Das zweite Leben
mutwillige Beschädigungen des Inventars durch Angestellte oder Kunden zu kümmern. Normalerweise sollte dies auch nicht unsere Nachtwächter angehen, allenfalls die Abteilungsleiter oder Detektive. Allerdings scheint es sich hier um eine reichlich außergewöhnliche Angelegenheit zu handeln.« Der Sarkasmus war nicht zu überhören. Dodds wich Steeles Blick aus und betrachtete scheinbar interessiert das Muster des teueren Teppichs. »Immerhin«, fuhr Steele fort, »hat unser Mr. Dodds schon herausgefunden, daß unser großer Unbekannter die Puppen nicht während der Geschäftsstunden verstümmelt, falls in der Spielzeugabteilung nicht eine Epidemie unter den Puppen ausgebrochen ist …«
»Es besteht kein Anlaß, die Vorkommnisse auf die leichte Schulter zu nehmen«, fuhr Dodds auf, und seine ohnehin schon laute Stimme wurde vor Aufregung noch unangenehmer. »Mein Personal besteht nur aus Mädchen, und einige von ihnen sind Farbige. Diese Puppen da sind ebenfalls …«
Steel brachte ihn mit einer energischen Geste zum Schweigen. Der Manager haßte alles Laute. Er fuhr fort: »Der Warenwert der zerstörten Puppen interessiert jetzt nicht. Ich frage mich vielmehr, wie der Übeltäter sich an ihnen zu schaffen machen kann, ohne gefaßt zu werden. Man könnte an einen schlechten Scherz denken, aber …«
»Ein Scherz?« Dodds lachte humorlos. »Ich sage Ihnen, meine Mädchen sind halb verrückt vor Angst, daß sich ein Psychopath im Warenhaus herumtreibt! Jeden Morgen finden sie diese Dinger ohne Arme, mit ausgestochenen Augen und abgerissener Nase. Und es sind schwarze Puppen! Die Kleider sind zerrissen. Wenn’s nur ein oder zweimal geschehen wäre, hätte man an einen Scherz glauben können, aber jeden Morgen das gleiche Bild. Sie spüren, daß mehr dahintersteckt. Es muß einen Verrückten geben, der Negerpuppen auseinanderreißt. Und wie ich sagte, gibt es farbige Mädchen in der Abteilung. Sie haben Angst, verstehen Sie? Angst, daß eines Tages nicht mehr die Puppen das Opfer dieses Perversen sein könnten, sondern …«
»Sondern sie selbst«, sagte Steele. »Ich verstehe, obwohl es sich bislang nur um ein Gerücht handelt, daß es einen solchen Kerl gibt. Mr. Tully, die Mädchen werden uns nicht gleich davonlaufen, aber je eher die Sache aus der Welt geschafft ist, desto besser. Deshalb habe ich Sie kommen lassen.«
Der Manager erklärte, daß, da die Puppen nicht während der Geschäftsstunden zerstückelt wurden, entweder ein Mitglied des Personals oder ein Kunde sich nach Feierabend im Warenhaus einschließen lassen mußte, um sich nachts an die »Arbeit« zu machen, oder daß von der Straße aus eingebrochen wurde. Tully sollte die Eingänge der Spielzeugabteilung gründlicher überwachen, abgesehen von den üblichen Kontrollgängen.
Tully wollte Steele daran erinnern, daß das gesamte Warenhaus ab Bodenhöhe als absolut einbruchsicher galt und die Spielwarenabteilung sich darüberhinaus im Keller befand. Ein Einbrecher hätte einen Tunnel bohren müssen, um dort hineinzugelangen. Doch Steele wußte dies ebensogut wie er.
»Wir haben es mit einem ungewöhnlichen Problem zu tun«, sagte der Manager. Tully glaubte, einen versteckten Vorwurf an seine Adresse herauszuhören, als Steele erklärte, daß die Lösung ein gewisses Maß an Phantasie verlangte, und dabei auf das Magazin blickte, das aus Tullys Tasche ragte. »Wie ich sehe, sollte es Ihnen daran jedoch nicht mangeln.«
Bevor Tully antworten konnte, mischte Dodds sich wieder ein. »Sie haben noch nicht erwähnt, daß Mr. Tully als …«
Immer noch ruhig, doch mit einem gefährlichen Ausdruck in den Augen, schnitt Steele ihm das Wort ab. »Mr. Dodds, es gibt einige Mißstände, um die weder ich noch Mr. Tully uns zu kümmern haben. Spucke auf den Treppen zu Ihrer Abteilung und weggeworfene Zigarettenstummel sind nur zwei Beispiele!«
Dodds bekam einen hochroten Kopf. Um die Gemüter zu beruhigen, fragte Tully, was Tyson mit der ganzen Sache zu tun hätte.
»Sehr einfach«, sagte Steele. »Auch in seiner Abteilung scheint es neuerdings zu spuken. Einige Elektrogeräte, darunter ein elektrischer Rasenmäher, sind spurlos verschwunden. Die Verpackungen waren noch versiegelt, als der Verlust entdeckt wurde. Niemand kann sie geöffnet haben. Mr. Tyson und Mr. Dodds können sich gewissermaßen gegenseitig trösten. Mr. Dodds wird Trost gebrauchen können …«
Steele stand auf, lächelte und sagte: »Danke, Mr. Tully. Sie können jetzt gehen. Mit
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