Dave Duncan
Tante Oro ihm natürlich Fragen stellte, dann würde er die Wahrheit sagen müssen, und falls er immer noch hinkte…
»Die Angelegenheit Krasnegar ist bereits erledigt und abgeschlossen!« brüllte Ythbane. Schlechtes Zeichen. In diesen Tagen brüllte er häufig. Als Großvater noch nicht alt war, hatte er nie gebrüllt.
Doch das Schreien würde ihm bei einem Jotunn nicht viel helfen. Der große silberne Bart teilte sich, um große gelbe Zähne zu zeigen. »Bei allem Respekt, Eminenz…«, er sah nicht respektvoll aus, “…das Dokument, das wir unterzeichnet haben, war lediglich ein Memorandum einer Übereinkunft. Es war stets abhängig von der Zustimmung der Volksversammlung der Thans.«
»Und Ihr solltet es schicken nach…«
»Es ist auf dem Weg nach Nordland. Ich erinnere Eure Eminenz jedoch voller Respekt, daß Nordland Monate entfernt liegt und die Volksversammlung nur einmal im Jahr zusammenkommt, im Mittsommer.«
Die Minister flüsterten hinter Ythbanes Rücken, die Staatssekretäre und Herolde rutschten herum und scharrten mit den Füßen. Die Jotnar grinsten hämisch. Ythbane schien anzuschwellen und sich in seiner Toga mit dem purpurfarbenen Saum aufzublasen. »Also wird er erst im nächsten Sommer ratifiziert werden…«
»Ist das nicht offensichtlich?«
»– aber bis dann –«
»Nein! Bis die Nachricht Hub erreicht! Euch ist doch klar, daß die Rückreise ebenfalls Monate dauern wird?« Der alte Mann mit der blassen Haut grinste boshaft auf den Konsul hinunter, und sein Verhalten glich so sehr dem, welches Ythbane Shandie gegenüber an den Tag legte, daß Shandie sich beinahe durch ein Kichern in Ungnade gebracht hätte. Ythbane würde ihn umbringen, wenn er das tat.
Ythbane wirbelte herum und flüsterte eine Weile mit Lord Humaise und Lord Hithire und einigen anderen neuen Beratern, die Shandie nicht kannte; dann wandte er sich wieder dem Botschafter zu, sein Gesicht so dunkel wie der Stiefel eines Postillions.
»Der Wortlaut des Memorandums war ganz speziell. Bis die Entscheidung der Volksversammlung dem Rat seiner Imperialen Majestät überbracht wird, sollen sich beide Seiten so verhalten, als sei die Übereinkunft bereits als formales Abkommen ratifiziert. Der König bleibt in –«
»König?«
»Ja, ähm… wie heißt er noch?… der frühere Herzog von Kinvale!« knurrte Ythbane. Er war jetzt immer so wütend und… oh, nein! Shandies tauber Arm war jetzt so tief gesunken, daß die Schleppe der Toga wieder hinunterzufließen drohte. Gott der Kinder! Was sollte er jetzt machen?
“…und Ihr solltet einen Vizekönig pro tem nominieren, unterstellt dem…« Der Konsul wurde immer lauter und wütender. Wenn das hier zu Ende war, würde er noch tagelang wütend sein. Shandie mußte gähnen. Seine Toga glitt zu Boden. Er mußte wirklich pinkeln. An Krasnegar war er nicht besonders interessiert – er hatte zufällig einige geflüsterte Bemerkungen gehört, es sei ein Ausverkauf gewesen, der Rat habe nur auf dem Papier einen Triumph errungen und das Königreich den Jotnar gegeben. Falls das der Fall war, würde Shandie es sich zurückholen, wenn er erwachsen und ein Krieger-Imperator war, doch in diesem Moment war er viel zu erschöpft, um sich darum zu kümmern. Eine weitere Falte glitt von seiner Hand.
Ythbane war zum Ende gekommen, aber was er auch gesagt hatte, es hatte den großen blonden Bären nicht beeindruckt.
»Wie Ihr wißt, bin ich Botschafter, kein Generalbevollmächtigter, Eminenz. Ich habe niemals behauptet, daß ich die Macht hätte, die persönlichen Rechte des Thans in dieser Angelegenheit zu übergehen. In der Tat, sollte er auf seinem Anspruch bestehen, würde selbst die Volksversammlung ihn als König von Krasnegar unterstützen. Die Thans würden niemals das Privileg eines der ihren verletzen.« Er sah seine grinsenden Gefährten an; dann fügte er hinzu: »Auf jeden Fall nicht bei ihm.«
»Kalkor ist ein mordender, vergewaltigender, barbar–«
Jetzt blies der Botschafter sich auf, und zwar wesentlich wirkungsvoller, als es zuvor Ythbane gelungen war. Er trat einen Schritt näher, sein helles Gesicht war unheilkündend gerötet. »Soll ich dem Than Eure Worte als offizielle imperiale Politik übermitteln oder als Eure persönliche Meinung?« Sein Bellen hallte von der Kuppel wider.
Ythbane trat einen Schritt zurück. Die Minister tauschten besorgte Blicke aus; die Jotunnlakaien grinsten abermals.
»Nun?« brüllte der Botschafter in Erwartung einer
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