußte ich nicht.«
    »Hm. Sein Sohn, Harthaknut, konnte sich weder in Norwegen noch in England halten.«
    »Gott sei Dank. So haben wir wieder einen englischen König bekommen«, brummte sie.
    »Nichtsdestotrotz folgte Harthaknut seinem Vater als rechtmäßiger König auf den englischen Thron, selbst wenn er kaum je hier war, weil er Krieg gegen König Magnus von Norwegen führte. Jeder wollte den anderen unterwerfen. Als sie einsehen mußten, daß es keinem von beiden gelang, kamen sie zu einer Einigung: Harthaknut von Dänemark und Magnus von Norwegen setzten sich gegenseitig als Erben ein, falls sie kinderlos sterben sollten. Harthaknut starb als erster und hinterließ Magnus sowohl den dänischen als auch den englischen Thronanspruch. Er konnte keinen von beiden durchsetzen. Inzwischen ist auch Magnus von Norwegen tot, er hinterließ ebenfalls keinen Sohn, sondern sein Onkel erbte den Anspruch. Dieser Onkel ist König Harald Hårderåde von Norwegen.«
    »Ich glaube nicht, daß mir besonders gefällt, was du mir erzählst …«, murmelte Hyld unbehaglich. Den Namen Harald Hårderåde hatte sie schon oft gehört. Und obwohl sie nicht viel von solcherlei Dingen verstand, wußte sie doch, daß Harald Hårderådes Anspruch auf die englische Krone, so fragwürdig er auch sein mochte, eine ständige Bedrohung darstellte, die, so lange sie zurückdenken konnte, dräuend am Horizont hing wie die allgegenwärtige Angst vor Mißernten oder einer Pockenepidemie.
    »Das habe ich befürchtet. Aber du wolltest es wissen, und jetzt wirst du dir auch den Rest anhören müssen. Du glaubst, ich sei Däne, Hyld, und in vieler Hinsicht hast du recht. Ich bin in Haithabu geboren und aufgewachsen, mein Vater und mein Onkel, unter denen ich zur See gefahren bin, waren Dänen. Aber meine Mutter war Norwegerin. Ihr Vater war ein Halbbruder von Harald Hårderåde.«
    »Der König von Norwegen ist dein Großonkel?« fragte sie ungläubig. Er schüttelte lachend den Kopf. »Nur im weitesten Sinne. Mein Großvater war ein Bastard. Aber er und Harald haben sich immer nahegestanden, sie waren zusammen im Exil, in Rußland und Byzanz. Nein, ich kann keine familiäre Verbindung mit dem König von Norwegen in Anspruch nehmen, aber ich stehe in seinem Dienst.«
    Hyld entzog ihm unvermittelt ihre Hand und stand auf. »Ich glaube, es wäre besser, wenn du nicht weitersprichst, Erik.«
    »Hyld, hör mir zu …«
    »Nein.«
    Es traf ihn unvorbereitet, wie abweisend ihre Stimme klang. Das hätte er nicht für möglich gehalten.
    »Ich konnte damit leben zu glauben, daß du ein dänischer Pirat bist, aber ein dänischer Pirat im Dienst von Harald Hårderåde, der unseren heiligen König Edward stürzen will, das ist einfach zuviel. Es tut mir leid. Ich werde keiner Menschenseele sagen, was du mir offenbart hast, aber

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