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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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Weisen Sohn.)

Vier
    Längst vergang’ne Schlachten

1
    Jalons Folter auf der Blood Wave dauerte drei Tage. Er spielte und sang, bis er heiser war und seine Finger bluteten, und jedes zweite Lied mußte das »Kriegslied von Durthing« sein. Bald kannte Rap es genauso gut wie Jalon. Er verabscheute jede einzelne Note und jedes Wort, und er haßte die grausame Verspottung ehrlicher Seeleute, die brutal ermordet worden waren; noch mehr betrauerte er ihre Frauen und Kinder. Mögen die Götter mir vergeben!
    Offensichtlich wurde auch der Spielmann des Liedes langsam müde. Er versuchte, es abzuwandeln, aber die Mannschaft bestand auf der Originalversion. Sie akzeptierten nur eine minimale Veränderung – ungefähr bei der vierzigsten Wiederholung trug Jalon den letzten Vers als perfekte Imitation von Vurjuks hoher Quietschstimme vor. Er hätte es niemals gewagt, einen der anderen auf diese Weise zu verhöhnen, aber alle fanden diese Verschönerung des Höhepunktes viel lustiger, und danach mußte es immer so gemacht werden. Vurjuk sah sich mit gefährlich finsterem Blick um, akzeptierte die Änderung schließlich widerstrebend und tat so, als gefiele sie ihm. Anscheinend bildete das Nachahmen von Menschen eine weitere Facette von Jalons okkultem Genie.
    Mehrere Male wurde Rap nach achtern befohlen, um Kalkor weitere Fragen zu beantworten. Er versuchte, die Gefahr so gut es ging von Inos und Krasnegar abzulenken, aber der Than erspürte jegliche, noch so geringe Abweichung von der strikten Wahrheit. Der Tribut stieg stetig an, bis Rap zweiunddreißig Schläge mit der Neunschwänzigen Katze versprochen wurden.
    Er zuckte die Achseln – was nicht überzeugend wirkte, wenn man zu Füßen eines Mannes kniete – und versuchte, ein wenig Verachtung in seine immer noch geschwollenen Augen zu legen. »Das ist also mein Todesurteil?« Kalkor sah ihn belustigt an. »Ich bluffe niemals, Bursche.« »Warum sollte ich also noch weitere Fragen beantworten? Ihr werdet mich so grausam töten, wie es Euch nur möglich ist.«
    Die weißen Augenbrauen hoben sich ungläubig. »Ihr unterschätzt meine Phantasie! Außerdem habe ich nie gesagt, daß Ihr die zweiunddreißig Schläge auf einmal ertragen müßt. Wir können sie verteilen – auf ein oder zwei Tage. Wenn Ihr so weitermacht, könnt Ihr es als Beruf sehen.« Die tiefblauen Augen funkelten. »Ein Seher verdient ein wenig Überlegung.«
    Ein wirklich tapferer Mann sollte es vorziehen, am erstbesten Baum zu sterben, anstatt sich zu einer Bande Jotunnräuber einberufen zu lassen. »Zweiunddreißig, und wir zählen weiter«, sagte Kalkor. »Nächste Frage…«
    Nur bei einem Thema konnte Rap den gewitzten Than hintergehen, und da hatte er keine andere Wahl. Sobald die Fragen sich auf die Bedeutung von Faerie bezogen und die Quelle der Magie, begann Raps Zunge loszuplappern, und er log wie ein Pferdehändler. Diese Lügen schien Kalkor zu akzeptieren, wie phantastisch sie dem Mann, der sie erzählte, auch vorkamen, aber sie entsprangen natürlich der Zauberei, dem Bann, mit dem Oothiana Rap belegt hatte. Er hätte das Geheimnis nicht verraten können, auch wenn er es versucht hätte.
    Von diesen Befragungen abgesehen wurde Rap ebenso wie Gathmor völlig ignoriert. Der Seemann erholte sich von seinen körperlichen Wunden, doch sein Verstand schien unter den Belastungen der Gefangenschaft oder durch den Verlust seines Schiffes und seiner Familie gelitten zu haben. Stundenlang lag er zusammengerollt da, verdrießlich und mit stumpfem Blick, ignorierte alles um sich herum und antwortete nicht einmal auf Fragen. Die Gefangenen bekamen Essen und Wasser, aber nur, wenn sie auf Knien darum baten. Gathmor konnte oder wollte das nicht, also mußte Rap für sie beide betteln, wobei er das Betteln dem Hunger und Durst vorzog. Wenn er den nächsten Landgang überleben wollte, mußte er auf Flucht hoffen, und für eine Flucht brauchte er seine Kräfte – das redete er sich ein, während er am Boden kroch, doch die Nahrung, die er sich dadurch erwarb, schien ihm eigenartig geschmacklos.
    Der Wind schwächte ab, frischte wieder auf, drehte nach Süden, dann nach Westen, doch nie legte er sich ganz, so daß Kalkor die Männer nicht rudern lassen mußte; er nahm aber auch nie mehr volle Stärke an. Am dritten Nachmittag, ungefähr bei der fünfzigsten Wiederholung von Jalons Kriegslied, erspähte der Mann im Ausguck Land.

    Es war genau wie bei Andor, aber anders als bei Rap – Kalkors Wort der Macht

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