Dave Duncan
zurück, sprachlos vor Entsetzen und Atemlosigkeit.
Das Blut rauschte in ihrem Kopf. Entsetzen…
Der Mann lachte. Er zeigte mit einem Arm auf die Maultiere, dann erhob er eine Hand, um Höhe anzuzeigen. Er spannte einen imaginären Bogen, schwang seinen Arm herum und stieß einen Daumen in seine Brust. Er machte eine fallende Bewegung. Die drei anderen brachen über seine Vorstellung in Gelächter aus.
Azak aus dem Hinterhalt überfallen? Aus dem Hinterhalt erschossen? Sein von Panik ergriffenes Reittier war also geflohen und war dann schließlich zu seinen Gefährten zurückgekehrt.
Azak erschossen… Was hatten sie mit Kade gemacht?
Azak… Kade…
Jetzt Inos.
Sie ließ zwei Pfeile fallen und hob ihren Bogen, um ihn zu spannen – schneller, als sie es je zuvor getan hatte –, und sie hatte den dritten Pfeil sofort eingelegt und auf den Anführer gezielt. Im Zwielicht, mit ihrem wild klopfenden Herzen würde sie vermutlich nicht einmal eine Regentonne treffen.
Die Männer an beiden Seiten machten Anstalten, sie einzukreisen. Wieder rief der Anführer etwas in seinem Dialekt, einem ungewohnten Singsang, der dennoch beinahe neckend verständlich war: verletzt?… nein, er meinte nicht verletzt… versprechen, versprechen, versprechen… Seinem Versprechen würde sie genauso viel trauen wie dem Kuß einer Viper. Die Bedeutung wurde ihr eher durch seine Gestik und Modulation klar als durch seine Worte, aber der Spott und die Schadenfreude wurden dennoch deutlich.
»Geht zurück!« rief sie und spannte den Bogen. »Ruft Eure Männer zurück. Ich bluffe nicht!«
Der Anführer duckte sich in vorgetäuschter Angst und trat ein paar Schritte zurück. Aber die anderen… Der Teufel sollte sie holen! Sie konnte nicht alle drei beobachten und gleichzeitig auf einen zielen.
Drei? Sie wirbelte herum, und der vierte war nicht mehr als ein Dutzend Schritte entfernt, zwischen ihr und dem Fluß. Als ihr Bogen auf ihn zielte, blieb er stehen und riß seine Hände hoch, als er sich höhnisch ergab. Er war größer als die anderen, mit einem jungen Gesicht, nicht sehr alt. Er sagte etwas, und wieder verstand sie die wichtigsten Worte: … Gnade… bitte um Gnade… Lady… Gnade…
»Tretet zur Seite!« rief Inos und versuchte, an ihm vorbeizugehen. Er trat ihr in den Weg. Sie sah sich nach den anderen um. Sie waren jetzt noch näher. Der große rief etwas, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen; dann riefen die anderen etwas. Jetzt spielten sie nur ein Kinderspiel – wenn sie zu einem von ihnen hinsah, standen sie still, wenn nicht, bewegten sie sich.
Der Fluß war schrecklich breit und schnell, aber in ihm konnten sich kaum Ungeheuer befinden, die schlimmer waren als diese. Sie raste auf die breiteste Stelle zu. Der große junge Mann hechtete hinter ihr her. Sie schlug ihn mit ihrem Bogen, und er griff danach. Sie ließ ihn los, geriet ins Stolpern und spürte, wie zwei Arme wie Faßreifen sie von hinten ergriffen. Sie trat, schrie, wand sich, stieß mit dem Kopf…
Ihr Peiniger fluchte ihr ins Ohr und drückte fester, bis ihre Rippen knackten. Sie schrie mit ihrem letzten Atem auf und wurde ganz schwach, als dunkle Punkte vor ihren Augen tanzten. Er ließ ein wenig locker. Die drei anderen Männer standen um sie herum und betrachteten prüfend ihre Beute, atemlos, keuchend und grinsend.
Sie waren nicht groß, aber Inos war inzwischen an Djinns gewöhnt. Größe wie ein Imp – für einen Mann also mittelgroß, aber immer noch größer als sie selbst. Ihre Gesichter und Arme hatten ebenfalls einen mittleren Braunton, aber sie waren keine Imps. Ihr Haar war heller, lockig, nicht glatt, sie hatten sehr breite Schultern und schmale Hüften…, und ihre Augen standen in einem eigenartigen Winkel, wie die Augen von Elfen. Spitze Ohren. Pixies. Lebende Pixies! Junge Männer, die auf böse Streiche aus waren, zwei von ihnen nur wenig mehr als Jungen.
Aber alt genug. Vier.
Gott der Barmherzigkeit!
Sie keuchten viel zu heftig für diesen kurzen Lauf. Sie hörten nicht auf zu lachen und zu kichern, atemlos vor Aufregung. Sie sagten Worte, die nettes Mädchen und viel Freude bedeuteten. Das verhieß Schreckliches.
Sie trugen ärmellose Hemden, lange Hosen und Stiefel – alle gut gearbeitet, bestickt und auf Maß geschneidert. Alle in demselben Olivgrün. Die Kleider und ihre Träger rochen nach Holzrauch, Pferd und männlichem Schweiß.
Der Anführer streckte eine Hand aus, um ihre Wange zu streicheln, und sie versuchte, ihm in
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