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DavBen-StaderDie

Titel: DavBen-StaderDie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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betrunken. Wenn ich ... wenn ich beschäftigt bin, stellt er die Figuren auf und spielt gegen sich selbst.«
    »Er ist der Schlimmste von denen«, sagte Nina.
    »Ja. Zuerst hab ich das nicht gedacht. Aber nach Soja, ja, er ist der Schlimmste. Sie haben ihre Hunde geholt und sind Sojas Spuren gefolgt und in den Wald gegangen, um sie zu finden. Sie haben nur ein paar Stunden gebraucht. Sie war nicht weit gekommen. Sie war doch so schwach ... Sie war von Anfang an klein und schmächtig gewesen und hatte ja kaum etwas gegessen, seit sie hier war. Sie brachten sie hierher zurück. Sie hatten ihr die Kleider vom Leib gerissen. Sie sah aus wie ein wildes Tier, schmutzig, abgestorbene Blätter in den Haaren, am ganzen Körper grün und blau, wo sie sie geschlagen hatten. Sie hatten ihr die Handgelenke und die Fußknöchel zusammengebunden. Abendroth hat mich die Säge draußen beim Holzstoß holen lassen. Als Soja weglief, hat sie meinen Mantel und meine Stiefel mitgenommen, also haben die gedacht, dass ich ihr geholfen habe. Er hat gesagt, ich soll die Säge holen. Ich weiß nicht, was ich gedacht habe, aber ich dachte doch nicht, dass ... vielleicht hab ich gedacht, dass sie die Säge für den Strick brauchen. Vielleicht würden sie ihr nichts tun, weil sie Soja doch so gern hatten.«
    Ich hörte ein ersticktes Schluchzen und blickte hinüber zu Nina, die sich die Stirn zerkratzte, die Hände über die Augen gelegt, die Lippen zusammengepresst, sich mit aller Macht zwang, nicht laut zu schreien.
    »Vier von ihnen haben sie an Händen und Füßen festgehalten. Sie hat sich nicht gewehrt, da noch nicht. Wie sollte sie sich denn wehren? Mit ihren vierzig Kilo ... Sie dachte, sie würden sie töten, und es war ihr egal; sie wollte es so, sie wartete darauf. Aber sie haben sie nicht getötet. Abendroth sagte, ich soll ihm die Säge geben. Er hat sie mir nicht abgenommen; ich musste sie ihm in die Hand legen. Er wollte, dass ich mir darüber im Klaren war, dass ich sie ihm gegeben hatte. Wir waren alle hier im Zimmer, Nina und Galina und Olessja und ich. Wir mussten dableiben. Sie wollten, dass wir zuschauten, das war unsere Strafe. Wir hatten dem Mädchen geholfen zu fliehen, und nun mussten wir zuschauen. Die Deutschen haben alle geraucht - sie hatten draußen in der Kälte nach Soja gesucht und nun rauchten sie ihre Zigaretten -, das Zimmer war völlig verqualmt. Soja sah ganz friedlich aus, fast so, als würde sie gleich lächeln. Sie war schon so weit weg, dass die Männer sie nicht mehr erreichen konnten. Doch da täuschte sie sich. Abendroth kniete neben ihr hin und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Ich weiß nicht, was er gesagt hat. Er nahm die Holzsäge und setzte sie an ihrem Fußknöchel an, und dann begann er zu sägen. Soja ... Selbst wenn ich sehr alt werden sollte, was ich bezweifle, was aber sein könnte, wird mir dieser Schrei nie aus dem Kopf gehen. Vier kräftige Männer hielten sie fest, und sie selbst war bloß Haut und Knochen, aber sie wehrte sich, und wie sie sich jetzt wehrte, man konnte genau sehen, wie sehr sich die Männer anstrengen mussten, um sie festzuhalten. Abendroth sägte ihr den Fuß ab und machte sich dann an den anderen Fuß. Einer der Deutschen ist aus dem Zimmer gerannt ... erinnerst du dich, Nina? Seinen Namen hab ich vergessen. Er ist nie mehr hergekommen. Abendroth sägte den anderen Fuß ab, und Soja hat nicht aufgehört zu schreien. Ich hab gedacht, das war's, wenn man das mitangesehen hat, muss man den Verstand verlieren, das ist zu viel, das ist zu viel. Und als er aufstand, war seine Uniform voller Blut, ihrem Blut - ihr Blut war auf seinen Händen, auf seinem Gesicht -, und dann machte er eine kleine Verbeugung vor uns. Erinnerst du dich? Als hätte er uns gerade eine Vorstellung gegeben. Er sagte: >Das passiert mit kleinen Mädchen, die weglaufen. < Dann sind alle gegangen, es war vorbei, und wir waren allein mit ihrem Zigarettenqualm und der stöhnenden Soja auf dem Boden. Wir versuchten, ihre Beine zu verbinden, die Blutung zu stoppen, aber es war einfach zu viel.«
    Als Lara endete, herrschte Stille im Haus. Nina weinte leise, wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab. Ein Astknoten platzte im Kamin, und aufstiebende Funken flogen den Schornstein hinauf. Lärchenzweige strichen über das Schindeldach. Bomben fielen weit drüben im Westen, wurden mehr als Vibration wahrgenommen, weniger als Geräusch, ein leichtes Beben der Fenster, ein leises Zittern im Wasserglas.
    »Und sie

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