Dave Duncan
nichts.« »Einen Magier gefangenhalten?«
»Nein, unmöglich. Aber wenn er ein Magier ist, könnt Ihr ihn ohnehin nicht töten. Der Versuch könnte seine Feindschaft heraufbeschwören.« Kar lachte leise. »Er behauptet, nur ein Geweihter zu sein. Es sollte möglich sein, einen Geweihten aufzuhalten, und ich glaube, diese ehrlichen Burschen hier sind bereit, eine derart gefährliche und schwierige Aufgabe zu übernehmen, als Unterpfand ihres Wunsches, Euch wieder dienen zu dürfen. Eine kleine Wiedergutmachung für ihre armselige Vorstellung heute nachmittag?«
Das war eine verdammt gute Rede, dachte Inos dankbar.
Azak schien ihm zuzustimmen. »Nun gut. Captain, Ihr werdet dafür sorgen, daß dieser Gefangene in strenge Haft genommen wird und ständig unter Bewachung steht. Er darf nicht sprechen, oder er wird Euch zerstören, und Ihr werdet die dicksten Ketten nehmen, die…«
Rap bewegte sich schnell wie der Blitz. Er wirbelte auf dem Absatz herum, nahm zwei Stufen und sprang. Die Bogenschützen kamen hoffnungslos zu spät, nur einer brachte seinen Bogen zum Abschuß. Dieser zischte über den Halbkreis und ging zwischen den Fackelträgern zu Boden, die lautlos umkippten.
Zunächst schienen nur wenige der Wachen zu begreifen, wohin ihr Gefangener verschwunden war. Dann hörten sie das Stampfen von Stiefeln auf Marmor hinter sich, als Rap landete, bereits im Laufschritt und in der Dunkelheit kaum zu erkennen. Er sauste zur Tür, eine schwache, undeutliche Bewegung, schnell wie ein Gepard.
Doch an der Tür standen ebenfalls Wachen, und er kam rutschend vor ihren Schwertern zum Stehen. Inos hörte, wie er etwas sagte. Die Schwerter schienen unschlüssig zu wanken. Da erschien der Rest der Familienväter und begruben ihn unter mächtigen Körpern. Selbst da sah es für einen Augenblick nach einem fairen Kampf aus. Männer schrien, andere flogen durch die Luft. Aber die Chancen waren allzu ungleich verteilt. Der Kampf war beendet. Das Schlagen und Treten nicht.
Inos legte die Hände über die Ohren und schrie »Haltet sie auf, Azak!«
Azak zuckte lediglich die Achseln, aber die Wachen schienen sie gehört zu haben, denn sie hörten auf. Sie brachten Rap mit dem Gesicht nach unten, getragen von acht Männern, zwei an jedem Glied. Man hatte ihm eine Kappe in dem Mund gestopft, damit er nicht sprechen konnte; doch vermutlich war er ohnehin bewußtlos. Sein Kopf hing schlaff herunter, Blut tropfte auf den Boden, schwarz im flackernden Licht der Fackeln.
»Zufriedenstellend!« donnerte Azak. »Tut, was immer Ihr für richtig erachtet, Captain!«
Inos’ Herz setzte aus. Sie wußte nicht, wie sie mit diesem Sultan-Azak umgehen sollte. Alles außer kriecherischer Demut machte ihn wütend. Wenn sie doch nur den einsamen Azak der Wüste herbeirufen konnte, den, der gelacht hatte und Witze gemacht… ihn könnte sie vielleicht rühren, wenn sie beide allein waren. Wenn sie Rap also nur für einige Tage am Leben erhalten konnte, dann könnte sie vielleicht etwas für ihn tun.
»Mylord! Sie werden ihn töten!«
»Nicht ganz!«
Sie lag immer noch auf den Knien; sie hob in einer demütigen Bitte ihre gefalteten Hände. »Kein Blutvergießen! Versprecht mir zumindest das!«
Azak warf ihr wütend einen finsteren Blick zu. »Nun gut! Captain, Ihr werdet kein weiteres Blut vergießen!« Er warf einen Blick über die ganze Truppe und erhob seine Stimme, um jeden einzelnen Mann einzubeziehen. »Doch keiner von Euch kann sich vorstellen, was passieren wird, falls er entkommt. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
Der Captain salutierte mit grimmigem und haßerfülltem Gesicht. Er mußte an die Söhne denken, bei deren Leben er geschworen hatte, und daran, was Azak mit ihnen machen würde. Sie alle mußten daran denken.
»Prinzessin Kadolan!« sagte Azak.
Kade stolperte mit weit aufgerissenen Augen herbei.
»Wir haben uns hier versammelt, um eine Eheschließung zu besiegeln. Eskortiert die Sultana zu den königlichen Gemächern.« Er sah kalt auf Inos hinab. »Eure Frauen erwarten Euch, um Euch vorzubereiten. Ihr könnt mich in Kürze erwarten.«
2
Rumms!
Hä? Der Jotunn öffnete die Augen und erzitterte.
Er lag auf dem Boden eines Bootes, unter einer harten, klammen Decke und einem Himmel, an dem matt und blaß der Morgen graute. Steif? Götter! So hatte er sich nicht mehr gefühlt, seit er sechzehn Jahre alt und frech zu Rathkrun gewesen war, und Rathkrun ihm gesagt hatte, er sei bereit für seine erste richtige Lektion
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