Dave Duncan
irgendwelche Rätsel, die die Phantasie herausforderten. Sie sah nicht älter aus als Inos. Schätzten die Männer wirkliche eine derart obszöne Erscheinung? Sahen sie nicht das Gewöhnliche oder die Verachtung?
»Kommt näher«, sagten die feuchten roten Lippen.
Azak und Inos traten langsam vor und blieben erneut stehen. Inos wartete auf Azaks Stichwort, bis ihr klar wurde, daß er sich nicht vor der Hafenschlampe verbeugen würde.
Inos hatte vor langer Zeit ihre eigenen Regeln für eine solche Situation geschaffen, und sie jetzt zu ändern, würde nur Trotz bedeuten, also machte sie einen Knicks. Rasha bestätigte diese Bewegung mit einem Zucken einer schön geschwungenen Augenbraue.
Schließlich fiel Azak auf die Knie und stützte sich mit den Händen ab. Er war nicht freiwillig gefallen, und vermutlich hatte es weh getan. »Ihr scheint nichts dazugelernt zu haben, Muskelmann«, sagte Rasha. »Doch!« Azaks rötlich-stoppeliges Gesicht teilte sich, um in fröhlichem Strahlen die weißen Zähne zu zeigen.
»Erzählt.«
»Ich habe gelernt, daß Ihr Hexenmeister Olybino nicht das Wasser reichen könnt!«
Rasha lehnte sich noch verführerischer gegen den Pfosten des Bettes und streichelte ihn mit ihrer Brust. »Was glaubt Ihr also, wird jetzt geschehen?«
Er zuckte die Achseln. »Ich nehme an, der Hexenmeister wird Euch holen, wenn er dazu kommt, und Eure Worte der Macht fordern. Aber ich glaube kaum, daß eine alternde, mißgestaltete und verstümmelte Hure für ihn von Nutzen ist. Er wird die Worte mit Folter aus Euch herausholen und Euch wie einem Schwein die Kehle durchschneiden!«
»Dabei würdet Ihr natürlich gerne zusehen.«
»Ich würde noch einige andere Dinge gerne sehen.«
»Und gerne dabei helfen?«
»Warum nicht? Ihr habt mir in der Vergangenheit genügend Schmerzen bereitet.«
Jetzt war es an Rasha, die Achseln zu zucken, und die Geste schien ihren ganzen Körper zu bewegen. Sie richtete einen Blick interesseloser Verachtung auf Inos. Von einem derart jungen Mädchen wirkte er unverschämt.
»Ich habe Euch meine Hilfe angeboten, und Ihr habt sie verschmäht. Jetzt hat man Euch enterbt. Ihr seid ein heimatloser Flüchtling.« O je! Es stimmte also. Skarash hatte vielleicht gelogen, aber eine Zauberin hatte keine Veranlassung dazu.
»Eure Hilfe schien unter anderem darin zu bestehen, mich mit einem Kobold zu verheiraten«, sagte Inos und sprach langsam und mit wohl gewählten Worten.
Die Zauberin glitt um den Pfosten herum. »Wenn Ihr Eure Augen nur geschlossen haltet, meine Liebe, dann sind sie alle so ziemlich gleich. Einige sind schwerer als andere, einige haariger, andere tun mehr weh. Das ist alles.«
»Ich kann meine Augen kaum für immer geschlossen halten.« »Ihr habt sie nie geöffnet! Ihr seid eine Närrin.«
Inos spürte keine Wut, nur Begreifen. »Es sieht ganz so aus, als wurde auch ohne meine Gegenwart über mein Königreich verfügt. Es hat niemals eine Möglichkeit für Euch bestanden, mich auf den Thron zu setzen
– das Protokoll hat es verboten.«
Die Augen der Zauberin funkelten wütend auf.
Inos wartete nicht auf eine Antwort. »Ich weiß es zu schätzen, daß Ihr gute Absichten hattet, Eure Majestät. Jetzt bitte ich untertänigst darum, daß meine Tante und ich nach Krasnegar zurückkehren dürfen, wo Ihr uns gefunden habt.«
Rasha lachte voller Hohn, und es klang wie Jubel. »Und den Hund kann ich vielleicht für geleistete Dienste behalten? Wie wäre es mit einer Entschädigung für meinen Jünger, den ich wegen Eurer Dummheit verloren habe? Nein, Inosolan, Ihr habt jeglichen Anspruch gegen mich verwirkt, als Ihr aus meiner Stadt geflohen seid.«
Ihre Stadt? Azak knurrte ohne Worte.
»Ihr habt die ganze Angelegenheit arrangiert!« rief Inos, und endlich wurde sie wütend. »Es war alles Eure Idee, und…«
»Es war Eure Idee, Kätzchen. Ich habe sie Euch nicht in den Kopf gesetzt. Und wenn meine Zauberei ihn nicht davon abgehalten hätte, dann hätte der Muskelmann dort Euch bereits ein Kind gemacht.«
Zorn! Wie konnte diese Schlampe es wagen, solche Lügen zu verbreiten? Inos holte sehr tief Luft…
»Seid still, oder ich bringe Euch zum Schweigen. Er kann Euch nicht ansehen, ohne beinahe an seiner Begierde zu ersticken.« Rasha lachte leise, und Inos lief es kalt den Rücken herunter. »Nein, wir werden Euch hier behalten. Wir werden die königlichen Parasiten lehren, sich nützlich zu machen. Eure Tante werden wir in die Spülküche stecken,
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