Dave Duncan
genau zu wissen, warum er sie so aus der Fassung gebracht hatte. Seine Stimme weckte in ihr dieselbe geheimnisvolle Unruhe wie zuvor. Die Soldaten standen in einer Gruppe zusammen, und die Djinnarbeiter traten aus dem großen Laderaum und versammelten sich um sie. Wo sahen sie alle hin?
Sie bahnte sich ihren Weg durch die Menge und schob dabei sogar Leder und Bronze der Legionäre zur Seite, und mußte sich dabei zwicken und anfassen lassen. Sie sah, wie Elkarath selbst erschien, groß und erhitzt in seiner scharlachroten Robe, sein Käppchen hing schief auf seinem weißen Haar, und sein rötliches Gesicht war noch roter als üblich. Alle starrten auf irgend etwas am Boden.
Sie erreichte die Mitte noch vor dem Scheich. Azak lag ausgestreckt auf dem Kopfsteinpflaster, offensichtlich bewußtlos. Sein Gesicht war mit Schlägen bearbeitet worden, seine Kleider zerrissen. Er war blutüberströmt. Als sie sich an seiner Seite auf die Knie fallen ließ, schloß sich eine Hand fest um ihr Handgelenk und zog sie wieder hoch.
»Ihr kennt den Mann, Ma’am?« Die schwarzen Augen des Zenturios spiegelten gräßlichen Argwohn.
»Ich… ja.« Entsetzt über den Schmerz, den sein Griff verursachte, versuchte Inos, sich freizumachen, aber sie hätte genauso gut versuchen können, eine Eiche mit den Wurzeln auszureißen. »Scheich – ich meine, Master – Elkarath hat ihn… beschäftigt ihn. Ihr tut mir weh!«
Imopopi ignorierte ihre Klage und richtete seine Aufmerksamkeit auf die andere Seite des Kreises, wo die Legionäre jetzt dem würdevollen Elkarath Platz machten, der sehr finster dreinblickte.
»Er war einer meiner Wachen, Zenturio.«
Imopopi lockerte seinen schmerzenden Griff um Inos’ Handgelenk und hinterließ weiße Abdrücke, die langsam flammend rot wurden. »War, Master?«
Elkarath zuckte die Achseln. »Vielleicht ist er es nicht länger. Darf ich Näheres erfahren?«
Der Zenturio verschränkte die dicken Arme. »Er hat seine Nase in Dinge gesteckt, die ihn nichts angingen.«
»Es sieht so aus, als hätte er dafür bezahlt.«
»Er kann von Glück sagen, daß er noch lebt. Wollt Ihr ihn haben, oder soll ich ihn woanders hinbringen?«
Mit finsterem Blick sah Elkarath über den Kreis bewaffneter Männer. Dann zuckte er erneut die Achseln. »Ich nehme an, ich kann mich um ihn kümmern, bis er sich erholt hat. Ist die Angelegenheit damit erledigt?« »Eine Strafe wird noch fällig.«
Elkarath seufzte. »Fünf Imperial, nehme ich an?«
»Und Schadenersatz von zehn.«
Der Scheich verzog das Gesicht, schließlich nickte er resigniert.
»Sowie ein Pfand, daß er sich in Zukunft anständig benehmen wird… sagen wir, noch einmal zwanzig?«
Jetzt starrte der alte Mann ihn wütend an, bereit, sich aufzulehnen. »Er hat noch Lohn zu erwarten, aber er ist nicht der Erbe eines Emirs! Ich darf eine Trage holen und den Narr hereinbringen lassen?«
Imopopi nickte zufrieden. Die meisten seiner Männer grinsten ganz offen höhnisch, als sie ihren Anteil an dieser netten kleinen Erpressung überschlugen. Elkarath wandte sich um und knurrte ein paar Anweisungen. In der Mitte der Menschenmenge zuckte und stöhnte der Grund für die Ansammlung und blieb wieder still liegen.
Narr! Hatte er gedacht, die Imps würden einem Djinn gestatten, in ihren Kasernen oder in der Marinebasis herumzuschnüffeln? Geschah ihm recht!
Natürlich konnte Elkarath seine Wunden heilen, falls er es wagte, seine Kräfte in Ullacarn anzuwenden.
»Ein Freund von Euch, Mistress Hathark?«
Inos zuckte zusammen und wandte sich dem unheimlichen Zenturio zu, der neben ihr stand. Warum unheimlich? Vertraut? Nein, nicht das Gesicht, das Gesicht war ihr völlig fremd.
Die Stimme?
Die Augen! Die Erkenntnis erwischte sie wie eine geballte Faust.
Sie stolperte zurück und rannte gegen einen Legionär, der ihr so hart wie ein Steinpfeiler erschien. Er lachte leise und hielt sie fest, während sie Imopopi anstarrte.
»Stimmt etwas nicht?« Spott tanzte über das harte Gesicht des Zenturios.
»Ich glaube, wir kennen uns.« Ihre Stimme war nur ein Krächzen. Olybino! Der Hexenmeister persönlich. Er hatte sie an der Hand genommen, weil sie Azak gerade hatte berühren wollen und sich dann durch den Fluch verbrannt hätte. Er wußte es! Sie wand sich, doch der Mann hinter ihr hielt sie noch fester. Aber ihre Augen blieben auf den Zenturio geheftet.
»Gestern?« Er wußte es! Er wußte, daß sie es wußte! Er wollte, daß sie es
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