Dave Duncan
Rädern! Oder ein Wagen – alle sind anders. Doch die Anzahl der Worte ist besonders wichtig. Meine Sehergabe ist zum Beispiel viel stärker als früher, doch vor allem habe ich viele Fähigkeiten, die ich früher nicht hatte. Magische Fähigkeiten. Und dann können die Worte noch durch Teilen geschwächt werden. Das wissen wir.«
»Ich bin nicht mehr so gut wie früher«, murmelte Thinal mit vorwurfsvollem Blick.
»Du bist immer noch der beste!« sagte Rap eilig. Er wischte sich über die Stirn, als sei er erschöpft. »Ein solcher Vergleich geht in Ordnung, wenn man die Kräfte eines Menschen vergleicht, bevor er ein Wort weitergibt oder mehr von demselben Wort bekommt… aber es bedeutet nicht viel, wenn man verschiedene Menschen miteinander vergleicht. Viel wichtiger ist, der… der dritte Punkt… Mir war nie klar…« Er hielt inne.
»Was ist der dritte Punkt?« verlangte Thinal zu wissen.
»Eine Art angeborenes Talent.« Rap starrte einen Moment lang vor sich hin, ein junger Mann, der mit großen Problemen kämpfte. »Als ich noch Geweihter war, konnte ich die Wellen spüren. Lith’rian gefiel das gar nicht!«
»Wellen?« Kadolan war verwirrt. Meinte er Hexenmeister Lith’rian? »Wie eine Vibration. Die Welt funkelt. Ich dachte, ich würde meine Zähne verlieren, so sehr habe ich gezittert, als ich diese Leiter gemacht habe. Ich nehme an, daß ich mit ein wenig mehr Übung noch besser werde. Hoffe ich jedenfalls! Wie es innerhalb des Palastes aussieht, kann ich nicht sagen, aber ich glaube, ich könnte in einem ziemlich großen Umfeld Zauberei erspüren.«
»Scheich Elkarath ist ein Magier, und er sagte, er könne es nicht. Ganz und gar nicht, sagte er.«
Rap nickte und sackte dann schwer atmend in seinem Stuhl zusammen. »Dann bin ich besser als er. Das könnte durch unsere Worte kommen, wahrscheinlicher aber durch diese dritte Sache – durch uns, uns selbst. Ich spreche… spreche einfach mehr darauf an. So sehe ich das.«
Manche Menschen waren von Natur aus musikalisch und konnten singen oder jedes Instrument spielen lernen, das ihnen gefiel. Andere, wie auch Kadolan, waren unmusikalisch wie ein Stein. Dieser unscheinbare Stalljunge hatte also eine andere angeborene Fähigkeit, eine Gabe für Magie, etwas, das sie nicht hatte. Sie verspürte deswegen eine gewisse Verstimmung. Doch das erklärte auch Inos. Vielleicht hatte Inos überhaupt keine Gabe oder nur sehr wenig, so daß ihr Wort der Macht ihr nicht viel nützte. Das erschien doch höchst ungerecht! Und dann waren da noch die Geschichten des legendären großen Hexenmeisters der Vergangenheit, Thraine – der keinen erwähnenswerten Nachfolger hinterlassen hatte, so weit sie sich erinnern konnte.
Sie fragte sich, warum keine Diener erschienen, um den Tisch abzuräumen, und ihr wurde klar, daß der Faun sie vermutlich davon abhielt. Schließlich erhob er sich und sah sich fragend nach dem Imp um, als wolle er gehen.
»Was ist mit Inos?« fragte Kadolan eilig.
Rap lehnte sich zurück und sah sie ohne mit der Wimper zu zucken an. »Was ist mit ihr?«
»Ihr Unfall. Die Verbrennungen?«
Er nickte bedrückt. »Ich nehme an, dafür war ich verantwortlich, weil ich die Zauberin getötet habe. Falls ich Inos finden kann, werde ich versuchen, den Schaden zu beheben. Der Fluch, der auf dem Sultan lastet, muß jedoch Zauberei sein, und dagegen kann ich nicht viel tun.«
»Und ihre Ehe?«
»Was ist mit ihrer Ehe?« fragte der Faun kalt.
Kadolan war plötzlich beunruhigt. »Das alles war ein schrecklicher Fehler!«
Sein Gesicht war so aufreizend ausdruckslos!
»Ich habe sie gefragt, ob sie aus eigenem, freien Willen geheiratet habe. Sie hat das bejaht. Sie hat nicht gelogen, Ma’am! Lügen kann ich erspüren, das konnte ich schon früher. Es war ihre Entscheidung.«
»Aber… aber… Aber sie dachte, Ihr wäret tot! Sie hatte Euren Geist gesehen, glaubte sie!«
Er erzitterte ganz leicht. »Und ich habe ihren… Aber sie wußte, daß ich lebe, als ich ihr die Frage stellte.« Ganz kurz blitzte der Schmerz in seinem Gesicht auf, verschwand jedoch sofort wieder. »Hat Inos jemals gesagt, daß sie mich liebt?«
Vermutlich sagte ihr Gesicht nein, bevor sie noch den Mund öffnen konnte. »Nun, sie hat oft von Eurer Kindheit gesprochen. Sie war sehr erschüttert, als sie von Eurem Tod erfuhr.«
»Und sie war sehr wütend auf mich, als ich ihre Hochzeit störte.«
Das war ja furchtbar! »Natürlich war Inos wütend! Es war eine
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