Dave Duncan

er sah immer noch nicht älter aus als fünfzehn. Aber er war eine andere Person.
    War da die Andeutung einer Welle gewesen, oder waren es nur Raps Zähne, die zu klappern versuchten? Oder sah er schon Gespenster? Lith’rian fragte mit Quips heiseren hohen Stimme: »Nun?«
    Rap fand ein wenig Spucke. »Ich habe gelernt, mein Erinnerungsvermögen zu kontrollieren. Als ich die Herausforderung aussprach, war niemand in der Nähe von Lord Phiel’nilth, um die Teller abzuräumen.«
    Der Elf lachte leise und schüttelte traurig den Kopf. »Wie ein winziges Detail doch den Gesamteindruck zerstören kann! Gut gemacht, Master Rap! Sonst noch etwas?«
    »Er hat es bestritten, aber ich glaube, der Drachenwärter muß eine Möglichkeit haben, mit dem Hexenmeister des Südens in Kontakt zu kommen.«
    »Ja, das hat er; eine magische Schriftrolle. Was er darauf niederschreibt, kann in Hub auf ihrem Gegenstück gelesen werden. Das ist nur eine kleine Magie, und den Drachen scheint es egal zu sein. Ist das alles?«
    »Ich bin einige Male seekrank geworden. Ich war nicht sicher, daß Ihr… ich meine, ich wollte sehen, ob es Quip’ gutging.«
    Quips Kabine war nicht auf dem Schiff gewesen, und je mehr Rap danach gesucht hatte, persönlich oder mit der Sehergabe, um so stärker hatten seine Gedärme protestiert.
    Der Elf schürzte die Lippen. »Wenn Ihr nahe genug gekommen seid, um einen Anfall von Übelkeit zu spüren, dann seid Ihr ein bemerkenswert entschlossener junger Mann – Ihr habt Euch durch drei Schichten… Aber das wußten wir ja von Euch, nicht wahr?« Er lachte leise. »Und das erinnert mich daran, daß ich Kapitän Prakker seine Kabine zurückgeben muß!«
    Wellen!
     
    Lith’rian wurde steif und starrte Rap mit festem Blick an. »Ihr habt das gespürt!«
     
    Rap nickte nervös. »Ja, Eure Omnipotenz!«
     
    »Ihr seid nur ein Geweihter! Ihr könnt die Umgebung lesen? Was könnt Ihr sonst noch alles?«
    Rap listete die Talente auf, die er an sich entdeckt hatte, und sie schienen ihm alle bedeutungslos, verglichen mit der Macht eines Hexenmeisters. Aber er hatte Wellen gespürt, als der unechte Quip’ gegangen war und auch, als er vor einigen Minuten zurückgekehrt war, und jetzt hatte er bemerkt, daß Lith’rian den Bann von der unauffindbaren Kabine genommen hatte. Der Elf wirkte beeindruckt, aber gewiß nicht erfreut.
    Mit diesem unheimlich jungenhaften Äußeren und der entsprechenden Stimme wirkte Lith’rian sogar noch einschüchternder als Bright Water oder Zinixo. »Ich bin nach Hub gesprungen, das hat viel grobe Macht gekostet. Zurück bin ich auf dieselbe Weise gekommen. Und gerade eben war ich Euch sehr nahe. Könnt Ihr das hier fühlen? Oder das?«
    Rap schüttelte den Kopf.
    Die großen Opalaugen flackerten von Blau und Grün zu Rot und Orange. »Eure Sensibilität ist also nicht sehr hoch. Doch sei’s drum! Nur sehr wenige Magier können Störungen in ihrer Umwelt wahrnehmen. Einige Zauberer können es auch nicht oder nur sehr schlecht. Ich kann mich an keinen Präzedenzfall erinnern, wo ein Geweihter dazu in der Lage gewesen wäre.«
    Rap zwang sich, dem Hexenmeister in die funkelnden Augen zu blicken und sah in ihnen, wie er ihn abschätzte. »Was bedeutet das, Eure Omnipotenz?«
    »Das bedeutet, daß Ihr über einige überraschende Fähigkeiten verfügt. Das ist alles.« Doch offensichtlich war es von Bedeutung. Ebenso wie andere Dinge. »Inos, Eure Omnipotenz?«
    »Es geht ihr gut.«
    Rap sackte über der Reling zusammen, als hätte sein Herz Flügel bekommen und sei in den Himmel aufgestiegen. Logik und Vernunft waren ganz schön, doch mangelte es ihnen an Überzeugungskraft. Es geht ihr gut! Wie viel diese Worte ausdrückten! Wie sehr sie den Sonnenschein verstärkten! Selbst die Blumen wirkten lebendiger. Inos war am Leben und es ging ihr gut. So richtig, wirklich hatte er Sagorn gar nicht geglaubt. Aber jetzt wußte er es. Es geht ihr gut! Es geht ihr gut!
    Nach einer Weile merkte er, daß der Hexenmeister ihn mit einem Gesichtsausdruck betrachtete, der für alle Welt wie ein jugendliches Hohngrinsen wirkte.
»Könnt Ihr meine Zukunft vorhersagen?« bat Rap.
    Einen Augenblick veränderte sich Lith’rians Lächeln nicht, und doch mußte Rap an einen Jungen denken, der Insekten auseinanderriß oder Kätzchen quälte. Er erschauerte und ermahnte sich, daß dieses Kind mindestens neunzig Jahre alt war.
    »Nein, kann ich nicht«, antwortete der Hexenmeister leise.
    Mit seinem Verhalten forderte