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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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klappernden Zähnen ein.
     
    Der schwermütige Wald war geheimnisumwittert. Oder so. Auf jeden Fall gab es große Bäume. Unheimlich, gespenstisch.
    Die Ruinen waren spektakulär gewesen – riesige, verfallene Türme und Mauern von unvorstellbarem Alter, versteckt im Wald, über Abgründen, halb begraben unter Treibsand in baumreichen Tälern. Was waren das für Städte gewesen? Wer waren ihre tapferen Krieger und hübschen Königinnen? Wie lange hatten schon keine Kinder mehr an den verlassenen Höfen gelacht oder waren Pferde durch die leeren Straßen galoppiert? Jetzt bewegte sich nur der Wind durch leere Türen und starrende Fenster und flüsterte vergessene Namen in unbekannten Sprachen.
    Sie war mit Azak zusammen. Azak war ein Problem, aber er war auch ein hervorragender Beschützer, und unter dem Deckmantel des Geliebten hatte er sich als äußerst gute Begleitung herausgestellt. Nur sehr selten verursachte er bei ihr ein Schaudern des Abscheus, wie manchmal damals in Arakkaran, wenn er sich über die Prinzen erzürnt hatte. Er war höflich und rücksichtsvoll, und manchmal sogar lustig. Er hatte einen recht erstaunlichen Sinn für Humor, allerdings war dieser unberechenbar, als sei er in der Kindheit als unwürdig unterdrückt worden und versuche nun, wieder an die Oberfläche zu dringen. Für das Selbstwertgefühl eines jungen Mädchens war es sicherlich eine mächtige Hilfe, von einem riesigen jungen Sultan umworben zu werden.
    Azak als Reisegefährte – gut. Als Verteidiger in der Wildnis – auch gut. Aber Azak in Krasnegar? Azak als Ehemann?
    Konnte das wirklich die Liebe sein, die der Gott Inos versprochen hatte? Sie müsse auf die Liebe vertrauen, hatten sie gesagt. Sie war geneigt zu glauben, daß Azak wirklich, unglaublich in sie verliebt war. Er zeigte auf jeden Fall alle Symptome. Sie mußte also dem Gott vertrauen. Sie durfte nicht auf die schleichenden Zweifel hören, die sie empfand, wenn sie versuchte, sich Azak als Herrscher über die nüchternen Kaufleute von Krasnegar vorzustellen.
    Sie versuchte, überhaupt nicht an Krasnegar zu denken, besonders nicht in der Nacht. Sie schlief schlecht, denn ihr fehlte Elkaraths Schlafbann, und sie vermißte sogar die Strohunterlagen des Karawanenlebens. Diese waren ihr zunächst sehr unbequem vorgekommen, doch eine einzige Decke auf nacktem Boden war viel schlimmer. So waren ihre Nächte also erfüllt von ruhelosem Hin-und Herwerfen und düsteren Gedanken.
    Krasnegar, das war mehr als wahrscheinlich, brauchte sie jetzt nicht mehr. Die Wächter hatten die Angelegenheit vermutlich irgendwie geregelt, und Inos hatte ohnehin nichts tun können, um ihr Versprechen zu halten, das sie ihrem Vater gegeben hatte. Was also jetzt, Inosolan?
    Hatte der Gott ihr gesagt, daß es ihr Schicksal war, einen Barbaren zu lieben und als Sultana von Arakkaran zu leben?
    Die Vorstellung einer Sultana, die in Arakkaran zur Jagd ritt, war beinahe genauso schwierig wie die Vorstellung eines Azak, der zufrieden in einer polaren Nacht mit dem Speer weiße Bären jagte… Nun, sie mußte auf die Liebe vertrauen, wie es der Gott geraten hatte.
    Und sie mußte Azak vertrauen.
    Manchmal wurde der Bergpfad zu einer gepflasterten Straße, die sich durch unheimliche, verlassene Täler schlängelte und deren uralte Pflastersteine durch Wurzeln und Erdrutsche verschoben worden waren. Oder es war überhaupt kein Weg sichtbar, und sie kamen nur unerträglich langsam voran.
    Doch der dritte Tag brachte die Entdecker zum kahlen Kamm des Passes, eine steinige Wüste voller eigenartiger Felsformationen, über der sich atemberaubende, eisbedeckte Berge erhoben. Inos dachte, sie würde sich an den Wind dort oben besser erinnern als an alles andere.
    Spät an jenem dritten Tag begannen sie, eine Straße hinunterzusteigen; sie war alt und zerfallen, aber an den meisten Stellen noch begehbar und wand sich an einer dunklen und düsteren Schlucht steil nach unten in das unbekannte Land Thume hinein.
    Where are you roaming:
    O mistress mine! where are you roaming? O! stay and hear; your true love’s coming, That can sing both high and low.
Trip no further, pretty sweeting;
Journeys end in lovers meeting,
Every wise man’s son doth know.
    Shakespeare, Twelfth Night (Wo wanderst du, Geliebte:
    Wo wanderst du, Geliebte?
O bleib und lausch, dein Liebster naht,
Er singt in hohen und in tiefen Tönen.
Zieh nicht weiter, süßer Schatz;
Denn Reisen enden, wenn Liebende sich treffen,
Dies weiß eines jeden

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