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DavBen-StaderDie

Titel: DavBen-StaderDie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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so heftig, dass ich die Hand mit dem Messer nicht ruhig halten konnte. Wieder Gebrüll, wieder dumpfe Schläge des Rohrs auf was? Gipsflocken fielen von der Decke herab. Ich kauerte mich auf der Treppe zusammen, überzeugt, dass Kolja tot war, überzeugt, dass ich nicht schnell genug laufen konnte, um dem Riesen zu entgehen - seine Frau würde mich mit einigen fachmännischen Hieben des schweren Hackbeils zerlegen, und bald würden meine Einzelteile an Stahlketten baumeln und mein Blut auf die Plastikplane tropfen.
    Das Gebrüll ging weiter, die Wände bebten, Kolja war noch nicht tot. Ich packte das Messer mit beiden Händen und setzte einen Fuß auf die Stufe über mir. Vielleicht konnte ich mich in die Wohnung schleichen, während der Kannibale abgelenkt war, ihm das Messer in den Rücken rammen - aber die Klinge kam mir plötzlich sehr zierlich vor, viel zu klein, um einen Riesen zu töten. Ich würde ihn nur ritzen, kaum Blut fließen lassen, und er würde sich umdrehen, meinen Kopf packen und mir die Augäpfel aus dem Schädel quetschen.
    Ich machte einen weiteren Schritt, und Kolja kam aus der Wohnung geschossen, dass seine Stiefel über den Boden schlitterten und er fast an der Treppe vorbeigerannt wäre. Er kriegte die Kurve, stürzte die Treppe herunter, packte mich beim Kragen und zerrte mich hinter sich her.
    »Lauf, du Blödmann! Lauf!«
    Und wir liefen, und wann immer ich schwankte oder auf einer glatten Stufe stolperte, war Koljas Hand da, um mich festzuhalten. Ich hörte das Gebrüll über uns, hörte, wie dieser monströse schwere Körper hinter uns die Stufen herab gestampft kam, aber ich sah mich kein einziges Mal um, und ich bin nie im Leben schneller gerannt. Inmitten der ganzen Angst, des Gebrülls und der Schritte und des Quietschens unserer Sohlen auf den Holzstufen war da noch etwas anderes, etwas Seltsames. Kolja lachte.
    Wir schafften es durch die Haustür und hinaus auf die dunkle Straße, wo sich am nächtlichen Himmel schon die Strahlen der Suchscheinwerfer kreuzten. Die Bürgersteige waren leer; niemand in der Nähe, der uns hätte helfen können. Wir liefen mitten auf die Straße, rannten drei Blocks weiter, blickten immer wieder über die Schulter zurück, ob der Riese noch hinter uns her war, ohne ihn je zu sehen, ohne je das Tempo zu drosseln. Endlich entdeckten wir ein Militärfahrzeug, das in unsere Richtung fuhr, und wir rannten ihm entgegen, mit den Armen fuchtelnd, zwangen den Fahrer, so auf die Bremse zu treten, dass die Räder auf der vereisten Fahrbahn blockierten.
    »Aus dem Weg, ihr verdammten Scheißkerle!«, brüllte der Fahrer.
    »Genossen«, sagte Kolja, die Handflächen abwehrend erhoben, in ruhigem Ton und mit seinem unerschütterlichen, verrückten Selbstbewusstsein, »in dem Haus da hinten sind Kannibalen. Wir konnten ihnen gerade noch entkommen.«
    »In jedem Haus gibt's Kannibalen«, sagte der Fahrer. »Willkommen in Leningrad. Macht den Weg frei.«
    Eine Stimme im Inneren des Wagens sagte: »Warten Sie.« Ein Offizier stieg aus. Mit seinem adretten grauen Schnurrbart und dem dünnen Hals sah er eher aus wie ein Mathematikprofessor als wie ein Militär. Er musterte Koljas Uniform und blickte ihm dann in die Augen.
    »Warum sind Sie nicht bei Ihrem Regiment?«, fragte er.
    Kolja holte den Propusk des Obersts aus der Tasche und zeigte ihn dem Offizier. Ich sah deutlich, wie sich der Gesichts ausdruck des Mannes veränderte. Er nickte Kolja zu und bedeutete uns, einzusteigen.
    »Führen Sie uns hin.«
    Fünf Minuten später betraten Kolja und ich erneut die Wohnung der Kannibalen, diesmal begleitet von vier Sol daten, die mit ihren Tokarew-Gewehren auf die Ecken des Zimmers zielten. Selbst umgeben von bewaffneten Männern, brachte mich meine Angst schier um. Als ich den Brustkorb an der Stahlkette hängen sah, den enthäuteten Schenkel und den Arm, wollte ich nur noch die Augen schließen und sie nie mehr aufmachen. Die Soldaten, abgestumpft, wie sie waren, daran gewöhnt, die verstümmelten Leichen ihrer Kameraden vom Schlachtfeld zu tragen, selbst sie wandten sich von den baumelnden Ketten ab.
    Der Riese und seine Frau waren fort. Sie hatten alles zurückgelassen, die Petroleumlampen brannten noch, der Tee im Samowar war noch heiß, doch sie selbst waren hinaus in die Nacht geflüchtet. Der Offizier blickte sich kopfschüttelnd in der Wohnung um. Klaffende Löcher gähnten wie offene Münder dort, wo das Stahlrohr gegen die Wände geprallt war.
    »Wir werden die

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