Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Brüllen von Raubthieren, die zuweilen recht nahe zu sein schienen. Das erweckte den Gedanken, daß Jack, wenn er sich auch nicht gegen die Elephanten zu vertheidigen gehabt hätte, doch einem noch gefährlicheren Angriffe durch Tiger, Löwen oder Pumas erlegen sein könnte.
    Dennoch durften sie ihn noch nicht als verloren aufgeben. Der ganze nächste Tag wurde deshalb verwendet, im Tannenwalde nach Spuren von ihm zu suchen. Vergeblich. Wolston und Ernst erkannten wohl hier und da an niedergetretenem Grase, zerbrochenen Zweigen und ausgerissenen Büschen, daß die Elephanten an diesen Stellen vorübergekommen waren, von Jack aber fanden sie nichts… weder etwas von den suchen, die er bei sich trug, noch sein Gewehr oder seine Jagdtasche, ebensowenig aber eine Andeutung, daß er verwundet worden wäre… kein blutiges Fleckchen, doch auch keine Fußtapfen, die auf seine Fährte hätten leiten können.
    So herzzerreißend der Gedanke, ohne ihn zurückzukehren, auch war, mußten sie nach ihren vergeblichen Bemühungen doch zu einem Entschlusse kommen. Wolston sachte deshalb Ernst zu überzeugen, daß es auch im Interesse seines Bruders wäre, nun schleunigst nach Felsenheim zurückzukehren und von dort aus die Nachforschungen unter günstigeren Bedingungen wieder aufzunehmen.
    Ernst wäre gar nicht imstande gewesen, hierüber erst noch zu verhandeln. Er fühlte es, daß Wolston recht habe, und folgte ihm, fast ohne Bewußtsein dessen, was er that. Beide durchstreiften zum letztenmale den Theil des Tannenwaldes, den sie schon am Abend vorher abgesucht hatten.
    Dann wanderten sie die Nacht hindurch und den ganzen folgenden Tag, gönnten sich nur wenige Stunden der Ruhe und brachen ungesäumt wieder auf, und am Morgen waren sie dann am Eingange der Schlucht der Cluse angelangt.
    »Mein Sohn! Mein armer Sohn!« hatte Frau Zermatt wiederholt schluchzend gerufen.
    Als diese Worte dann noch einmal ihren Lippen entflohen, war sie, zusammenbrechend, Frau Wolston und deren Tochter, die neben ihr niederknieten, in die Arme gefallen..
    Der ältere Zermatt und Ernst konnten, von Schmerz übermannt, kein Wort hervorbringen.
    Da begann endlich Wolston entschlossenen Tones:
    »So hört, was wir zu thun haben, ohne einen Augenblick zu zögern…«
    Der ältere Zermatt trat auf ihn zu.
    »Nun… was denn? fragte er.
    – Wir begeben uns eiligst nach Felsenheim und machen uns dort noch heute wieder auf, um Jacks Spuren aufzusuchen. Ich habe alles reiflich überdacht, lieber Zermatt, und bitte Sie, meinen Vorschlag anzunehmen.«
    Ja, sie mußten sich wohl Wolston’s Beschlüssen fügen. Er allein hatte sich genug Kaltblütigkeit bewahrt, einen klugen Rath zu geben, und ihm hatten sie blindlings zu folgen.
    »Jack ist in dem nahe der Küste gelegenen Theile des Waldes verschwunden, fuhr er fort. Nach dieser Gegend haben wir uns auf kürzestem Wege zunächst zu begeben. Doch dahin wieder durch die Cluse und über das Land zu gehen, das wäre zu weit. Wir wollen lieber die Pinasse benützen. Der Wind ist jetzt günstig, das Cap im Osten zu umschiffen, und nachher segeln wir mit dem Seewinde längs des Ufers hin. Fahren wir noch heut’ Abend ab, so erreichen wir vor Tagesanbruch die Mündung des Montrose; diese lassen wir hinter uns und gehen an dem Theile des Ufers vor Anker, wo die Bergkette ausläuft. Dorthin zu war Jack, der durch den Tannenwald lief, verschwunden. Begeben wir uns zu Wasser nach dieser Gegend, so ersparen wir gut zwei Tage!«
    Der Vorschlag fand ohne Widerrede Annahme. Da er den Vortheil eines Zeitgewinnes versprach, durfte man nicht zaudern und keine Stunde verlieren, wenn man noch den Wind ausnützen wollte, der es der »Elisabeth« bei zwei-bis dreimaligem Kreuzen ermöglichen konnte, über das Cap im Osten hinauszukommen.
    Die beiden Familien bestiegen wieder den Wagen, dessen Gespann so lebhaft angetrieben wurde, daß es anderthalb Stunden später schon bei Felsenheim anlangte.
    Nun war es die erste Sorge, die Pinasse zur sofortigen Abfahrt klar zu machen und für mehrere Tage zu verproviantieren. Frau Zermatt, Frau Wolston und Annah wollten mitfahren; sie hätten niemals zugestimmt, jetzt in Felsenheim zurückzubleiben, und dem älteren Zermatt kam es auch gar nicht in den Sinn, ihnen das zuzumuthen.
    Am Nachmittage, als die Thiere alle für eine Woche mit Futter versorgt waren, sollte die Pinasse eben absegeln, als sie plötzlich ein widriger Umstand davon abhielt. Gegen drei Uhr begann der Wind, der eine

Weitere Kostenlose Bücher