Dave Duncan
überzeugt, daß dein Zenturio der Hexenmeister war?« fragte Kade.
»Ja. Ja, die Augen. Bestimmt seine Stimme. Und kein einziger Fehler. Er wollte, daß ich wußte – daß er mich auslacht.«
Ihre Tante stampfte einige Male mit dem Fuß auf den Teppich. »Nun, ich verstehe das nicht! Wenn wir immer noch Rashas Gefangene wären, könnte ich verstehen, warum wir auf dem Rückweg nach Arakkaran sind, aber ich verstehe nicht, warum der Hexenmeister des Ostens uns dorthin schicken sollte. Ich meine, entweder will er dich als Königin von Krasnegar haben, oder er will dich gar nicht, oder ich würde meinen, er will sowieso nicht.«
Das war für Kades Verhältnisse nicht besonders verworren, doch in ihrem schwachen Zustand brauchte Inos einige Zeit, diese Worte zu überdenken. »Das meine ich auch«, murmelte sie schließlich.
»Wenn du also recht hattest, daß der Hexenmeister uns der Zauberin gestohlen hat, dann sieht es doch so aus, als habe die Zauberin uns zurückgestohlen!«
In diesem Augenblick war das nicht von besonderer Bedeutung. »Was sagt Skarash dazu?«
»Master Skarash«, antwortete Kade brummig, »ist ein Jotunn.«
»Jotunn?« »Er trägt die Kleider eines Seemannes und verkehrt mit Seeleuten. Das eine Mal, als ich versuchte, ein paar Worte mit ihm zu reden, versuchte er sich gerade im Seemannsjargon in breitem Nordlanddialekt
– einer sehr schlechten Imitation des Nordlanddialektes.«
»Und was hat er gesagt?«
»Das ist äußerst fraglich. Ich konnte ihn nicht verstehen, und als ich einen authentischeren Nordlanddialekt benutzte, konnte er mich offensichtlich nicht verstehen, gab es aber nicht zu.«
Inos versuchte sich zu merken, über diese Geschichte zu lachen, wenn sie erst einmal wieder gesund war und ihren Sinn für Humor wiedergefunden hatte. Händler Skarash mußte die Wahrheit kennen. Wenn Azak da wäre, könnte er es aus diesem dünnen kleinen Gauner herauspressen
»Ich weiß es nicht. Wie lange?«
»Wir werden in einer Stunde in Torkag sein, wenn der Wind sich nicht völlig legt.«
Inos erhob sich so weit, daß sie ihren Arm auszustrecken und die Hand ihrer Tante mitfühlend drücken konnte. »Und du bekommst wieder nicht deinen lang ersehnten Besuch in Hub, nicht wahr?«
»Diesmal anscheinend nicht.« Kade preßte wütend die Lippen zusammen.
Und wieder in Arakkaran, würde sie die vielen hübschen Kleider, die sie sich gekauft hatte, nicht tragen können. Auch das würde ihr weh tun.
4
Als die Allena in der Nähe der vielen Mündungen des Vislawn-Flusses Land sichtete, legte sich der Wind so plötzlich wie mit der Axt abgeschnitten. Auf dieser Reise, waren die Seeleute, was das Wetter anbelangte, durch nichts mehr zu überraschen. Sie setzten mehr Segel und begannen mit den Aufräumarbeiten, die unweigerlich auf einen Sturm folgten. Unter Aufbietung sämtlicher Segel, die der Allena zur Verfügung standen, glitt sie vornehm auf der morgendlichen Flut dahin, angetrieben von einer schwachen Brise über spiegelglattem Wasser. Das echte Schiff und die sich im Wasser spiegelnde Pracht schwebten zwischen bewaldeten Inselchen wie Tänzer dahin.
Rap und Jalon standen gegen die Reling gelehnt und bewunderten die Landschaft, das Wetter und die Fischerboote mit ihren weißen Segeln und erhaschten kurze Blicke auf malerische Gebäude in den Wäldern. Nachdem Jalon in der Nacht zuvor von Sagorn herbeigerufen worden war, hatte er es immer weiter aufgeschoben, einen der anderen zu rufen, bis es zu spät gewesen war, denn nun war er der Mannschaft schon bekannt. Rap war es egal, denn er zog ohnehin Jalons Gesellschaft vor, aber es war eine Überraschung – normalerweise war der Spielmann nach drei Tagen von allen Dingen gelangweilt. Glücklicherweise hatte er einen Seemann gefunden, der einen ihm noch unbekannten Liederzyklus kannte. Er hatte seine Zeit damit verbracht, diesen Zyklus zu lernen und zu verbessern.
Rap fühlte sich durch den Mangel an Schlaf benommen und schlapp. Als Geweihter konnte er beinahe jeden Menschen zu allem möglichen überreden, aber das hielt nicht lange vor. In den ersten drei Tagen und Nächten im Home Water hatte er fast überhaupt nicht geschlafen. Später war es besser gegangen, als er an Autorität gewonnen hatte und die Seeleute beschlossen hatten, er müsse ein Zauberer sein, weil er entweder die Winde kontrollierte oder zumindest vorhersagen konnte, was sie als nächstes taten. Gegen den Wind zu segeln, wenn er davon abriet, hatte jedesmal
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