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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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wüßte nichts.«
     
    »Ich habe einmal von. einem Ort gehört«, sagte Rap, »wenn Ihr uns dorthinbringen könntet. Ein Ort, den niemals irgend jemand aufsucht.«

2
    Eine einzige Kerze flackerte in der Nacht und warf ein zitterndes Licht auf den sterbenden König. Sein Gesicht war ausgezehrt, gelb und eingefallen wie ein Totenkopf, sein Haar schütter und grau, sein Bart weiß. Selbst im Schlaf krümmte er sich unaufhörlich vor Schmerz unter seiner Decke.
    Die Vorhänge waren um das ganze Bett herumgezogen, nur beim Kopfkissen stand ein kleiner Spalt offen. Dort saß eine Krankenschwester – geduldig die langen Stunden auf Wacht, bis am Morgen ihre Ablösung erschien. Von ihrem Platz aus konnte sie die Tür zur Kammer nicht sehen, und niemand, der von der Treppe her eintrat, sah den Patienten oder die Schwester – es sei denn, diese Person verfügte über die Sehergabe.
    Mutter Unonini durchquerte das Zimmer, um mit ihr zu sprechen und nach dem Kranken zu sehen, und ihre Laterne ließ schwarze Schatten tanzen, bis sie um die Ecke des Himmelbettes verschwand. Die Kaplanin war eine ideale Komplizin für Eindringlinge, sie konnte überall hin gehen und war nur den Göttern verantwortlich. Zwei junge Leute und ein Hund traten leise hinter ihr ein und schlichen durch die tiefen Schatten auf der anderen Seite des Bettes.
    Das Feuer schlängelte sich über die Torfstücke in dem großen Kamin; ihr beißender Geruch hing schwer im Raum. An einem Fenster wehten die Vorhänge monoton gegen die Wand und zogen damit die Aufmerksamkeit auf ein schlecht schließendes Fenster. Der von Drogen benebelte König stöhnte wimmernd in seinem Schlummer.
    Leise legte Rap sein Bündel nieder und sandte Köter den Befehl, sich zurückzuhalten, der zu gerne die unbekannten Gerüche im Krankenzimmer erkundet hätte. Little Chicken trug ebenfalls ein Bündel bei sich, doch er behielt seines in der Hand und sah sich trübsinnig in den Schatten um.
    Von der anderen Seite der Vorhänge ertönte das Knistern von Pergament und Mutter Unoninis harte Stimme. “…ein besonderes Bittgebet. Ich brauche dafür vermutlich ungefähr eine Stunde…« Für eine Dienerin des Guten war sie eine überraschend geschickte Lügnerin. Die Krankenschwester, die taktvoll entlassen worden war – und vermutlich erleichtert, daß sie einem einstündigen Gebet nicht zuhören mußte – erhob sich und verließ das Zimmer. Rap verfolgte, wie sie sich über die Treppen in der gegenüberliegenden Wand zurückzog.
    Er fand keinerlei Anzeichen dafür, daß die Herumtreiber entdeckt worden waren. Selbst die große Halle am Fuße des Turmes lag verlassen da. Der Palast schlief weiter ohne zu ahnen, daß Eindringlinge bis zum königlichen Schlafgemach vorgedrungen waren und eine Armee sich anschickte, am folgenden Tag einzumarschieren.
    Beruhigt versuchte Rap, das Stockwerk über ihnen zu überprüfen, als er plötzlich den starken Wunsch verspürte, nicht herumzuschnüffeln. Inos hatte von einem Bann erzählt, der die Geheimnisse des lange verstorbenen Zauberers schützte. Auf seinem Gesicht bildete sich Schweiß, und in seinem Kopf begann es zu pochen, doch er zwang sich hinzusehen. In der Mauer gab es noch eine Treppe – das fand er auf Kosten pochender Schläfen und Stechen im Magen heraus – aber sie führte hinauf in…
    Nichts! Eine gerade Holzdecke bildete das Dach der Welt.
    Er entspannte sich und wußte, daß seine Mühen umsonst waren. Dieselbe unklare Leere hatte er verspürt, als er vor einer halben Stunde das Schloß betreten hatte. Er hatte sie sogar schon bemerkt, als er mit Andor am Winterfest Krasnegar verließ, obwohl seine Sehergabe da noch nicht so gut ausgeprägt war. Jetzt konnte er beinahe jede Bewegung im ganzen Gebäude erspüren – selbst einige unregelmäßige Aktivitäten in einem der Schlafräume der Hausmädchen, die Haushälterin Aganimi sicher nicht billigen würde, wenn sie davon wüßte – aber sein Wissen endete an den Wänden. Inisso hatte seine Bastion mit einer okkulten Barriere umhüllt, sie von aller Welt abgeschnitten.
    Und die Kammer der Macht, wenn sie existierte – und jetzt spürte Rap einen starken Drang, nicht an sie zu glauben – lag außerhalb dieses Schutzschildes.
    Die Schatten und Lichter begannen sich wieder zu bewegen, als Mutter Unonini um das Bett herumwatschelte und auf den Schrank gegenüber der Tür zuging. Rap gesellte sich zu ihr, dann blieben beide unschlüssig stehen.
    »Es ist der Bann«, sagte Rap.

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