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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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außerhalb seiner Wahrnehmungsgrenze und schien nicht unbedingt näher kommen zu wollen. Auf diese Distanz war es sogar schwer, Köter zu kontrollieren. Raps Kopf hatte zu schmerzen begonnen, wie noch nie seit seinem ersten Treffen mit Andor – Vergiß Andor! Konzentrier dich!
    »Ihr da! Junge!«
    Aufheulend ließ Rap von Köter und der Herde ab. Er wirbelte herum und fiel angesichts der unglaublichen Erscheinung in der Ecke zurück auf seine Ellbogen.
    Ein riesiger, weißer Stuhl war dort erschienen – nein, es war ein Thron, mit einem Podium darunter und einem seidenen Baldachin darüber. Er war aus ineinander verschlungenen, gerundeten Stäben gebaut, die er sofort als Walroß-Elfenbein erkannte, alle fein geschnitzt und mit Edelstein– und Goldintarsien; er war noch größer als der Staatsthron König Holindarns, auf dem er, soweit sich Rap erinnerte, nur zweimal gesessen hatte – bei sehr feierlichen Gelegenheiten. Dieser Thron funkelte, als stehe er normalerweise an einem hübscheren Ort als in dieser rauchigen, schäbigen Bruchbude.
    Eine Frau saß darauf. Sie war winzig, schlaff in die Ecke des gepolsterten Sitzes geworfen, ihre Beine baumelten wie die eines Kindes. Ihr schütteres Haar war weiß und hing zottig am Kopf herunter. Sie war sehr alt, dürr und knochig und völlig nackt.
    »Ihr!«
    Eilig drehte er seinen Kopf zur Seite. Sie konnte einfach nicht wahr sein, aber trotzdem – keine Kleider! Es war dieselbe alte Frau, die er gesehen hatte, als er das erste Mal die Speisekammer im RavenTotem überfallen hatte. Auch damals war er sehr hungrig gewesen. Es mußte eine Art Wahnsinn sein, ein Fehler in seinem Charakter. Echte Männer wurden nicht verrückt, nur weil sie einige Tage lang nichts gegessen hatten. Echte Männer konnten wochenlang hungern, bevor sie wahnsinnig wurden. Er war kein abgehärteter Waldbewohner wie Little Chicken, er war ein weicher Stadtjunge, nur ein Stallgehilfe –
    »Der Faun schon wieder!«–Die Alte keckerte schrill vor Vergnügen.
    Rap schloß seine Augen, um sich zu konzentrieren… Seine Sehergabe erspürte dort nichts außer Stücken von Feuerholz und Schneewehen. Er hatte wieder eine Halluzination. Entschlossen, sich nicht von seinem Ziel ablenken zu lassen, ließ er seinen Geist nach Köter suchen –
    »Faun! Hört auf damit! Wißt Ihr es nicht besser?«
    »Hä?« Gegen seinen Willen richtete sich Raps Sehergabe auf die Quelle jener Stimme. Dieses Mal erspürte er sie. Dieses Mal war da jemand. Er fuhr wieder herum. Der Thron war verschwunden. Die kleine alte Frau stand jetzt näher bei ihm und trug, glücklicherweise, Koboldkleider. Sie sah aus wie beim ersten Mal. Jetzt schien sie ziemlich körperlich und wirklich. Er stöhnte auf.
»Auch die Sehergabe?« Die alte Frau drohte ihm mit dem Finger. »Das ist in Ordnung – sicher genug – aber die Beherrschung Eurer Fähigkeit! Wißt Ihr nicht, daß Zauberer Macht, die so benutzt wird, spüren können?«
    Stumm schüttelte er den Kopf.
    Sie kam einige Schritte näher und sah sich um. »Nun, das können wir. Nicht, daß jemand anderes als ich in diesem Teil der Welt wäre. Es ist in Ordnung, sich umzusehen und zuzuhören, versteht Ihr, aber etwas tun bewirkt, daß Dinge passieren, und Ihr sorgt für Aufsehen. Ihr seid stark, Bursche. Das solltet Ihr wissen. Und wieso habt ihr Koboldtätowierungen?«
    Eine Zauberin! Andor hatte ihn gewarnt, daß Zauberer immer auf der Suche nach neuen Worten waren. Er hatte sich selbst einer Zauberin verraten! Rap spürte, wie sich das Haar an seinem Hinterkopf sträubte. Er ließ sich langsam wieder auf die Ellbogen sinken, zurück auf den schmutzigen Boden.
    Die Frau schloß sich ihm keckernd an. »Ein Faun mit Koboldzeichnung? Das ist neu.« Sie grinste ihn an wie ein Totenkopf und entblößte dabei perfekte Zähne. »Kobold-Faun! Was…« Sie zischte ärgerlich. »Kein Sehen? Ihr blockiert mein Sehen? Nein, dazu seid Ihr nicht fähig. Wer?«
    »Wer – wer seid Ihr?«
     
    »Ich? Das solltet Ihr wissen. Solltet es ahnen, ja? Wer seid Ihr, vielmehr?«
     
    »Ich bin Rap… Flat Nose aus dem RavenTotem.«
     
    »Raven?« Sie schaute sich noch einmal eilig um. , Wo ist Death Bird? Was habt Ihr mit ihm gemacht?«
    »N-nichts!« Rap erzitterte vor einem Wutanfall, der so heiß ihn ihm aufflammte wie Hitze aus der Kohlenpfanne eines Schmieds. »Little Chikken, meint Ihr? Er ist draußen, jagen–«
    »Wo? Zeigt es mir!«
     
    Zeigen? Rap zeigte mit zitternder Hand dorthin, wo sich der

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