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DavBen-StaderDie

Titel: DavBen-StaderDie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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gegen Tüten mit Weißmehl ein. Parteimitglieder feilschten mit Bauern, die sich heimlich in die Stadt geschlichen hatten, stritten darüber, wie viele Kartoffeln der Preis für antikes Tafelsilber waren. Wenn die Verhandlungen zu lange dauerten, machten die Bauern eine wegwerfende Handbewegung und wandten sich von den Städtern ab. »Dann
    esst doch euer Tafel silber«, sagten sie dann achsel zuckend. Sie bekamen fast immer, was sie verlangten.
    Wir gingen von Stand zu Stand, musterten die Berge von Lederstiefeln, an denen teilweise noch das Blut von den Füßen der Vorbesitzer klebte. Tokarew-Gewehre und -Pistolen waren billig, problemlos für ein paar Rubel oder zweihundert Gramm Brot zu haben. Luger und Granaten waren teurer, aber zu bekommen, wenn man die richtigen Leute fragte. An einem Stand wurden Gläser mit Erde zu je hundert Rubel verkauft - sogenannter Badajew-Schlamm, der aus dem Boden unter den bombardierten Lagerhäusern stammte und mit geschmolzenem Zucker durchsetzt war.
    Kolja blieb an einem Sta nd stehen, wo ein hagerer, buck liger Mann mit Augenklappe und einer kalten Pfeife im Mund einen farblosen Schnaps in Flaschen ohne Etikett verkaufte.
    »Was ist das?«, fragte Kolja.
    »Wodka.«
    »Wodka? Aus was?« »Holz.«
    »Das ist kein Wodka, Freundchen. Das ist Holzalkohol.« »Willst du welchen oder nicht?«
    »Das ist nicht das, was wir suchen«, erklärte ich Kolja, der keine Notiz von mir nahm.
    »Von dem Zeug wird man doch blind«, sagte er zu dem Mann am Stand.
    Der Einäugige schüttelte den Kopf, angeödet von so viel Ignoranz, aber doch gewillt, minimale Anstrengungen zu unternehmen, um etwas zu verkaufen.
    »Du musst ihn durch Leinen gießen«, sagte er. »Durch sieben Lagen. Dann passiert nichts.«
    »Klingt wie der reinste Göttertrank«, sagte Kolja. »Du solltest ihn Sieben-Lagen-Sünde nennen. Das ist ein guter Name für einen Schnaps.«
    »Was ist jetzt?«
    »Ich nehme eine Flasche, wenn du was davon mittrinkst.« »Ist noch zu früh für mich.«
    Kolja zuckte die Achseln. »Wenn ich dich einen Schluck trinken sehe, kaufe ich die Flasche. Andernfalls, tja, was soll ich sagen, der Krieg hat mich eben zynisch gemacht.«
    »Zweihundert Rubel die Flasche.«
    »Einhundert. Trinken wir.«
    »Was machst du denn da?«, fragte ich Kolja, doch der sah mich nicht einmal an.
    Der Einäugige legte seine kalte Pfeife auf den Tisch, holte ein Teeglas und kramte nach einem Stück Stoff.
    »Da«, sagte Kolja und reichte ihm ein weißes Taschentuch. »Es ist sauber. Relativ.«
    Wir verfolgten, wie der Mann das Taschentuch drei Mal faltete, es oben auf das Teeglas legte und langsam den Schnaps durchgoss. Selbst im Freien und bei böigem Wind roch das Zeug wie pures Gift, wie ein Putzmittel für Fabrikfußböden. Der Einäugige legte das Taschentuch beiseite, das nun mit seifigen Rückständen gesprenkelt war. Er nahm das Glas, nippte daran und stellte es wieder auf den Tisch, ohne eine Miene zu verziehen.
    Kolja betrachtete prüfend die Höhe der Flüssigkeit im Glas, um sich zu vergewissern, dass der Verkäufer auch tatsächlich getrunken hatte. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, hob er das Glas und prostete uns zu.
    »Auf Mütterchen Russland!« Er kippte den Holzalkohol in einem Zug hinunter, knallte das Glas auf den Tisch, wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab und würgte. Er packte meine Schulter, um sich abzustützen, die Augen weit aufgerissen und tränend.
    »Du hast mich umgebracht«, sagte er, kaum fähig, die Worte hervorzustoßen, und deutete anklagend mit dem Finger auf den Einäugigen.
    »Ich hab nicht gesagt, dass du's schnell trinken sollst«, erwiderte der ungerührt und steckte die Pfeife wieder in den Mund. »Hundert Rubel.«
    »Lew ... Lew, bist du da?« Koljas Gesicht war mir zugewandt, aber seine Augen blickten ins Leere, sahen durch mich hindurch.
    »Sehr witzig.«
    Kolja grinste und richtete sich auf. »Einem Juden kann man nichts vormachen, das hätte ich eigentlich wissen müssen. Also gut, bezahl den Mann.«
    »Was?«
    »Nur zu«, sagte er und deutete auf den wartenden Verkä ufer. »Gib dem Mann sein Geld.«
    »Ich habe kein Geld.«
    »Versuch ja nicht, mich reinzulegen, Bürschchen!«, brüllte Kolja, packte meinen Mantelkragen und schüttelte mich, bis mir die Knochen klapperten. »Ich bin Soldat der Roten Armee und ich dulde keine Diebereien!«
    Er ließ mich abrupt los, griff in meine Manteltaschen, zog Papierfetzen, ein Stück Schnur und Fussel heraus,

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