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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sein leichtes Boot bis an den Fuß eines Baumes heraus. Dann übermannte ihn aber die Müdigkeit und er fiel in tiefen Schlaf.
    Vom nächsten Morgen an wurde die Fahrt wieder bis zur Mittagszeit fortgesetzt. Bei dem Halt, den er dann machte, mußte sich der junge Mann des Angriffes eines Tigers erwehren. Es glückte ihm, das gefährliche Raubthier an der Seite schwer zu verwunden, während sein Adler diesem die Augen auszuhacken suchte. Zwei Pistolenschüsse machten dem Tiger dann vollends den Garaus.
    Zum großen Kummer für Fritz sah dieser aber, daß der Adler, dem ein Tatzenschlag den Leib aufgerissen hatte, auch todt war. Er mußte den armen Blitz also im Sande verscharren und bestieg dann wieder sein Boot, ganz untröstlich, einen so treuen Jagdgefährten eingebüßt zu haben.
    Am zweiten Tage ruderte Fritz immer längs des Ufers hin, doch verrieth nach der Seeseite zu noch keine Dampfwolke das Vorhandensein des Rauchenden Felsens. Da das Meer auffallend ruhig war, beschloß der junge Mann, sich weiter darauf hinauszuwagen, um zu sehen, ob vielleicht am südwestlichen Horizonte eine Rauch-oder Dampfwolke aufstiege. Er steuerte den Kajak also in dieser Richtung hin. Dessen kleines Segel wurde von günstigem Landwinde geschwellt. Nach zweistündiger Fahrt gedachte er eben umzukehren, als er eine leichte, aufsteigende Wolke zu bemerken glaubte.
    Fritz vergaß darauf alles, seine Erschöpfung, die Beängstigung, die sein langes Ausbleiben in Felsenheim hervorrufen mußte, und ebenso die ihm selbst drohende Gefahr, wenn er sich so weit aufs Meer hinaus begab. Mit Hilfe der Pagaien flog der Kajak jetzt über das Wasser hin. Eine Stunde später befand er sich etwa noch sechs Kabellängen von einer Insel entfernt, die ein vulcanilcher Berg überragte, aus dem mit Rauch gemischte Flammen emporzüngelten.
    Die Ostküste der Insel erschien ganz dürr und unfruchtbar. Weiterhin sah Fritz aber, daß sie durch die Mündung eines Baches unterbrochen war, der aus einem frischgrünen Thale herabkam.
    Da trieb er den Kajak in einen schmalen Landeinschnitt und zog ihn hier auf das Uferland.
    In seiner Nähe bemerkte er zur Rechten eine Grotte, an deren Eingange eine menschliche Gestalt in tiefem Schlummer lag.
    Ergriffen und doch auch erfreut betrachtete Fritz die arme Verlassene. Es war ein junges Mädchen von siebzehn bis achtzehn Jahren und bekleidet mit grobem Leinenstoff, der offenbar von einem Segel herrührte, doch sauber und für sie recht gut passend bearbeitet erschien. Ihre Züge waren reizend, ihr Gesichtsausdruck unendlich mild. Fritz wagte nicht, sie zu wecken, und doch winkte ihr ja die Erlösung, wenn sie die Augen aufschlug.
    Endlich erwachte das junge Mädchen. Beim Anblicke eines Fremden konnte sie einen Aufschrei der Ueberraschung und des Erschreckens nicht unterdrücken.
    Fritz beruhigte sie durch eine Handbewegung.
    »Fürchten Sie nichts, Miß, redete er sie in englischer Sprache an, ich thue Ihnen nichts zu Leide… ich bin nur gekommen, um Sie zu retten.«
     

    Ergriffen und erfreut betrachtete Fritz die arme Verlassene. (S. 79.)
     
    Und ehe sie noch zu antworten vermochte, erzählte er ihr, wie ihm ein Albatros in die Hände gefallen sei, ein Albatros mit der schriftlichen Mittheilung, daß eine junge Engländerin am Rauchenden Felsen um Rettung flehe. Er sagte ihr auch, daß sich nur wenige Lieues weit im Osten ein Land befinde, wo eine ganze Familie von Schiffbrüchigen lebe.
    Das junge Mädchen sank erst in die Knie, um Gott ihren Dank darzubringen, dann reichte sie ihrem Retter die Hände, um auch diesem zu danken. Hierauf erzählte sie mit kurzen Worten ihre Geschichte und lud Fritz ein, in ihre dürftige Unterkunftsstätte mit einzutreten.
    Mit dem Vorbehalte, daß dieser Besuch nicht lange dauere, nahm Fritz die Einladung an. Die Zeit drängte und ihn verlangte danach, die junge Engländerin nach Felsenheim zu bringen.
    »Morgen, erwiderte sie, morgen fahren wir ab, Herr Fritz! Lassen Sie mich noch einen Abend verbringen auf diesem Rauchenden Felsen, den ich, will’s Gott, doch nie mehr wiedersehen werde!
    – Also morgen,« antwortete der junge Mann.
    Von den Mundvorräthen Jennys und denen, die sich im Kajak befanden bereiteten sie sich ein Abendessen und erzählten dabei einander ihre außergewöhnliche Geschichte. Nach einem stillen Gebete zog sich Jenny zuletzt nach dem Hintergrunde der Grotte zurück, während Fritz sich – gleich einem treuen Wachthunde – an deren Eingange

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