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Dass du ewig denkst an mich

Titel: Dass du ewig denkst an mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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wohl das
kleine Mädchen war, das die ganze Zeit so jämmerlich weinte,
ein halbersticktes Weinen, so als hätte es den Kopf im
Kopfkissen vergraben. Das Bild eines kleinen Mädchens mit
langem blondem Haar, das in einem kalten Zimmer auf einem
Bett lag, schob sich vor ihr inneres Auge. Ja, sie war es, die
weinte.
Laurie bemerkte es gar nicht, als die anderen Studentinnen
sie stehenließen, um zu ihren Vorlesungen zu gehen. Sie
bemerkte auch die Blicke nicht, mit denen sie sie musterten,
und hörte nicht, wie eine von ihnen sagte: »Sie ist wirklich
seltsam.«
Sie betrat das Gebäude wie in Trance und fuhr mit dem Lift
in den zweiten Stock. Als sie an dem Raum vorbeikam, in dem
Allan Grant seine Vorlesung halten sollte, schob sie den Kopf
durch die Tür. Ein Dutzend Studenten waren versammelt und
warteten auf ihn. »Ihr vergeudet eure Zeit«, rief sie ihnen zu.
»Sexy Allan ist mausetot.«
DRITTER TEIL
42
    Als Sarah ihre Schwester am Mittwoch morgen nicht in ihrem
Zimmer erreichen konnte, rief sie wieder Susan Grimes an.
»Bitte, stecken Sie Laurie einen Zettel an die Tür, daß sie mich
im Büro anrufen soll. Es ist sehr wichtig.«
    Um elf Uhr rief Laurie vom Polizeirevier aus an.
Sarah war wie gelähmt. Mechanisch rief sie Dr. Carpenter
an, sagte ihm, was vorgefallen war, und bat ihn, Dr. Donnelly
zu verständigen. Dann griff sie nach Mantel und Handtasche
und rannte zu ihrem Wagen. Die Fahrt nach Clinton dauerte
eine Stunde und war die schiere Hölle.
Immer wieder hallte in ihr Lauries stockende, benommen
wirkende Stimme nach: »Sarah, man hat Professor Grant
ermordet aufgefunden. Die glauben, ich hätte es getan. Sie
haben mich verhaftet und aufs Polizeirevier gebracht. Sie
haben mir gesagt, ich hätte einen Telefonanruf frei.«
Ihre einzige Frage an Laurie war: »Wie ist er gestorben?«
Sie hatte die Antwort im voraus gewußt: Allan Grant war
erstochen worden. O Gott, barmherziger Gott im Himmel,
warum?
Endlich erreichte Sarah das Polizeirevier, wo man ihr sagte,
Laurie werde gerade verhört. Sarah verlangte, zu ihr gebracht
zu werden.
Der diensthabende Beamte wußte, daß Sarah im Büro des
Staatsanwalts tätig war. Er sah sie mitfühlend an. »Miss
Kenyon, Sie wissen, daß während des Verhörs nur ihr Anwalt
bei ihr sein kann.«
»Ich bin ihre Anwältin«, erklärte Sarah.
»Sie können nicht…«
»Ich habe in dieser Minute meine Stellung aufgegeben. Sie
können zuhören, während ich telefonisch kündige.«
Die Verhörzelle war klein. Laurie saß auf einem wackeligen
Holzstuhl und starrte in das Objektiv einer Videokamera, die
das Verhör aufzeichnete. Zwei Beamte waren bei ihr. Als sie
Sarah sah, flog sie ihr in die Arme. »Sarah, das ist verrückt.
Das mit Professor Grant ist so schrecklich. Er war so gut zu
mir. Ich war gestern so verärgert, weil er dachte, ich hätte diese
Briefe geschrieben. Sarah, du mußt ihnen sagen, daß sie
herausfinden müssen, wer diese Briefe geschrieben hat. Dann
haben sie auch die Verrückte, die ihn getötet hat.« Sie fing zu
schluchzen an.
Sarah drückte Lauries Kopf an ihre Schulter und wiegte ihre
Schwester hin und her. Sie erinnerte sich, daß ihre Mutter sie
so beruhigt hatte, als sie noch klein war.
»Setzen Sie sich, Laurie«, unterbrach sie der jüngere
Beamte.
Sarah schob Laurie auf den Stuhl zurück. »Ich bleibe hier bei
dir. Ich möchte nicht, daß du jetzt noch weitere Fragen
beantwortest.«
Laurie vergrub das Gesicht in den Händen. Ihr Haar fiel nach
vorn.
»Miss Kenyon, kann ich Sie sprechen? Ich bin Frank
Reeves.« Sarah erinnerte sich an das Gesicht des älteren
Beamten. Er hatte in einem der Verfahren, in denen sie die
Anklage vertreten hatte, ausgesagt. Er zog sie beiseite. »Ich
muß Ihnen leider sagen, daß der Fall völlig eindeutig ist. Sie
hat gestern Professor Grant bedroht. Und heute morgen, noch
bevor man seine Leiche entdeckt hat, verkündete sie in dem
Hörsaal voller Studenten, daß er tot sei. In ihrem Zimmer hat
man ein Messer gefunden, bei dem es sich mit hoher
Wahrscheinlichkeit um die Mordwaffe handelt. Sie hat
versucht, ihre Kleidung und ihr Bettzeug zu waschen, aber es
sind noch Blutspuren daran. Der Laborbericht wird das
endgültig bestätigen.«
»Sär-wah!«
Sarah fuhr herum. Das war Laurie. Aber da saß eine andere
Laurie auf dem Stuhl, und sie hatte die Stimme einer
Dreijährigen. Sär-wah. So hatte Laurie als Krabbelkind ihren
Namen ausgesprochen. »Sär-wah, ich

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