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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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gutaussehenden Mann gefunden?«
     
    »Ich glaube, Vater. Aber wir haben uns einander nicht versprochen.«
    »Sicher!« Er drückte ihre Hand. Dann begann er etwas über die Reparatur des Orchesterpavillons zu murmeln, der schon vor ihrer Geburt abgerissen worden war.
    Das Porträt ihrer Mutter war gereinigt und zur Seite gehängt worden. Daneben hing Jalons zarte Zeichnung. Es ließ sie absurd jung wirken, wie ein Kind.
    Ihr Vater erkundigte sich nach Kinvale und schien einige ihrer Worte zu verstehen. Er sprach über Menschen, die schon lange tot waren und über Probleme, die sich bereits erledigt hatten. Wenn der Schmerz kam und sie die Ärzte rufen wollte, weigerte er sich. »Genug davon.«
    Viel später, nach langem Schweigen, riß er plötzlich seine Augen auf. Sie dachte, es sei wieder der Schmerz, doch schien es eher so, als erinnere er sich an etwas. »Willst du es?« fragte er und starrte sie an.
    »Will ich was, Vater?«
    »Das Königreich. Willst du hierbleiben und Königin werden? Oder würdest du lieber in einem freundlicheren Land leben? Du mußt jetzt wählen. Bald schon!«
    »Ich glaube, ich habe eine Verantwortung«, erwiderte sie. »Ich würde nicht glücklich, wenn ich mich ihr entziehen würde.« Dem würde er zustimmen, obgleich sie ihre eigenen Ressentiments nicht ganz unterdrükken konnte. Warum war sie so gebunden, während gewöhnliche Menschen frei waren? Sie hatte nie darum gebeten, eine Prinzessin zu sein.
    Er umfaßte ihre Hand fest vor lauter Schmerzen. »Du bist erwachsen geworden!«
     
    Sie nickte und sagte, das glaube sie auch.
     
    »Dann wirst du es versuchen? Du kannst es, glaube ich.« Seine Augen irrten unruhig durch das Zimmer. »Sind wir allein?«
     
    Sie versicherte ihm, daß sie allein waren.
    »Dann komm näher«, sagte er leise. Sie beugte sich über ihn, und er flüsterte ihr einige sinnlose Dinge ins Ohr. Sie prallte überrascht zurück, denn sie hatte geglaubt, er sei bei Verstand. Er lächelte sie schwach an, als habe er sich sehr angestrengt. »Von Inisso.«
    »Ja, Vater.«
»Frage Sagorn«, murmelte er. »Du kannst Sagorn vertrauen. Manchmal vielleicht auch Thinal, aber nicht den anderen. Keinem anderen.«
    Sie empfand diese Aussage als hartes Urteil über all die treuen Diener und Beamten, die Holindarn ihr ganzes Leben lang gedient hatten – falls er das meinte. Und wer war Thinal? Er schweifte ab. Aber Sagorn? Andor hatte gesagt, Sagorn sei zurückgekehrt, nachdem sie fortgegangen waren, aber sie hatte noch nichts von ihm gesehen.
    Ihr Vater zuckte plötzlich zusammen. »Ruf den Rat zusammen.« »Später. Ruh dich jetzt aus.«
    Er warf eindringlich seinen Kopf auf dem Kissen hin und her. »Ich muß es ihnen sagen.«
    In eben jenem Augenblick stattete Tante Kade ihm einen ihrer Besuche ab, und Inos bat sie, den Rat einzuberufen. Zweifelnd ging sie, diese Bitte zu erfüllen. Nach einer Weile kamen alle herbei, der Bischof und Yaltauri und ein halbes Dutzend anderer. Aber da murmelte der König etwas über Getreideschiffe und weiße Pferde; der Rat zog sich zurück.
    Danach ging es mit dem König rapide bergab. Die Stille dauerte immer länger und wurde nur durch das Zischen des Torfes im Kamin unterbrochen und einem periodischen Heulen des Windes durch das undichte Westfenster. Sie erinnerte sich, wie sie dieser klagende Laut in Angst versetzt hatte, als sie noch ein Kind war, und wie sich dieser Fensterflügel immer einer Reparatur widersetzt hatte. Ein-oder zweimal glaubte sie an der Decke ein schwaches Knarren zu hören, doch tat sie es als Einbildung ab. Bei Tante Kades nächstem Besuch bat Inos sie, einen Arzt zu holen, und danach gestattete sie dem Mann zu bleiben.
    Du kannst es, hatte er gesagt. Als sie dort an seinem Bett saß, während der lange Tag dahinzog und die klaren Momente immer kürzer und seltener wurden, spürte sie, wie eine merkwürdige Entschlossenheit sie durchdrang, wie ein Felsen, der von der Ebbe enthüllt wurde.
    Für ihn würde sie es versuchen.
    Sie würde es ihnen zeigen! Und dieser Gedanke schien ihr eine Kraft zu geben, die sie nicht bei sich vermutet hatte. Sie wartete, sie hielt aus, und sie vergoß keine Tränen.
    Die Schatten zogen weiter. Der Tag schwand dahin. Die Fackeln wurden in ihren Halterungen entzündet. Als die Sonne schließlich unterging und ihr Vater sich lange nicht bewegt hatte, und nur das flache Atmen seines Brustkorbes erkennbar gewesen war, kam der Arzt und legte eine Hand auf ihre Schulter, und sie wußte,

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