Dave Duncan
ihr Lächeln auf und richtete es auf Oopari. »Ich denke, Ihr solltet besser den Wünschen des Prokonsuls nachkommen, Corporal. Wir können kaum mit geteiltem Kommando reisen, und ein Prokonsul ist einer der höchsten Offiziere des Impire.«
Das ehrliche, sture Gesicht wurde noch roter. »Dann sind meine Dienste nicht wirklich nötig, Eure Hoheit?«
Kade sah wieder Andor an, als suche sie nach Unterstützung oder warte auf eine Botschaft. »Wir stellen Eure Loyalität oder Euren Mut nicht in Frage, Corporal. Wie Sir Andor sagt, sollen wir gut bewacht werden. Wollen noch mehr Eurer Leute in Kinvale bleiben?«
Oopari antwortete durch zusammengebissene Zähne. »Alle, Ma’am. Doch wir dachten, Ihr brauchtet unsere Hilfe.«
Jetzt war es an Tante Kade, rot zu werden. »Ich verstehe sehr gut, und wenn Ihr entlassen werden wollt, dann ist jetzt sicherlich die richtige Zeit. Sir Andor? Wenn Ihr den Corporal begleiten wollt… Er hat unser Geld. Vier Imperial für ihn und zwei für jeden seiner Männer? Und wäret Ihr so freundlich, den Rest in Eure Obhut zu nehmen?«
Offensichtlich hin-und hergerissen sah Oopari auf Isha hinunter, und sie starrte bestürzt zu ihm auf. Tante Kade bemerkte es und seufzte.
Einige Minuten später fand sich Inos mit ihrer Tante allein und umklammerte einen großen, groben Becher aus Steingut, in dem sich wässerige, lauwarme Schokolade befand. Andor, Oopari und der Soldat waren gegangen, ebenso Isha. Inos würde jetzt ihr Haar selbst bürsten müssen, und auch das von Tante Kade. Wer würde die Sachen aus-und wieder einpacken? Vielleicht konnten sie in Pondague jemanden finden. Unbekannte imperiale Soldaten keilten den Tisch ein und riefen bei ihr ein Gefühl der Klaustrophobie hervor.
»Diese Schokolade ist wirklich sehr gut, nicht wahr?« Kades normale Ruhe hatte sich wieder eingestellt.
»Tante? Wie viele Männer hat eine Kohorte?«
»Ziemlich viele, Liebes. Mit vier Kohorten sind wir ganz bestimmt vor den Kobolden sicher. Ich habe zu viel Porridge gegessen–«
»Aber ohne Oopari! Warum hast du ihn so gehen lassen?«
Kade zwinkerte ihr unschuldig zu. »Weil er es so wollte. Bist du sicher, daß du nichts von meinem Porridge willst?«
»Was er auch wollte, ich würde mich sicherer fühlen, wenn ich ihn in der Nähe wüßte.«
Da tippte ein Fuß damenhaft gegen Inos Knöchel, Kade zwinkerte ihr warnend zu, und ihre Stimme senkte sich beinahe zu einem Murmeln. »Es war zu ihrem eigenen Besten, Liebes.«
Plötzlich wurde sich Inos der vielen Männer um sie herum bewußt. Sie alle standen mit ihren Rücken zum Tisch, und sie alle schienen mit anderen Dingen beschäftigt, aber…
»Wir wollen keine Unfälle.« Dann fügte ihre Tante mit normaler Stimme hinzu: »Das Porridge ist gar nicht so schrecklich klumpig.«
»Wie viele Männer in einer Kohorte?«
»Fünfhundert, glaube ich, aber es können auch mehr sein. Ich bin nicht sicher.«
Jetzt verstand Inos. Sie kam sich sehr dumm vor. Vier Kohorten? Bei wichtigen Anlässen in Krasnegar gelang es Sergeant Thosolin gerade mal, achtzehn Soldaten zusammenzutrommeln.
3
Einbruch der Dunkelheit am vierten Tag… Raps Magen heulte inzwischen lauter als der Sturm, doch das lag zum Teil daran, daß der Wind sich langsam legte. Es schneite auch nicht mehr besonders stark.
Er hatte den ganzen Nachmittag auf einem Stück Leder herumgekaut, und schließlich hatte seine Sehergabe in der Ferne eine Bewegung erspürt – ganz an der Grenze seiner Wahrnehmungsfähigkeit, eine kleine Herde Schafe oder Ziegen. Er konnte nicht sagen, ob es wilde Tiere waren oder ob sie sich verirrt hatten, aber es war kein Schäfer bei ihnen. Er hatte angefangen, seine Mokassins zu schnüren, worauf Little Chicken den Grund dafür wissen wollte. Es hatte eine kleine Auseinandersetzung gegeben, in deren Verlauf der Kobold darauf beharrt hatte, ein viel besserer Schütze zu sein, und Rap insistierte, daß er die Beute bei diesen Bedingungen viel schneller finden würde.
Das Ergebnis war ein Kompromiß. Little Chicken war losgezogen, um das Töten zu übernehmen, Rap hatte Köter losgeschickt, damit er ihm die Beute zutrieb.
Jetzt saß Rap also einsam und gedemütigt da, lauschte dem Spotten des Windes, beobachtete das Hüpfen der Schatten und nagte beim Gedanken an Fleisch an seiner Unterlippe. Seine Rolle war vielleicht nicht besonders männlich oder würdevoll, aber sie bedeutete harte Arbeit. Die Herde befand sich immer noch
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