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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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Arbeit war er klüger, aber auch älter und ärmer und kein bißchen zufriedener. Wenn er über seine Schulden und häuslichen Probleme in Hub genauer nachdachte, konnte er sich tatsächlich keinen Grund vorstellen, warum er dorthin zurückkehren sollte.
    In der Zwischenzeit mußte er hier im Morgengrauen zwei Stunden verbringen, an jedem einzelnen von elf genau festgelegten Tagen, in der vagen Hoffnung, daß Kalkor genau diese Zeit und diesen Ort aus einer Handvoll anderer Möglichkeiten aussuchen würde. Es bestand keinerlei Möglichkeit für Virgorek herauszufinden, ob die Dokumente, die er bei sich trug, die echten waren oder lediglich weitere Fälschungen. Es war das siebte Mal, das er dasselbe nutzlose Ritual durchlaufen hatte, und das einzig gute war dieses Mal der Nebel. Das war authentisches Orkawetter.
    Das kleine Boot war beinahe in Rufweite, als er es sah. Seine erste Empfindung war Ärger darüber, daß irgend ein dummer örtlicher Fischer in das Treffen hineingeplatzt war und getötet werden mußte, damit er nicht schwatzte. Da bemerkte er das goldene Haar des einsamen Ruderers. Und schließlich erkannte er, daß der Rücken und die Arme des Mannes nackt waren. Bei solchem Wetter schloß eine solch absichtliche Unannehmlichkeit normale Fischer aus. Virgoreks Herzschlag beschleunigte sich beträchtlich, und er wiederholte in Gedanken noch einmal die Parole.
    Kurz bevor er landete, wendete der Ruderer das Boot fachmännisch und ruderte einige Schläge lang rückwärts. Schließlich stützte er sich auf seine Ruder.
    »Was fangt Ihr, Fremder?« rief Virgorek.
    Die Antwort ließ so lange auf sich warten, daß er beinahe die Hoffnung aufgab, doch der Neuankömmling betrachtete nur ihn und den sie umgebenden Nebel.
    »Größer, als Ihr erwarten würdet« kam schließlich die erwartete Antwort. Virgorek hielt seinen Beutel hoch.
»Bringt ihn her!« befahl der Besucher.
    Widerwillig trat der Abgesandte des Botschafters vor in die eisigen Klauen des Westerwassers. Er watete hinaus in die spärlichen Wellen. Noch bevor er das Boot erreicht hatte, klapperten seine Zähne, und das eiskalte Wasser reichte ihm bis zur Lende.
    »Blut ist immer rot«, sagte er, doch fand er, daß seines jetzt vermutlich schon blau war.
    »Und schön.« Der Ruderer trug nichts außer einem Paar Lederkniehosen, und seine Lippen waren weiß vor Kälte. Selbst die Feuchtigkeit ließ sein schweres helles Haar nicht dunkler werden. Seine Augen waren von intensivem Blau und funkelten arrogant. Sein Gesicht war gefühllos – und glatt rasiert, was wirklich eigenartig war für einen Krieger, einen Seemann auf einem Orkaschiff. Noch eigenartiger war, daß er keine Tätowierungen trug. Dennoch wirkte er irre genug, um Bäume zu fressen.
    Doch die Parole war korrekt gewesen. Virgorek, erleichtert, daß seine Nachtwache vorüber war und er niemals wieder zu dieser gottverlassenen Landzunge zurückkehren mußte, fummelte an seinem Beutel herum.
    »Steigt ein«, sagte der Fremde und zeigte mit dem Daumen auf den Bug.
    Der Gesandte des Botschafters zögerte, und die Finger des Kriegers streiften wie zufällig den Griff des Dolches in seinem Gürtel. Virgorek kletterte unbeholfen an Bord und kauerte sich zu einem zitternden Bündel zusammen. Der Ruderer schob das hüpfende Boot mit einigen Schlägen aufs Meer hinaus. Schließlich holte er die Ruder ein und erhob sich unsicher von der Ruderbank. »Ihr rudert. Das wärmt Euch auf.«
    Virgorek richtete sich auf und schob sich in die Mitte des Schiffs. Dann stand er Zeh an Zeh mit dem Krieger. Vielleicht war Hub zum Leben doch nicht der schlechteste Ort der Welt, eine diplomatische Karriere vielleicht doch nicht das schlimmste Schicksal, das ein Mann erleiden konnte.
    »Gebt mir den Beutel«, sagte der Fremde.
»Er ist nur für die Augen des Thans bestimmt.«
    Der unbewegliche Blick aus den saphirblauen Augen war ein Alptraum unausgesprochener Drohungen. »Ich werde ihm den Beutel geben.« Er mußte einer von Kalkors Männern sein, und zwar einer der zuverlässigeren. Also war er erklärtermaßen ein Mörder ohne jegliche Skrupel.
    Virgorek reichte ihm den Beutel und packte die Ruder. Er hatte seit Jahren nicht mehr gerudert, aber ein Jotunn lernt, mit Booten umzugehen, bevor er kämpfen lernt, und kämpfen, bevor er die Sprache beherrscht. Er stemmte sich mit dem Rücken dagegen, um es diesem jungen Emporkömmling zu zeigen, und nach wenigen Minuten fühlte er, wie sein Blut wieder warm durch seine Adern

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