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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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auszumachen. Die Jotnar jubelten und brüllten und applaudierten bei jeder Zeile.
    Die blutrünstige Erzählung kam schließlich mit dem jüngsten und unerfahrensten der Krieger zum Ende, der sich als Vurjuk herausstellte, das Riesenbaby, das Rap so sehr an seinen Freund Kratharkran aus Kindertagen erinnerte. Für den Schluß hatte sich Jalon berühmte Heldentaten aufgehoben, die er dem alten Jotunnheld Stoneheart zuschrieb. Die Legende erzählte, wie Stoneheart drei mächtige Gegner bis auf einen hohen Baum verfolgt hatte, wo er sie in Stücke schlug, so daß die Zweige der Bäume mit abgetrennten Gliedmaßen und Organen verziert und das umliegende Gras blutdurchtränkt waren. In Jalons Version waren es sechs Feinde, nicht drei, und alle wurden von dem jungen Vurjuk und seiner Axt kurzerhand in der Luft zerteilt. Die Seeleute kreischten vor Freude und kugelten sich vor Heiterkeit, während der jugendliche Held vor Aufregung feuerrot wurde und mit den anderen jubelte, nur allzu bereit zu glauben, daß jedes Wort der Wahrheit entsprach.
Der Himmel war dunkel, doch der Wind hatte sich nicht gelegt, und die Blood Wave segelte weiter. Bis tief in die Nacht hinein mußte Jalon sein Meisterwerk wiederholen, immer wieder, bis es so aussah, als hätten sämtliche Krieger akzeptiert, daß die Dinge genau so geschehen waren. Schließlich gratulierten sie einander und beglückwünschten besonders den jugendlichen Helden, der sechs Mann in einem Baum kurzerhand abgeschlachtet hatte.
    Auf gewisse Weise waren sie wie Kinder, sagte sich Rap, eigenartig unfertig. Nicht die Blutlinien machten sie zu Monstern, denn er kannte viele anständige, liebenswerte Jotnar – wie zum Beispiel viele seiner früheren Kameraden auf der Stormdancer, oder wie Kratharkran, der bei Raps Onkel, dem Hufschmied, in die Lehre gegangen war. Es war auch nicht das Klima, denn Krasnegar war in jeder Ecke genauso kalt und öde wie Nordland. Es konnte nur die Gewohnheit sein. Unter anderen Umständen hätte Vurjuk vielleicht einen prächtigen Hufschmied abgegeben, und wäre Kratharkran ein stolzes Mitglied der Mannschaft, dann würde er vermutlich genauso danach streben, wie die anderen zu sein, zu sein wie ihr Held Kalkor. Doch jetzt hatte Vurjuk, ganz gleich, wie grausam er zuvor gewesen war, einen Ruf zu verlieren. Er würde schlimmer sein als je zuvor, falls das noch möglich war.
    In der Zwischenzeit segelte die Blood Wave weiter, hinein ins Ungewisse.

5
    Die Qualen, die Inos in letzter Zeit auf Kamelen ertragen hatte, führten dazu, daß sie sich inzwischen ein sehr sentimentales Bild von Pferden machte. Der Schritt der Kamele war ein Schwanken, das Übelkeit erregte, und Inos’ Gelenke wurden in der unnatürlichen Sitzhaltung steif. Kamele waren dumm, leicht aufbrausend, und sie stanken.
    Doch nach drei Tagen auf dem Maultier bemerkte sie, daß sie sich sowohl nach Pferden als auch nach Kamelen voller Wehmut zurücksehnte. Denn Maultiere hüpften. Sie verursachten Blasen an unaussprechlichen Stellen. Sie waren dumm, leicht aufbrausend, und sie stanken. Die absurden zarkianischen Kleider, die Inos trug, waren niemals zum Reiten gedacht gewesen, und ihr primitiver Sattel schien mit Feuersteinen ausgestopft zu sein.
    Nach drei Nächten auf dem nackten Boden in immer größeren Höhen erinnerte sie sich der Zelte in der Wüste mit viel größerer Zuneigung, als sie erwartet hatte, aber eine Dame beschwerte sich niemals, so hatte ihre Tante es ihr beigebracht, und wenn es der armen alten Kade gelang, das Leben von der heiteren Seite zu sehen – und das tat sie ganz stur –, dann mußte ihre viel jüngere Nichte danach streben, es noch besser zu machen. Azak erwartete von fürstlichen Persönlichkeiten Mut. Also lächelte Inos ohne Unterlaß, und sie riß Witze, und hin und wieder machte sie sich auch selbst etwas vor.
    Schließlich war das hier ein großes Abenteuer. Für den Rest ihres Lebens könnte sie sämtliche Gäste eines Dinners zum Schweigen bringen, wenn sie nur die Worte »Als ich in Thume war…« sprach.
    Die Flucht schien zu gelingen. Elkarath war nicht unter Donnergrollen bei ihnen aufgetaucht. Die Wegelagerer von Tall Cranes hatten sie nicht auf der Suche nach Rache verfolgt. Vielleicht glaubten sie ihren eigenen Geschichten vom unheimlichen Grauen, das über Reisende herfiel, die so kühn waren, nach Thume zu kommen, aber dieses Grauen hatte sich ebenfalls noch nicht gezeigt.
    Die Landschaft war bemerkenswert, redete sie sich mit

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