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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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Straße. Irgendwo.
»Rap, das kannst du nicht!«
    »Dann steig ab!« fuhr Rap ihn an, ohne den Wagen zu verlangsamen. Er würde nicht sechs oder sieben Stunden auf Big Island sitzen und sich für den Rest seiner Tage auslachen lassen. In Wahrheit war es schon zu spät zum Anhalten, denn das Straßenbett war erhöht, und es gab keinen Platz zum Wenden; dieser Teil würde in etwa einer Stunde unter Wasser stehen. Ein Rückzug wäre heikel. Dann begannen Hufe zu trampeln, und er sah, wie acht Ohren aufgewühlt zu zucken begannen. Er konnte Pferde beruhigen, indem er ihnen etwas vorsang – nicht, daß er so etwas wie eine Stimme besaß, aber die Pferde waren keine Musikkritiker. Er begann, das erstbeste zu singen, was ihm in den Sinn kam.
    I traveled land, I traveled sea…
     
    »Rap!« heulte Lin. »Du wirst von der Straße abkommen! Bleib stehen, um der Götter willen!«
    »Halt den Mund!« sagte Rap und sang weiter. Die Ohren der Pferde hoben sich erneut, als sie ihm lauschten. Sie stampften weiter mit ihren großen Hufen, und der Wagen rollte stetig vorwärts. Einige schwimmende Möwen beobachteten sie aufmerksam und hüpften auf den Wellen auf und ab.
    Maiden, maiden, maiden, oh…
    Ganz weit zu seiner Linken setzen zwei Fischerboote die Segel, und Rap fragte sich, was sie wohl über dieses merkwürdige, von Pferden gezogene Schiff hielten, das auf ihren Hafen zuhielt. An seiner rechten Seite tauchten einige große Felsen auf – grün und pink mit Seetang und Muscheln – an denen kleine Wellen leckten, und er wußte ungefähr, wie weit sie von der Straße entfernt lagen. Ein ganz klein wenig weiter nach links…
    Es wehte gerade genügend Wind, um das Wasser ein wenig aufzuwühlen und für die Augen undurchdringlich zu machen, aber an der Art, wie die Wellen über ihnen zusammenschlugen, konnte er erkennen, wo die Kanten waren. Es war sicherer, als es aussah, redete er sich selbst zu.
    Lin begann zu jammern.
     
    I gave her love, I gave her smiles,
     
    I wooed with all my manly wiles…
    Sie kamen an Felsen auf dem silbrigen Wasser vorbei, und der Seetang begann, die Pferde zu beunruhigen, stieg jetzt an ihren Fesseln hoch, über die Achsen des Wagens. Sie taten sich schwer, ihn zu ziehen und schleppten ihn regelrecht hinter sich her.
    Das Wasser wurde tiefer. Die Wellen ließen den Rand des Dammes nicht mehr deutlich erkennen.
    »Dreh um, Rap!« schluchzte Lin. »Wir sind an der Biegung, Rap! So muß es sein! Wir werden untergehen!« Er sprang auf die Füße und hielt sich unbeholfen mit seinem gesunden Arm an der Lehne des Sitzes fest. In einer Minute würden sie nasse Füße bekommen. »Rap! Kehr um!«
    Rap war sich nicht sicher. Entfernungen waren trügerisch, wenn alles voller Wasser und kein Orientierungspunkt zu sehen war. Er stellte sich die Straße unter Wasser vor, zwei Steinwände, gefüllt mit Kies und Steinen, grünlich-blau vielleicht, an denen Seetang in der Dünung hin-und her wehte.
    Schatten von Wellen würden über ihnen dahinschweben, wie Wolken an einem Sommerhimmel. Fische? Er hatte nicht mit so vielen, kleinen Fischen gerechnet…
    »Maiden, maiden…«
»Halt den Mund, Lin!«
»… maiden, oh.«
    Jetzt konnte er sich vorstellen, wie die wäßrigblaue Straße ihre Biegung machte. Er zog an den Zügeln, und der Wagen bog langsam ein, und anscheinend hatte er richtig vermutet, denn sie kamen weiter langsam vorwärts.
    Lin hatte begonnen, zu einem Gott zu beten, von dem Rap noch nie gehört hatte. Vielleicht ein neuer.
     
    Eines der Fischerboote hielt auf sie zu.
    Der Wagen hatte beinahe zu rumpeln aufgehört. Hier in der Mitte war die Flut stärker und bildete einen Strudel, wo sie von den Pferden aufgewühlt wurde, die jetzt sehr nervös wurden, gleichgültig, wie laut er sang.
    »Maiden, maiden…«
     
    »SNOWBALL!«
    »… maiden…«
Zu weit nach rechts!
    Er lenkte das Führungsgespann leicht nach links, und sie gingen weiter. Wenn der Wagen jedoch aufzuschwimmen begann, würde er die Pferde von der Straße ziehen.
    Die zweite Biegung, eine große, lange Kurve… der Wagen schien abzuheben, schräg nach links, dann wieder zu fahren, sich schließlich zu heben. Rap verscheuchte durch Zwinkern den Schweiß aus seinen Augen, blinzelte in die helle Sonne, stellte sich den Verlauf des Dammes unter Wasser vor und lenkte die Pferde leicht um die Biegung.
    Bleib von den Kanten weg.
    Dann lag Tallow Rocks direkt vor ihnen und die Dünung hinter ihnen, und die Straße führte wieder hügelan.

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