Dave Duncan
wissen wir das noch nicht. Und selbst wenn – ein so wunderbares Königreich war es nun auch wieder nicht.«
Inos kämpfte gegen einen Kloß in ihrem Hals und sagte nichts. »Kinvale war schon immer viel angenehmer. Und Kinvale gibt es immer noch. Dort sind wir immer willkommen.«
»Um Almosen von der hinterhältigen alten Schlampe anzunehmen, die Yggingi auf uns gehetzt hat?«
»Inos!«
»Ist doch wahr! Und sie wird immer noch glauben, daß ich ein Wort der Macht habe. Sie wird einen neuen, teuflischen Plan aushecken, um es mir zu entreißen für ihren kostbaren, närrischen Sohn.«
Kade strahlte und gab sich mütterlich. »Nun denn, also nicht Kinvale. Wir kennen Hunderte von Leuten im Impire. Wir werden Hub besuchen.« »Und wie sollen wir dorthin kommen? Auf Kamelen? Können wir mit unseren Ohrringen Kamele kaufen?«
»Damit könnten wir so einiges kaufen.« Kade lächelte heiter. »Du bist jung, gesund, reich und gebildet. Du verfügst über Schönheit und Anmut. Ich bin sicher, daß Sultana Rasha immer noch Mitgefühl hat, vielleicht noch mehr als vorher. Die Männer sind hart mit dir umgesprungen, und es gefällt ihr nicht, wenn Frauen unterdrückt werden. Sie wird dafür sorgen, daß du zurück ins Impire gelangst, wo du hingehörst. Vielleicht schickt sie dich sogar auf magischem Wege dorthin. Jetzt, wo die Wächter von ihr wissen, hat sie keinen Grund mehr, ihre Existenz oder ihre Macht zu verbergen.«
Inos war nicht sicher, ob sie das alles glauben sollte. Sie vertraute Rasha nicht, und ganz sicher wollte sie ihr nicht zu Dank verpflichtet sein.
Kade versuchte es abermals. »Erinnerst du dich an die Worte des Gottes? Er sagte, du sollst auf die Liebe vertrauen. Liebe ist mehr wert als alle Königreiche von Pandemia.«
»Wessen Liebe? Azaks?«
Ihre Tante zögerte und schürzte die Lippen. »Wenn du meine ehrliche Meinung hören willst… Nein, ich glaube nicht. Du übst eine große Anziehung auf Männer aus, Inos. Er wird nicht der letzte Mann sein, der sich in dich verliebt.«
»Aber keiner wird es ehrlicher meinen«, sagte Azak, der soeben durch die Tür trat.
Inos zuckte zusammen und unterdrückte eine scharfe Bemerkung über den Lauscher an der Wand. Er war wieder Sultan; sie mußte ihre Zunge hüten.
Er schritt zu ihr hinüber und blieb ganz nahe vor ihr stehen, und seine Juwelen funkelten im Licht der Sonne. Sein Bart bestand aus zwei Wochen alten Stoppeln, aber die reichten aus, ihn von dem forschen Imp zu unterscheiden, der er in Ullacarn gewesen war oder von dem behaarten Löwentöter der Wüste. Mit seinen dunkelroten Augen starrte er auf sie herunter.
»Ich habe mich nicht verändert«, sagte er.
Sie versuchte nicht zu zeigen, wie viel ihr das bedeutete. Dann fühlte sie sich schuldig. Sie wollte seine Liebe gegen ihn verwenden, Vergünstigungen erwirken, nicht ihn ebenfalls lieben. Konnte sie das? Königinnen heirateten nicht aus Liebe; sie heirateten aus Gründen der Staatsräson.
War das so viel anders als das, was Rasha in ihren jungen Jahren getan hatte?
Er lächelte, aber es war kein sehr wärmendes Lächeln. Es wirkte allzu überlegt. »Keine Antwort?«
»Azak… ich weiß nicht, was ich sagen soll. Kade hat mich soeben gewarnt, daß wir über Krasnegar immer noch nicht sicher Bescheid wissen. Skarash ist nicht gerade einer der zuverlässigsten Zeugen.«
Azak schnaubte. »Natürlich nicht. Nun, Ihr werdet hierbleiben, als…« Er wand sich und wurde ganz steif. Sie sah, wie Schweißperlen auf seinem Gesicht erschienen.
»Azak! Stimmt etwas nicht?«
Er entspannte sich mit einem Keuchen und erzitterte. »Ich bin gekommen um Euch mitzuteilen, daß wir zur Sultana kommen sollen. Ich habe vielleicht zu lange gebraucht. Das war ein Anstoß, mehr nicht.«
Rasha! Die Spinne im Herzen des Netzes.
»Dann laßt uns gleich gehen!« Er war wütend, weil er Schwäche gezeigt hatte. »Es besteht keine Eile. Habt Ihr einen Schal oder etwas Ähnliches… für den Weg?«
Inos nickte und rannte hinein, um ein Stück Stoff zu suchen, mit dem sie ihr Haar und ihre Schultern bedecken konnte. Kade folgte dichtauf.
4
Bernsteinfarbene Juwelenaugen rollten in ihren Höhlen, um die Besucher zu inspizieren, und das Gesicht des geschnitzten Dämonen verzerrte sich. »Nennt Eure Namen und Euer Begehr!« Auf dem anderen Flügel der Tür verzog der Dämon seine Lippen zu einem Hohnlächeln.
»Sultan Azak von Arakkaran und Königin Inosolan von Krasnegar!« Kein okkulter Betrug
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