Dave Duncan
nicht ans Stillsitzen gewöhnt, nur ans Stillstehen. Er hoffte, es würde nicht mehr allzu lange dauern, denn sicher würde er bald ein wenig von seiner Medizin brauchen.
Rums! Ythbane hatte soeben das imperiale Siegel auf ein Schriftstück geknallt. Mußte die Resolution sein. Hatte er seine üblichen Bemerkungen darüber gemacht, daß Großvater das akzeptiert habe? Shandie hatte nicht aufgepaßt.
Und jetzt? Zog Ythbane sich aus?
»Gott der Huren!« brummelte der alte Senator hinter Shandie. »Bekommen wir jetzt eine ganze Krönungszeremonie zu sehen?«
Ythbane hatte seine Konsultoga ausgezogen. Shandie sah zu Moms hoch, aber es regte sie offenbar nicht auf, daß er dort wie ein Diener nur in seiner Tunika stand. Jetzt half Konsul Uquillpee ihm, eine purpurfarbene Toga anzulegen. Wie die von Großvater! Irgendwie schien ihm das nicht recht zu sein.
Der taube alte Senator fand das auch. Er wurde noch lauter und ließ sich über Imperiale Ehrungen aus. Aber Moms lächelte, also mußte es in Ordnung sein.
Ah! Da war er, der große Moment. Shandie spürte, wie ein Zittern der Erregung seine Benommenheit durchdrang. Eines Tages würde er das hier tun! Eines Tages würde er die Wächter anrufen, damit sie ihn als rechtmäßigen Imperator anerkannten. Eines Tages würde er so seine Arme durch die Halterungen von Emines Schild stecken und das Schwert erheben und so zum Thron schreiten und es hochhalten, damit alle es sehen konnten. Die Sachen waren nicht sehr eindrucksvoll. Der Schild war verbeult, und das Schwert war auch aus Bronze. Warum hatte ein großer Imperator wie Emine kein Stahlschwert? Irgendwie fühlte Shandie sich betrogen.
Jetzt hatte Ythbane seinen Kreis vollendet und stand dem OpalThron gegenüber. Plötzlich griff Moms nach Shandies Hand und drückte sie ganz fest, und er sah überrascht zu ihr hoch. Sie kaute auf ihrer Lippe und beobachtete Ythbane aufmerksam.
Der alte Senator versuchte zu flüstern, doch in der Kirchenstille kamen die Worte so laut wie ein Trompeten heraus: »Hinter jedem einzelnen stehen fünf, die man nicht sehen kann.«
Niemand sonst sprach ein Wort. Ythbane stieg eine Stufe empor. »Werde keinen Bastard ehren«, knurrte der Senator.
Die zweite Stufe. Ythbane stand vor dem OpalThron.
Er wandte sein Gesicht zum Weißen Thron.
Warum wartete er? Hatte er vielleicht ein wenig Angst?
Ythbane schlug mit einem dumpfen Laut mit dem Schwert gegen den
Schild. Shandie spürte eine Welle der Enttäuschung. Er hatte ein helles, klingendes Geräusch erwartet, das lange, lange verhallen würde. Kein Wunder, daß Schwert und Schild so mitgenommen aussahen, wenn jeder Imperator sie seit dreitausend Jahren derart zusammenschlug.
Aus der gesamten Rundhalle folgte ein langes Zischen, als die Zuschauer nach Luft schnappten. Eine Dame saß auf dem Weißen Thron.
Was sagte man dazu! Sie war gar nicht so alt! Moms sah älter aus. Sie war auch nicht grün. Hatte ungefähr den mittelbraunen Hautton wie Shandie, vielleicht ein wenig gelblicher. Ihr Haar war schwarz und auf ihrem Kopf aufgetürmt. Sie war gewiß nicht schön, aber auch nicht besonders häßlich. Doch ihr Chiton hatte etwas Sonderbares. Er schien zu glühen, und die Falten waren verschwommen, als bestehe der Stoff aus wabernden Nebeln. Das machte Shandie noch benommener, und er sah zur Seite.
Ythbane salutierte mit dem Schwert. Falls Bright Water reagierte, bekam Shandie es nicht mit, denn als seine Augen wieder zum Weißen Thron blickten, war er leer.
Von dem alten Senator erklang ein angeekeltes Knurren. Dem Geräusch nach zu urteilen, kam es von mehreren alten Senatoren.
Ythbane hatte sich jetzt gen Osten gewandt, und Shandie erstarrte instinktiv. Er konnte ohnehin nur den Rücken des Goldenen Throns sehen.
Wieder das Scheppern des Schwerts auf dem Schild, und Hexenmeister Olybino reagierte sofort auf den Anruf. Shandie sah den Helm mit dem goldenen Federbusch über der Rückenlehne des Goldenen Throns.
Moms seufzte und entspannte sich. Zwei reichten aus, erinnerte er sich. Ythbane war von den Vieren als imperialer Regent bestätigt worden. Nun, das war ja keine besondere Zeremonie!
Der Senator knurrte wütend. »Widerlich! Ein Bastard! Kann mir nicht vorstellen, was die Wächter sich dabei denken!« Aber er hatte nicht recht! Shandie wußte es. Der Hoflehrer hatte es ihm erzählt – die Wächter tauchten lediglich auf, um zu zeigen, daß der Kandidat nicht durch Zauberei diese Position erlangt hatte und daß er auch
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