Dave Duncan
hineingezogen, oder die meisten von ihnen…«
»Auch das hoffe ich nicht! Ich bin sicher, ein Hexenmeister kann eine Lösung für dieses Problem finden, Quip’. Ich habe nichts gegen Phiel nilth. Ich habe ihn nur durch Zufall, oder durch Glück, ausgesucht. Ich habe nichts gegen seinen Clan. Ich muß nur ganz dringend Hexenmeister Lith’rian sehen, das ist alles. Ich habe gehört, dies sei der leichteste, schnellste Weg zu ihm.«
Die großen Opalaugen des Elfen schienen noch größer zu werden und funkelten wie Amethyste und Perlen. »Aber warum?« flüsterte er.
Rap wollte zusehen, wie die Leinen losgemacht wurden, aber er beschloß, er müsse gleichzeitig reden, um seinem nächsten Verwandten ein paar Erklärungen zu geben. Quip’ verdiente es, denn Raps Taten hatten seine eintönige, unbedeutende Existenz schlagartig verändert. Einige Menschen waren nicht dafür gemacht, die Trompeten zu hören. Quip’rian würde immer ein Schoßhund, niemals ein Wolfshund sein.
Rap selbst war anders. Er hatte sich diese wahnsinnige Wanderschaft nicht ausgesucht. Alles, was er gewollt hatte, war Inos zu helfen, indem er sie von der Krankheit ihres Vaters in Kenntnis setzte. Und wohin hatte das geführt? Hätten Andor und seine Bande sich nicht eingemischt, würde Rap jetzt einen Wagen lenken und die Ernte nach Krasnegar bringen. Oder er wäre der Assistent des Verwalters, der auf einem Pony hin-und herreiten würde, um Vorräte zu kontrollieren.
Und wer würde im Schloß regieren?
Kalkor?
Rap richtete seine Gedanken wieder auf die Allem und den besorgten Jugendlichen an seiner Seite. Gathmor war davongeeilt, um mit den Seeleuten die Seile einzuholen, denn er konnte einfach nicht länger müßig herumstehen.
»Warum? Wegen einer Dame.«
»Oooo!« Quip’ seufzte tief. »Wirklich? All das für eine Herzensangelegenheit? Wie wunderbar!« Seine Augen wurden feucht.
»Ein wenig mehr noch…« Rap lehnte seine Ellbogen auf die Reling und begann zu erklären. Der Elf zog sicherheitshalber seine Kappe vom Kopf und lehnte sich an Raps Seite, während er voller Faszination mit offenem Mund lauschte.
Rap begann am Anfang, in Krasnegar. Er erwähnte nicht, daß er erst vor kurzem ein Elf geworden war – das war zu kompliziert. Es gelang ihm sogar, beinahe sämtliche Magie aus dem Bericht herauszuhalten, besonders seine eigene, aber er mußte Rasha erwähnen, Ishist und Bright Water.
Selbst in der Kurzfassung war es eine sehr bemerkenswerte Geschichte, doch das Bemerkenswerteste überhaupt war, daß der junge Quip’ offensichtlich jedes Wort glaubte. Zuerst schnüffelte er, dann zog er die Nase hoch, und schließlich weinte er ganz offen, so daß er nicht sah, wie sich die Segel über ihm öffneten und rosa in der Sonne leuchteten. Auch die sanfte Bewegung des Schiffes spürte er nicht, als die Allena sich majestätisch auf den Hafeneingang zu bewegte. Und als Rap sich schließlich aufrichtete und. mit den Worten schloß »Da kamt Ihr ins Spiel«, blinzelte der Elf ihn mit seinen bronzeumrandeten Augen an und versuchte – von Gefühlen überwältigt und sprachlos –, Rap zu umarmen.
Rap benutzte seine okkulte Wendigkeit, um die Umarmung abzuwenden, so daß Quip’ sich wieder an der Reling festhielt, bis er seine Tränen unter Kontrolle hatte.
»Das ist wunderbar!« schluchzte er. »Die Barden von Ilrane werden noch in Jahrhunderten ihre Lieder darüber singen! O Rap! Das ist die hübscheste Geschichte, die ich je gehört habe! Ihr werft Euer Leben für eine Frau fort, die zu heiraten Ihr niemals erhoffen könnt!«
Rap warf ihm bei dieser letzten Bemerkung einen harten Blick zu. »Hä? Ich habe nicht vor, irgend etwas fortzuwerfen.«
»Nun, ich nehme an, daß Lith’rian…« Der Elf blickte verwirrt hoch. »Ich meine, viele Clankriege sind wegen geringerer Dinge ausgefochten worden. Der Krieg um den Schlechten Apfel zum Beispiel. Die Menschen vergessen manchmal, daß wir Elfen sehr grausam sein können, wenn wir wollen, sogar blutrünstig wie die Jotnar, falls nötig.«
»Das habe ich schon gehört.«
»Und niemals können wir einem selbstmörderischen letzten Auftritt widerstehen… nicht in diesem Falle!« Er hatte eine Entscheidung getroffen. »Nein, es ist viel befriedigender, wenn der Hexenmeister Euch dem Tode überantwortet. Bitter! Herzzerreißend!« Er betupfte sich die Augen mit einem apricotfarbenen Seidentuch.
»Hm. Geht Ihr davon aus, daß andere Elfen dies als angemessene Wahl betrachten?«
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