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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sein ständiges Gezwitscher erfüllte die Wälder wie ein musikalischer Regenbogen. Einmal nur sah sie einen winzigen Schatten davonfliegen, die meisten Sänger blieben unsichtbar. Tausend Jahre haben wir geübt, sangen sie, und haben darauf gewartet, daß jemand zurückkommt und unser Lied hört. Willkommen! Willkommen! Willkommen!
    Die Geschirre quietschten und klimperten, das Klappern der Hufe aber wurde durch den schwammigen Untergrund verschluckt. Manchmal ließ sich der Fluß hören und plapperte geschwätzig irgendwo zu ihrer Linken, zeigte ihnen den Weg und versprach, sie zu seinem größeren Bruder zu führen, und gemeinsam mit ihm den Weg zum Meer zu weisen.
    Die Schönheit des Morgens war Balsam gegen alle Ängste, reines Gold. Kein Ort konnte weniger verflucht sein als dieser.
    Je näher der Mittag kam, um so mehr verstummte die Symphonie der Vögel, und Azak begann als erster wieder zu sprechen, als er sich langsam entspannte. Er zeigte auf einige Dinge, die er als Spurenleser erspähte – uralte Spuren von Gebäuden und Wegen, Tierspuren und ihr vermutliches Alter. Jene Laute waren von einem wilden Hund, Haushunde klangen weniger spitz. Die Rinden der Bäume trugen Verwüstungen von Spechten, Kratzspuren von Geweihen, alte Klauenspuren von Bären.
    »Das alles habt Ihr doch nicht in der Wüste gelernt!« stellte Inos vorwurfsvoll fest.
     
    Blutrote Augen zwinkerten. »In den Bergen, den Agonisten. Als ich klein war.«
    Falls das ein Hinweis auf seine persönliche Geschichte war, von der sie nichts wußte, dann hatte er vergessen, es zu erwähnen. Er kam wieder auf das Leben der Wildnis zurück. Rotwild und Ziegen ganz gewiß, sagte er, und vermutlich wildes Hornvieh.
    Aber keine Menschen. Als es Zeit war, den Maultieren eine Pause und den Reitern einen Imbiß zu gönnen, war Azak froh gestimmt. Keine gefällten Bäume, keine Spuren, keine Zäune, kein Rauch. Es gab keine Menschen in Thume, sagte er. Mit allem anderen konnte er natürlich fertigwerden, mit Ausnahme von Dämonen.
    Inos lächelte und versicherte ihm höflich, daß sie sowohl seinem Auge als auch seinem Arm vertraute.
    Kade sagte nichts, sondern runzelte nur die Stirn und biß sich auf die Lippen.
»Ein herrlicher Ort, um unser Lager aufzuschlagen!« verkündete Azak feierlich und umfaßte die Lichtung mit einer ausschweifenden Geste der Zustimmung.
    Inos hatte sich in Tagträumereien über Pläne für Hub verloren. Verwirrt unterdrückte sie ein Kichern. Manchmal legte der große junge Mann eine Leichtigkeit an den Tag, die nicht so recht zu den zerlumpten Kleidern und dem wilden, buschigen roten Bart passen wollte – oder zu seiner Körperhaltung, denn seine Beine waren beinahe genauso lang wie die der Maultiere. Er hatte beim Ritt über die Berge fast die ganze Zeit die Füße über den Boden schleifen lassen, und vermutlich konnte er absteigen, indem er einfach auf Zehenspitzen rückwärts ging. Doch selbst, wenn er sich manchmal aus Gewohnheit immer noch für unfehlbar hielt, so hatte er sich doch als weit anpassungsfähiger erwiesen, als sie in Arakkaran für möglich gehalten hätte. Er hatte zusehen müssen, wie sein Reich von einem Königreich auf eine einzelne Karawane geschrumpft war und schließlich auf zwei Frauen, und nie hatte er sich beklagt oder beleidigt gewirkt. Es hatte sich herausgestellt, daß er ein großartiger Waldbewohner war, ebenso, wie er ein großartiger Regent eines Königreiches gewesen war. Wie das Spiel auch hieß, wie hoch auch die Einsätze waren, Azak spielte mit ganzem Herzen und mit den Fähigkeiten eines geborenen Gewinners.
    Er hatte seine Fehler, dieser Azak ak’Azakar, aber er war eine erhabene königliche Persönlichkeit.
    Doch woher rührte sein plötzlicher Sinneswandel? Seit ihrer übereilten Abreise aus Elkaraths Karawane hatte er sie angetrieben, also warum sollten sie jetzt ein Lager aufschlagen, wo sie noch mindestens zwei Stunden Tageslicht vor sich hatten? Sie hatten kein Zelt, das sie aufbauen konnten, und die Lichtung war zwar ein angenehmer Ort, doch war sie nicht besser, als Dutzend andere, die sie gesehen hatten.
    Inos warf ihm einen verwirrten Blick zu. »Wir hören und gehorchen, Beschützer der Armen, Geliebter der Götter!«
    »Natürlich!« Ein Lächeln blitzte wie ein flüchtender Vogel in seinem roten Bart auf, aber Inos war sicher, daß die rubinroten Augen jeden ihrer Gedanken gelesen hatten. Wer hätte je geglaubt, daß Azak mit ihrem Spott so gut umgehen konnte? Wie

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