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Dass du ewig denkst an mich

Titel: Dass du ewig denkst an mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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den ersten Termin
abgesagt?«
Jetzt war er sicher, daß sie ihn nicht gehört hatte. Sie befand
sich an einem anderen Ort. Er versuchte es andersherum.
»Laurie, Sarah sagte mir, daß Sie wieder schlimme Träume
gehabt haben, oder besser gesagt, denselben schlimmen Traum,
den Sie früher hatten.«
Laurie hörte ein lautes Wehklagen in sich. Sie zog die Beine
an die Brust und vergrub den Kopf in den Händen. Das
Wehklagen war nicht nur in ihrem Inneren. Es kam aus ihrer
Brust, ihrer Kehle und ihrem Mund.
13
    Sie hatten im Kasino von Worldwide Cable gegessen, der
Gesellschaft, die Rutland Garrisons Programm international
verbreitete. Beim Kaffee ließ der Prediger keinen Zweifel an
seinen Vorstellungen. »Ich habe die ›Welle Gottes‹ gegründet,
als Fünfundzwanzig-Zentimeter-Schwarzweißfernseher noch
ein Luxus waren«, sagte er. »Im Laufe der Jahre hat mein
geistliches Amt Millionen Menschen Hoffnung, Glauben und
Wohlstand vermittelt. Und sehr viel Geld für
unterstützungswürdige, wohltätige Zwecke aufgebracht. Ich
will sicherstellen, daß nach mir ein Berufener mein Werk
fortführt.«
    Bic und Opal hatten genickt, beide mit einem
Gesichtsausdruck voller Respekt, Frömmigkeit und Ehrfurcht.
Am folgenden Sonntag wurden sie in der ›Welle Gottes‹
vorgestellt. Bic sprach vierzig Minuten lang.
Er erzählte von seiner vergeudeten Jugend, seinem
hoffärtigen Wunsch, ein Rockstar zu werden, von der Stimme,
die der Herrgott ihm gegeben hatte, und davon, wie er sie mit
weltlichen Gesängen mißbraucht hatte. Er sprach vom Wunder
seiner Bekehrung. Ja, wahrhaftig, er war die Straße nach
Damaskus in den Fußstapfen des Paulus gegangen. Der Herr
sagte nicht: »Saulus, Saulus, warum verfolgst du mich?« Nein,
die Frage schmerzte noch viel mehr. Saulus dachte wenigstens,
er handle im Namen des Herrn, als er versuchte, die
Christenheit auszumerzen. Als er, Bobby, in jenem überfüllten,
schmutzigen Nachtclub stand und jene ekelhaften Texte sang,
erfüllte eine Stimme sein Herz und seine Seele, eine Stimme,
die so kraftvoll und doch so traurig, so zornig und doch so voll
der Vergebung fragte: »Bobby, Bobby, warum lästerst du
mich?«
An dieser Stelle fing er zu weinen an.
Am Ende der Predigt legte Prediger Rutland Garrison ihm
väterlich den Arm um die Schultern. Bobby winkte Carla zu
sich. Sie trat auf die Bühne, die Augen feucht, mit zitternden
Lippen. Er stellte sie den Zuhörern von Worldwide Cable vor.
Und dann sangen sie beide die Schlußhymne: »›Wir bringen
die Garben vom Feld…‹«
Nach der Sendung wurde die Telefonzentrale mit Anrufen
überflutet, die Reverend Bobby Hawkins bejubelten. Er wurde
aufgefordert, in zwei Wochen erneut aufzutreten.
Auf der Rückfahrt nach Georgia war Bic stundenlang
stumm. Dann sagte er: »Lee ist auf dem College in Clinton
New Jersey. Vielleicht wird sie zurückkehren. Vielleicht auch
nicht. Der Herr befiehlt mir, sie daran zu erinnern, was
passieren wird, wenn sie über uns spricht.«
Bic würde als Rutland Garrisons Nachfolger auserwählt
werden. Das spürte Opal. Garrison war genauso beeindruckt
gewesen wie alle anderen. Aber wenn Lee anfing, sich zu
erinnern… »Was wirst du ihretwegen unternehmen, Bic?«
»Ich habe da einige Ideen… Ideen, die mir kamen, während
ich betete.«
14
    Als Laurie Dr. Carpenter das zweitemal aufsuchte, sagte sie
ihm, daß sie nächsten Montag aufs College zurückkehren
würde. »Es ist besser für mich, besser für Sarah«, sagte sie
ruhig. »Sie macht sich solche Sorgen um mich, daß sie nicht
wieder zur Arbeit gegangen ist. Ich werde wie verrückt büffeln
müssen, um die drei Wochen aufzuholen, die ich versäumt
habe.«
    Carpenter wußte nicht recht, was er sah. Laurie Kenyon
wirkte völlig verändert, selbstbewußt, völlig anders als das
bedrückte Mädchen, das er vor einer Woche gesehen hatte.
    Jenes erste Mal hatte sie eine goldfarbene Kaschmirjacke,
gut geschnittene schwarze Hosen und eine Seidenbluse mit
einem schwarzweißgoldenen Muster getragen. Ihr Haar war ihr
locker auf die Schultern gefallen. Heute trug sie Jeans und
einen sackförmigen Pullover. Das Haar hatte sie sich hinten mit
einer Klammer zusammengesteckt. Sie schien völlig gelassen.
»Hatten Sie wieder Alpträume, Laurie?«
    Sie zuckte die Achseln. »Es ist mir wirklich peinlich, wenn
ich daran denke, wie ich mich letzte Woche benommen habe.
Hören Sie, eine Menge Leute haben hie und da schlimme
Träume und

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