Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Strecke im Osten vom Rauchenden Felsen. Die drei tiefen Buchten, die Rettungs-, Nautilus-und Perlenbucht, waren mittels der Schaluppe und des Kajaks noch nicht einmal in ihrer ganzen Ausdehnung besucht worden.
    Im Laufe dieser elf Jahre hatten Zermatt und seine Söhne überhaupt kaum die Felsenwand jenseits des Passes der Cluse überritten, sie hatten sich vielmehr darauf beschränkt, dem Grunde des Grünthales zu folgen, ohne die Höhen an den Seiten zu erklimmen.
    Die Zahl der Bewohner von Felsenheim war mit der Abfahrt der »Licorne« ja nicht eigentlich verkleinert worden, da damals die Familie Wolston zurückblieb.
    Der zur Zeit fünfundvierzigjährige Wolston war ein Mann von kräftiger Constitution. Wenn auch geschwächt durch das Fieber, das er sich in Neusüdwales in Australien zugezogen hatte, mußte ihm das heilsame Klima der Neuen Schweiz und die Pflege, die ihm hier zutheil wurde, doch bald die volle Gesundheit wiedergeben. Seine Kenntnisse und seine reichen Erfahrungen auf mechanisch-technischem Gebiete versprachen hier sehr nützlich zu werden, und Zermatt hatte sich auch vorgenommen, sie bei den von ihm geplanten Verbesserungen auszunützen. Vor allem galt es aber, bis zur völligen Wiederherstellung Wolston’s zu warten, zu dem sich Ernst durch eine gewisse Uebereinstimmung in Neigungen und Charakter besonders hingezogen fühlte.
    Frau Merry Wolston war einige Jahre jünger als Betsie Zermatt. Die beiden Frauen mußten einander gefallen und ihre Freundschaft konnte nur zunehmen, wenn sie sich erst besser kennen gelernt hatten. Beiden war jede Leichtfertigkeit fremd, dagegen hatten sie die gleiche Vorliebe für Thätigkeit und Ordnung, die gleiche Zuneigung für ihre Männer und Kinder. Die Haushaltung in Felsenheim besorgten sie zusammen oder theilten ihre Arbeit beim Besuche der Meiereien von Waldegg und Zuckertop oder der Einsiedelei Eberfurt.
    Annah Wolfton war bei ihren siebzehn Jahren kein kleines Mädchen mehr. Ihre Gesundheit hatte wie die ihres Vaters schwer gelitten, und der Aufenthalt im Gelobten Land versprach ihr gewiß wohl zu thun, ihre Constitution zu kräftigen und wieder frischere Farben auf die etwas gebleichten Wangen zu zaubern. Blond, mit hübschen Gesichtszügen, einem Teint, der gewiß bald wieder aufblühte, mit einem herzigen Blick aus den blauen Augen und mit ihrer eleganten Haltung versprach sie entschieden, sich zu einem sehr lieblichen Mädchen zu entwickeln. Sehr groß war aber der Unterschied zwischen ihr und ihrer Schwester, der lustigen, beweglichen Doll mit ihren vierzehn Jahren, deren helltönendes Lachen so häufig die verschiedenen Räume von Felsenheim erfüllte. Die zweite war eine Brünette, die immer sang, immer plauderte und stets eine drollige Antwort zur Hand hatte. Doch, es sollte ja wiederkommen, das entflohene Vöglein, wiederkommen nach einigen, freilich wohl recht träge verfließenden Monaten, und sein Gezwitscher sollte dann die kleine Welt hier aufs neue erfreuen.
    Es machte sich jetzt nothwendig. an die Vergrößerung von Felsenheim zu denken, denn nach der Rückkehr der »Licorne« mußte sich diese Wohnstätte als zu beschränkt erweisen. Handelte es sich da auch nur um den Obersten Montrose und Jenny, um Fritz und Franz, sowie um James Wolston, seine Schwester, seine Frau und sein Kind, so konnten diese hier doch nicht alle untergebracht werden, wenn ihnen nicht gewisse Theile der Höhle zur Verfügung gestellt wurden. Kamen aber gar noch neue Ansiedler mit ihnen, so mußten für diese selbstverständlich neue Wohnungen hergerichtet werden.
    An Platz dazu fehlte es ja weder am linken Ufer des Schakalbaches, noch am Strande längs des schattigen Weges, der von Felsenheim nach Falkenhorst führte.
    Das veranlaßte denn zwischen den Herren Zermatt und Wolston häufig Unterredungen, an denen sich auch Ernst, dessen Vorschläge wohl gehört zu werden verdienten, gerne betheiligte.
    Zu dieser Zeit ließ es sich Jack, dem jetzt allein die Verpflichtungen zufielen, denen sich sonst sein älterer Bruder unterzogen hatte, angelegen sein, die Bedürfnisse der Speisekammer zu befriedigen. Mit seinen Hunden Braun und Falb durchstreifte er täglich die Gehölze und das offene Land, wo sich viel Feder-und Haarwild aufzuhalten pflegte; er suchte dabei auch sumpfige Stellen ab, wo er, um Abwechslungen in die täglichen Mahlzeiten zu bringen, Enten und Bekassinen erlegte. Manchmal wurde zu gleichem Zwecke auch dem Hühnerhofe etwas Geflügel entnommen. Caro, der

Weitere Kostenlose Bücher