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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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Möbel zu verschieben, während der König starb – das erschien ihm wie eine Entweihung. Es erschien ihm nicht richtig. Außerdem konnte es dahinter ohnehin nichts Wichtiges geben.
    Die Kaplanin nickte beklommen. »Ihr tut es!«
»Little Chicken?«
    Der Kobold schüttelte heftig den Kopf, und seine schrägen Augen funkelten weitaufgerissen im Schein der Laterne.
     
    »Angst?« fragte Rap, obwohl an seinen eigenen Rippen der Schweiß hinunterlief.
    Diese höhnische Bemerkung setzte den immer noch widerstrebenden Kobold in Bewegung, und die beiden schoben den schweren Schrank von der Wand. In dem Moment, als Rap die Tür sah, verflog der eigenartige Widerwille. Er griff wieder nach seinem Bündel, während die Kaplanin einen Ring mit großen Schlüsseln zum Vorschein brachte und jeden einzelnen ausprobierte. Kurz darauf ertönte das Klicken des Schlosses wie zwei sich kreuzende Klingen durch die Stille. Als sie die Tür aufschob, kreischte es derart laut in den Angeln, daß es die ganze Stadt hätte aufwecken können.
Sie blieb stehen und erhob ihre Laterne, um Raps Gesicht erkennen zu können. »Und?«
    Er prüfte wieder die Umgebung bis hinunter zu der großen Halle. Zwei Hunde hatten vor dem großen Kamin geschnarcht. Sie erhoben ihre Köpfe, als die Krankenschwester die Treppe hinunterkam. Als sonst nichts passierte, legten sie sich wieder schlafen.
    »Alles in Ordnung.«
    Mutter Unonini nickte und führte sie die engen Treppen hinauf; ihre Laterne beleuchtete dichte weiße Spinnweben und staubige Stufen, die sich in die Dunkelheit hinaufwanden. Rap konnte Köter nur davon abhalten, ihnen vorauszulaufen. Gleichzeitig war er beunruhigt über die unheimliche Leere, die ihn dort oben erwartete. Er fühlte sich wie ein Fisch, der an Land gezogen wurde. Immer näher kam das eigenartige Nichts. Er hatte sich so sehr daran gewöhnt, die Welt mit seinem okkulten Talent zu betrachten, daß er nun fürchtete, von Blindheit bedroht zu werden; der Konflikt zwischen seinen beiden Sinnen machte ihn schwindelig.
    Dann kam er oben an. Die alleroberste Kammer erhob sich in ein konisches Dach, und natürlich gab es auf der anderen Seite keine Tür, die zu einem weiteren Stockwerk führte, doch ansonsten schien sie mit all den anderen großen runden Zimmern des Turmes identisch. Der Kamin war kalt. Die Tür des Schrankes war jetzt geschlossen, doch Rap konnte mit seiner Sehergabe hindurchsehen.
    Er konnte auch die Stadt erspüren. Jetzt war ihm der Blick in das Schloß verwehrt, geschützt von seinem okkulten Schild. Die Höhe ließ in schwindeln, als er die Straßen und Gassen erfühlte, und das entfernte Eis auf den Felsen weit, weit unter ihm. Er geriet ins Taumeln und wäre auf den letzten Stufen beinahe ausgerutscht.
    Die Tür ganz oben stand offen, und die Eindringlinge betraten Inissos Kammer, des Zauberers Ort der Macht.
    »Gut!« schnaufte die Kaplanin, erhob ihre Laterne und ließ sie schnell wieder sinken, als ihr klar wurde, daß die Lichtstrahlen zufällige Beobachter draußen warnen könnten. Natürlich war sie sehr neugierig. Zuerst war sie entsetzt gewesen, als Rap diesen Ort als Schlupfloch vorgeschlagen hatte, doch dann hatten ihre offensichtliche Neugier und die unerwartete Gelegenheit herumzuschnüffeln ihre Skrupel überwogen. Sie mußte enttäuscht sein – es gab nichts zu sehen außer einiger staubiger Fußabdrücke, die auf den nackten Bohlen kaum zu erkennen waren, dort wo der König und Sagorn bei ihrem Besuch im Sommer herumgewandert waren. Die Luft war kalt, roch abgestanden und muffig, doch geheimnisvoll war dort überhaupt nichts. Nur ein leerer Raum, der ohne Möbel sehr groß wirkte.
Köter begann, diese riesige runde Leere mit der Nase am Boden zu erkunden und blieb von Zeit zu Zeit stehen, um einen Duft näher zu analysieren.
    Little Chicken ließ sein Bündel zu Boden fallen und ging hinüber zu einem der Fenster, um einen Blick hinauszuwerfen. Mutter Unonini rümpfte mißbilligend die Nase über den Staub, den er aufwirbelte.
    Rap war immer noch von dem schwindelerregenden Gefühl der Höhe überwältigt. In Verbindung mit der Sehergabe war es berauschend, belebend, beinahe gewaltig. Ganz weit unten säugte in einer Wohnung im Erdgeschoß eine Mutter ihr Baby, während der Rest der Familie um sie herum schlief; die Lehrlinge der Bäcker fachten bereits die Feuer für ihre Herren an; ein Liebhaber schlich auf Zehenspitzen aus einer Schafzimmertür, um nach Hause zu gehen…
    War es so also, wenn

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