Dave Duncan
werde ich dich töten.«
»Oh, großartig! Du meinst, du bist mein ergebener Sklave, bis du eines Tages entscheidest, es nicht mehr zu sein, und dann tötest du mich einfach?«
Die übergroßen Zähne des Kobolds blitzten in einem plötzlichen freundlichen Grinsen auf, und Rap lachte erleichtert. Er hatte schon Angst gehabt, Little Chicken könne es ernst meinen. Es war eine Überraschung, daß er doch Humor hatte.
»Du hast eine Prüfung gewonnen, Stadtjunge. Guter Widersacher! Ich wußte es damals nicht. Jetzt weiß ich es.«
Raps Fröhlichkeit schwand dahin. »Werde ich irgendwie gewarnt?« Little Chicken schüttelte immer noch lächelnd den Kopf.
»Wann bekomme ich diese Überraschung? Bald? Oder erst in vielen Jahren?«
»Ich werde wissen, wann. Dann ich töte dich. Sehr, sehr langsam. Viele, viele Schmerzen. Guter Gegner, ich gebe dir guten Tod. Helle kleine Feuer auf deiner Brust. Schiebe Stock unter Kniescheibe und drehe um. Viele Tage. Sand unter Augenlidern und reibe mit Fingern…«
Nein, er machte keine Witze.
Als er erst einmal angefangen hatte, konnte er nicht mehr aufgehalten werden. Bis zum Sonnenuntergang, als seine Stimme langsam versagte und heiser wurde, saß er am Feuer, sabbernd vor Vorfreude, und seine Augen glänzten hell vor Haß. Zitternd vor Anstrengung, es zunächst beim Gespräch zu belassen und seinen Plan nicht sofort in die Tat umzusetzen, beschrieb der Kobold bis ins kleinste Detail die Rache, die er sich ausgedacht hatte.
2
Sie waren unterwegs! Inos konnte kaum glauben, daß es kein Traum war. Aber es war Wirklichkeit! Sie saß wirklich in einer echten Kutsche, gegenüber Tante Kade und Isha, ihrem Mädchen – und neben Andor.
Sieben Tage mit Andor in Kinvale! Es waren sieben Tage im Himmel gewesen, und Tage, an denen sie auch hektisch gepackt hatten – was sollten sie zurücklassen, was für den Versand per Schiff vorbereiten, was in die unmöglich kleinen Koffer packen? Es waren auch sieben Tage voller Abschied, voller hastig arrangierter Parties, Tanzen und ständiger himmlischer Musik, die außer ihr niemand hatte hören können. Oder hatte Andor ein oder zwei Akkorde davon mitbekommen? Sie hoffte es. Der unmögliche Yggingi war verschwunden, nach Pondague abgereist, um eine Eskorte zusammenzustellen, und seine Abreise war beinahe genauso ein Segen gewesen wie Andors Rückkehr… Nein, war es nicht. Andor wiederzuhaben, zu wissen, daß sie ihm genug bedeutete, daß er im Winter die bitterkalte Taiga für sie durchquerte – das war das größte aller Wunder.
Sie waren keinen Augenblick lang allein gewesen, nicht einen einzigen, aber selbst in der Menge hatte sie fast ausschließlich Augen für ihn gehabt – sein Lächeln, sein Lachen, seine unerschütterliche Stärke. Es war Andor gewesen, der das alles so kurzfristig möglich gemacht hatte, Kutsche und Pferde gekauft, Männer angeheuert, die sie lenkten, die Reiseroute ausgearbeitet – einfach alles organisiert hatte. Tante Kade hatte ihm dankbar diese männlichen Aufgaben überlassen. Es war sogar kaum genug Zeit gewesen, über die Krankheit ihres Vaters nachzugrübeln.
Andor kam zurück nach Krasnegar! Weil sie keine Zeit allein für sich gehabt hatten, hatte er sein Gelöbnis, das er ihr vor seiner Abreise gegeben hatte, nicht wiederholt, aber seine Augen sprachen oft davon. Andor kam nach Krasnegar… um zu bleiben? Für immer?
Hoffentlich, Ihr Götter! Ich habe an die Liebe gedacht, wie mir geheißen wurde!
Vor dem Fenster glitten die Felder und Wälder von Kinvale vorbei, an einem rauchblauen Himmel in wäßrigen Sonnenschein getaucht. Das Ende des Winters war der Beginn des Frühlings – bald, aber noch nicht ganz. Das Gras war grün, und schüchterne Blumen lächelten aus den Hecken hervor. Hinter und vor der Kutsche galoppierte Corporal Oopari mit seinen Truppen als Eskorte. Krasnegars Soldaten waren keine bemerkenswerten Reiter, aber auf den geraden, guten Straßen des Impires kamen sie zurecht. Mit der schaukelnden, polternden Kutsche konnten sie auf jeden Fall mithalten. Einige der Männer waren neue Rekruten, die diejenigen ersetzten, die sich in Kinvale verliebt hatten und dortgeblieben waren. Ula, das Mädchen aus Krasnegar, war schon lange vergessen. Die dumme Ula hatte sich innerhalb weniger Tage in Ungnade gebracht und war eiligst mit einem Gärtner verheiratet worden.
Andor ordnete die Decke, die durch das Schaukeln der Kutsche zu verrutschen drohte, über ihre Knie. Ihre Hand fand wieder
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