Dave Duncan
klopfenden Herzen? Hufe?
Ein drittes Mal wurde Inos durch den entfernten Laut von Hufen gerettet. Ein drittes Mal drehten sich alle um.
Ein Pferd galoppierte zwischen den Bäumen hervor. Es war riesig, gespenstisch und glänzte weiß, als sei es in einen Heiligenschein gehüllt. Sein Reiter war ganz in Weiß gekleidet, und sein Umhang leuchtete wie der Morgenstern in der Nacht. Pferd und Reiter umgab gleichermaßen ein unirdisch silberner Glanz, der immer heller wurde, als sie über die Wiese heran galoppierten und die Erde zum Erzittern brachten. Die Pixies riefen sich beunruhigt etwas zu, und der Nackte riß eilig seine Hosen hoch. Dann schwiegen plötzlich alle und blieben bewegungslos an ihrem Platz stehen. Inos spürte eine Welle der Ruhe und des Friedens über sich hinwegfluten. Sie war gerettet. Das Okkulte war da.
3
Seine heitere Gelassenheit war so deutlich wie eine Unterschrift. Sie und das Flackern roten Feuers um seinen Kopf sagten Inos, wer der Reiter war, noch bevor er näher kam und seinen prächtigen, leuchtenden Hengst zum Stehen brachte.
Als sie ihn zum ersten Mal in der Abgeschiedenheit seines Hauses getroffen hatte, war Scheich Elkarath mit einem aufwendigen Gewand in bunten Farben bekleidet gewesen. Beim Verlassen von Arakkaran hatte er diese ungeschäftsmäßige Pracht zu Gunsten eines einfachen weißen Gewandes aufgegeben. Von seinem ganzen Putz war nur noch sein juwelenübersäter Agal übriggeblieben, als sei er ein kleiner Fehler, den er selbst leicht übersehen konnte. Wie ein blutiger Heiligenschein wirkten die funkelnden Rubine, die den Agal umgaben, jetzt. Die herunterhängenden Säume seines Keffieh glänzten heller als das Mondlicht, verglichen mit seinen schneeweißen Augenbrauen und dem weißen Bart, die ebenso zu leuchten schienen, während die Stoffbahnen seines Kibr in weißer Herrlichkeit in Wellen auf seine Stiefel hinabfielen. Er war beinahe so hell, daß Inos ihn nicht ansehen konnte, und er erhellte die Lichtung bis zu den Bäumen.
»Erhabenheit, Ihr seid ein sehr willkommener Anblick«, sagte Inos schwach. Sie spürte, wie sie selbst von sonderbaren Gefühlsaufwallungen mitgerissen wurde – wie die Dünung des Meeres, auf und ab und auf… Irgendwo in sich spürte sie Schmerz, Entsetzen und Hysterie, die sie am liebsten durch Schreien und Haareraufen herausgelassen hätte, da war der gebrochene Knöchel und die Sorge um Kade und Azak, aber all das wurde überdeckt von der Ruhe, die Elkarath ausstrahlte. Es war eine verstärkte Auswirkung des Bannes, den er seit ihrem ersten Treffen jeden Tag bei ihr angewandt hatte, bis sie in Tall Cranes vor ihm geflohen war. Jetzt wirkte der Bann noch stärker, um nach allem, was sie durchgemacht hatte, ihre Schmerzen zu lindern. Das langsame Auf und Ab mußte die Intensität der Magie sein, mit der er versuchte, ihren Bedürfnissen zu entsprechen.
Er nickte gelassen von seinem Pferd herunter. »Ich bedaure, daß ich nicht früher gekommen bin, Majestät. Doch es sieht so aus, als habt Ihr keinen Schaden erlitten, den ich nicht heilen könnte.«
Das Pochen in ihrem Knöchel ließ bereits nach. Abwesend betastete sie die Schwellung. »Meine Tante?«
Elkarath warf über die Lichtung hinweg einen Blick auf das getötete Pferd. »Sie ist betäubt, aber nicht in Gefahr. Ich werde mich um sie kümmern, sobald wir hier der Gerechtigkeit genüge getan haben.«
»Und Azak?«
»Auch er wird überleben. Auch bei ihm kam ich gerade rechtzeitig.«
Eine Welle der Erleichterung drang durch die Gefühlsdecke, und Inos murmelte ein hastiges Gebet zu den Göttern. »Das sind wirklich gute Nachrichten, Hoheit!«
»Mm!« Die weißen Brauen zogen sich in einem finsteren Blick zusammen, und Elkarath richtete seine Aufmerksamkeit auf die vier erstarrten Jugendlichen. Sie zuckten ganz leicht und murmelten etwas. Völlig harmlos sabberten sie und rollten mit den Augen beim Versuch, ihre Lippen und Zungen zu bewegen.
»Dieses Gewürm«, sagte der Scheich mit eisiger Stimme, »schießen einen Mann aus dem Hinterhalt nieder und haben dann noch nicht einmal so viel Gnade ihn zu töten. Er hätte tagelang dort liegen und leiden können. Er war beinahe verblutet, als ich ihn fand. Sonst wäre ich schon früher hier gewesen.«
Er schwang ein Bein in die Luft und sprang so flink wie ein Heranwachsender ab, obwohl der Hengst mindestens siebzehn Handbreit hoch war. Doch plötzlich wurde das Tier kleiner. Das großartige Pferd schrumpfte zusammen, und in
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