Das zweite Vaterland
Zermatt hinzu, während sich ihre Züge bei der Erinnerung an den schrecklichen Unfall verdüsterten. Mein Mann, meine Kinder und ich, wir waren ja die einzigen, die dabei dem Tode entrannen!
– Es hat also, fragte Frau Wolston, nie etwas davon verlautet, daß jemand von der Besatzung aus dem Meere aufgenommen worden wäre oder sich auf die benachbarte Küste gerettet hätte?
– Nach der Aussage des Lieutenants Littlestone, kein einziger, antwortete der ältere Zermatt. Der »Landlord« hat überhaupt lange Zeit als mit Mann und Maus untergegangen gegolten.
– Da war, mischte Ernst sich ein, die Mannschaft des »Dorcas«, auf dem auch Jenny sich befand, doch etwas besser daran, denn von ihr sind wenigstens der Unterbootsmann und zwei Matrosen nach Sydney gebracht worden.
– Ganz recht, bestätigte der ältere Zermatt. Doch vermöchte wohl jemand zu beurtheilen, ob noch andere Ueberlebende vom »Landlord« an einer der Küsten des Indischen Oceans Zuflucht gefunden haben könnten, und ob diese, ebenso wie wir hier in der Neuen Schweiz, nach so langen Jahren noch an derselben Stelle verweilen?
– O, das ist ja nicht unmöglich, rief Ernst, denn unsere Insel liegt kaum dreihundert Lieues von Australien entfernt. Dessen Westküste wird aber von europäischen Schiffen sehr selten angelaufen, und etwaige Schiffbrüchige hätten freilich kaum Aussicht, aus der Gewalt der Eingeborenen zu entkommen.
– Aus allem geht hervor, erklärte Wolston, daß diese Meerestheile sehr gefährlich sind und häufig von Stürmen heimgesucht werden. Binnen weniger Jahre der Verlust des »Landlord«… der des »Dorcas«…
– Gewiß, meinte Ernst; doch vergessen wir dabei nicht, daß die Lage unserer Insel zur Zeit jener Schiffbrüche noch auf keiner Karte angegeben war, und damit erklärt es sich leicht, daß mehrere Fahrzeuge auf den sie umgebenden Klippen zu Grunde gehen konnten. In allernächster Zeit aber wird ihre geographische Lage ebenso genau bestimmt und bekannt sein, wie die aller übrigen Inseln im Indischen Meere.
– Desto schlimmer, rief Jack, ja, desto schlimmer, denn damit wird die Neue Schweiz für alle und jeden zugänglich!«
Die »Elisabeth« segelte jetzt im Westen von der Klippe hin, und da sie sich bisher hatte dicht am Winde halten müssen, um die am weitesten hinausragenden Felsen zu umschiffen, brauchte sie sich jetzt nur in der Richtung des Windes treiben zu lassen.
An der anderen Seite des Riffs wies der ältere Zermatt Herrn Wolston auf den engen Einschnitt hin, in den eine ungeheure Woge einst den »Landlord« geschleudert hatte. Eine Oeffnung, die dicht über der Schwimmlinie des Schiffes erst mittels Axt ausgebrochen und dann durch eine Sprengung erweitert worden war, hatte es ermöglicht, die darin enthaltenen Gegenstände schleunigst zu bergen, bis durch eine spätere Pulverexplosion die völlige Zertrümmerung des Rumpfes herbeigeführt wurde. Vom Schiffe blieb gar nichts auf der Klippe zurück, alles spülte die Fluth nach und nach an die Küste, und zwar ebenso die Theile, die ihrer Natur nach schon von selbst schwammen, wie die anderen, die durch damit verbundene leere Tonnen vor dem Untersinken gesichert worden waren, wie die Kochöfen, die Gegenstände aus Eisen, Blei und Kupfer, und die vierpfündigen Geschütze, von denen jetzt zwei auf der Haifischinsel und zwei in der Nähe von Felsenheim standen.
Längs der Felsen hinsegelnd, bemühten sich die Passagiere, zu erkennen, ob nicht noch andere Trümmer auf dem Grunde des klaren und ruhigen Wassers lägen. Fritz hatte nämlich, als er mit dem Kajak nach der Perlenbucht gekommen war, auf dem Meeresgrunde noch eine Anzahl größerer Kanonenrohre, Kugeln, Lafetten, eine Menge Eisentheile, Bruchstücke eines Schissskiets und eines Spills entdeckt, deren Hebung freilich nur mit Hilfe einer Taucherglocke ausführbar gewesen wäre. Doch selbst im Besitze einer solchen, hätte der ältere Zermatt davon wenig Vortheil gehabt. Augenblicklich war auf dem Meeresboden gar nichts mehr zu sehen; eine Sandlchichi verhüllte, mit langen Algen vermischt, die letzten Trümmer des »Landlord«.
Nach Vollendung der Fahrt um die Klippe steuerte die »Elisabeth« südwärts, um nahe am Cap im Osten vorüberzukommen. Der ältere Zermatt leitete das Fahrzeug mit größter Vorsicht, denn ein Ausläufer des Caps reichte durch den Klippengürtel ziemlich weit ins Meer hinaus.
Dreiviertel Stunden später konnte die Pinasse jenseit dieses Landvorsprunges, der
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