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Dass du ewig denkst an mich

Titel: Dass du ewig denkst an mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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beklagen sich nicht gleich darüber, stimmt’s?«
    »Nein, stimmt nicht«, sagte er ruhig. »Laurie, nachdem Sie
sich jetzt soviel stärker fühlen, warum legen Sie sich nicht auf
die Couch und entspannen sich, und wir reden ein wenig?« Er
beobachtete genau, wie sie reagierte.
    Es war genauso wie letzte Woche. Blanke Panik in ihren
Augen. Diesmal folgte der Panik ein trotziger Blick. »Gar nicht
nötig, daß ich mich hinlege. Ich bin durchaus imstande, im
Sitzen zu reden. Nicht daß es so viel zu reden gäbe. Zwei
Dinge in meinem Leben sind schiefgelaufen. In beiden Fällen
trifft die Schuld mich. Das gebe ich ja zu.«
    »Sie geben sich die Schuld, daß Sie als vierjähriges Mädchen
entführt wurden?«
»Selbstverständlich. Man hatte mir verboten, allein auf die
Straße zu gehen. Ich meine, richtig verboten. Das einzige Mal,
daß meine Mutter mich wirklich ausgeschimpft hat, war, als sie
mich allein auf dem vorderen Rasen beim Ballspielen
erwischte. Und Sie wissen, daß ich für den Tod meiner Eltern
verantwortlich bin.«
Jetzt war nicht die Zeit, das zu ergründen. »Laurie, ich
möchte Ihnen helfen. Sarah hat mir erzählt, daß Ihre Eltern der
Ansicht waren, es wäre für Sie besser, nach Ihrer Entführung
nicht psychologisch betreut zu werden. Wahrscheinlich ist das
zum Teil der Grund, weshalb Sie jetzt nicht mit mir reden
wollen. Warum schließen Sie nicht einfach die Augen und
ruhen sich aus und versuchen zu lernen, sich in meinem
Beisein wohl zu fühlen? Möglicherweise können wir dann in
einer anderen Sitzung miteinander arbeiten.«
»Sind Sie so sicher, daß es andere Sitzungen geben wird?«
»Das hoffe ich. Wird es sie geben?«
»Nur um Sarah eine Freude zu machen. Ich werde an den
Wochenenden nach Hause kommen, also muß es an den
Samstagen sein.«
»Das läßt sich einrichten. Kommen Sie jedes Wochenende
nach Hause?«
»Ja.«
»Tun Sie das, weil Sie mit Sarah Zusammensein wollen?«
Die Frage schien sie zu erregen. Ihre gleichgültige Haltung
verflog. Laurie schlug die Beine übereinander, hob das Kinn
und öffnete die Spange, die ihr Haar zusammenhielt.
Das leuchtendblonde Haar umwallte ihr Gesicht. Ein
geheimnisvolles Lächeln spielte um ihre Lippen. »An den
Wochenenden kommt seine Frau nach Hause«, sagte sie. »Da
hat es keinen Sinn, im College rumzuhängen.«
15
     
Laurie öffnete die Tür ihres Wagens. »Sieht schon richtig
herbstlich aus«, sagte sie.
    Die ersten Blätter fielen von den Bäumen. Letzte Nacht hatte
sich automatisch die Heizung eingeschaltet. »Ja, da hast du
recht«, sagte Sarah. »Hör mal, wenn es für dich zuviel ist…«
    »Aber nein. Sorge du nur dafür, daß all die Gauner ins
Gefängnis kommen, dann hole ich all die Stunden auf, die ich
verpaßt habe, und behalte mein cum laude. Vielleicht klappt es
sogar noch mit magna. Du hast mich ja mit deinem summa ohnehin weit abgehängt. Bis Freitag abend also.« Sie setzte zu
einer angedeuteten Umarmung an und drückte Sarah dann an
sich. »Sarah, daß du mir auch nie zuläßt, daß ich das Auto mit
dir tausche.«
    Sarah strich Laurie über das Haar. »He, ich dachte, wir
hatten uns geeinigt, daß Mama und Papa wirklich böse wären,
wenn du so redest. Laß uns am Samstag eine Runde Golf
spielen, wenn du bei Dr. Carpenter warst.«
Laurie versuchte zu lächeln. »Und wer gewinnt, zahlt das
Abendessen.«
     
»Das sagst du nur, weil du weißt, daß du gewinnst.«
    Sarah winkte ihr nach, bis der Wagen verschwunden war. Sie
ging zum Haus zurück. Es war so still, so leer. Nach dem
Todesfall in der Familie schien es zwar ratsam, keine
drastischen Veränderungen vorzunehmen, aber ihr Instinkt
sagte ihr, daß sie sofort beginnen sollte, sich nach einem
anderen Zuhause umzusehen, vielleicht einer
Eigentumswohnung, und das Haus zu verkaufen. Vielleicht
würde sie Dr. Carpenter anrufen und seinen Rat einholen.
    Sie war bereits für das Büro angezogen und brauchte nur
ihren Aktenkoffer und ihre Schultertasche zu holen, die beide
auf dem Tisch in der Diele lagen. Das schöne Stück aus dem
achtzehnten Jahrhundert mit den Marmorintarsien und dem
Spiegel darüber hatte ihrer Großmutter gehört. Wie würden all
die Möbel, an denen sie so hing, all die Erstausgaben von
Klassikern, die John Kenyons Bibliothek füllten, in eine VierZimmer-Eigentumswohnung passen? Sarah schob den
Gedanken von sich.
    Gewohnheitsmäßig blickte sie in den Spiegel und erschrak
über das totenbleiche Gesicht

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