Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

DavBen-StaderDie

Titel: DavBen-StaderDie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
machen? Ihr wollt einen derben Strick um meinen mageren Hals legen und mir das Lebenslicht auspusten, weil ich ein Messer gestohlen habe? Tu das nicht, Genosse. Ich glaube zwar nicht, dass ich zu Großem bestimmt bin, aber alles ist besser als das da.
    Die Wärter führten uns eine Steintreppe hinunter, deren Stufen von Hunderttausenden von Stiefelabsätzen glatt getreten waren. Ein alter Mann, den dicken grauen Schal zwei Mal um den Hals geschlungen, saß auf der anderen Seite des Eisengitters, das das untere Ende der Treppe abriegelte. Er grinste uns zahnlos an und sperrte das Tor auf. Kurz darauf traten wir durch eine schwere Holztür hinaus ins Sonnenlicht, verließen das Kresty unversehrt und lebend.
    Kolja, von der uns offenbar gewährten Gnadenfrist unbeeindruckt, hob mit gefesselten Händen eine Handvoll sauberen Schnee auf und lutschte ihn. Die Kühnheit dieser Handlung machte mich neidisch, genau wie der Gedanke an kaltes Wasser auf meiner Zunge. Aber ich wollte nichts tun, was die Wärter verärgern konnte. Unser Entrinnen aus dem Kresty kam mir wie ein merkwürdiges Versehen vor, und ich war darauf gefasst, wieder hineingestoßen zu werden, falls ich etwas Falsches tat.
    Die Wärter eskortierten uns zu einem wartenden GAZ; der schwere Motor brummte, die Auspuffrohre spuckten schmutzige Abgase aus, und vorn saßen zwei Soldaten, die uns mit null Interesse beobachteten, die pelzverbrämten Mützen tief in die Stirn gezogen.
    Kolja sprang auf den Rücksitz, ohne den Befehl dazu abzuwarten.
    »Meine Herren, zur Oper bitte!«
    Die Wärter, deren Ansprüche durch die jahrelange Arbeit im Kresty gesunken waren, mussten wieder herzlich über Kolja lachen. Nicht so die Soldaten. Einer von ihnen drehte sich um und besah sich Kolja genauer.
    »Noch ein Wort, und ich brech dir deinen beschissenen Arm. Wenn's nach mir ginge, hättest du schon lang eine Kugel im Kopf. Scheißdeserteur. Und du« - das war an mich gerichtet -»steig ein.«
    Kolja hatte den Mund schon aufgemacht, und mir war klar, dass es gleich Prügel setzen würde; der Soldat sah nicht aus wie jemand, der blufft, und Kolja war eindeutig nicht imstande, eine offene Drohung ernst zu nehmen.
    »Ich bin kein Deserteur«, sagte er. Mit gefesselten Händen schob er umständlich den linken Ärmel seines Mantels hoch, den linken Ärmel seines Armeepullovers, die linken Ärmel der beiden Hemden darunter, und hielt dem Soldaten auf dem Vordersitz den Unterarm hin. »Wenn du mir den Arm brechen willst, nur zu, aber ich bin kein Deserteur.«
    Geraume Zeit sagte nieman d etwas - Kolja stierte den Sol daten an, der Soldat stierte zurück, und wir Übrigen beobachteten die beiden und warteten, beeindruckt von dieser Kraftprobe und gespannt, wer sie gewinnen würde. Am Ende gab sich der Soldat geschlagen, indem er sich von Kolja abwandte und mich anbrüllte.
    »Steig endlich ein, du kleiner Wichser.«
    Die Wärter grinsten. Für sie war das ihre Morgenbelustigung. Es waren keine Folterungen angesetzt, keine Zähne auszubrechen, keinem schreienden Mann die Fingernägel auszureißen, und so vergnügten sie sich eben damit, zuzuschauen, wie ich, der kleine Wichser, zu Kolja auf den Rücksitz huschte.
    Der Soldat fuhr sehr schnell und ohne Rücksicht auf die Eisplatten auf der Straße. Wir rasten am Ufer der zugefrorenen Newa entlang. Ich hatte den Mantelkragen hoch geklappt, um mein Gesicht vor dem Wind zu schützen, der unter dem Planenverdeck hereinblies. Kolja schien die Kälte nichts auszumachen. Er starrte auf die Turmspitze der Kirche Johannes' des Täufers auf der anderen Seite des Flusses und schwieg.
    Wir fuhren auf die Kamenno-Ostrowski-Brücke, wo die alten Stahlbögen dick mit Reif bedeckt waren, die Laternenpfähle Barte aus Eiszapfen trugen. Auf der Kamenny-Insel drosselten wir das Tempo ein wenig, um einem Bombenkrater auszuweichen, der die Straßenmitte aufgerissen hatte, bogen in eine lange, von den Stümpfen früherer Linden gesäumte Auffahrt ein und hielten vor einem imposanten Herrenhaus aus Holz mit einem Portikus mit weißen Säulen. Kolja musterte das Haus.
    »Die Dolgorukows haben hier gewohnt«, sagte er, als wir ausstiegen. »Ich nehme nicht an, dass einer von euch schon mal von den Dolgorukows gehört hat.«
    »Aristokratenpack, hat man alle aufgehängt«, sagte einer der Soldaten und bedeutete uns mit dem Gewehrkolben, zum Vordereingang zu gehen.
    »Einige von ihnen«, räumte Kolja ein. »Und andere schliefen mit Zaren.«
    Bei Tageslicht sah

Weitere Kostenlose Bücher