Dave Duncan
vielleicht eine Schönheit gewesen, vielleicht auch noch vor fünf Jahren, doch sie hatte es zugelassen, daß ihr Gesicht einen ständigen Ausdruck von Ablehnung und Unmut angenommen hatte.
Der kleine Junge neben ihnen hatte ein käseweißes Gesicht und wirkte schwächlich; seine Beine steckten so dünn wie Besenstiele in seiner Hose. Er gab sich eigenartig zurückhaltend und war viel weniger an den Ereignissen interessiert, als es für ein Kind seines Alters angemessen gewesen wäre. Jetzt sah Inos, warum Eigaze ihn den >armen kleinen Prinz< nannte. Uomaya saß auf einem Stuhl neben dem Thron, der Junge stand auf der anderen Seite des Regenten und starrte ausdruckslos auf das leere Feld.
Der Marquis hatte die Nachricht offenbar überbracht, denn kaum saß Ythbane, suchte er schon den Blick des Senators. Seine Augen verzogen sich zu bedrohlichen Schlitzen, als sein Blick auf den Djinn fiel.
Ein Page mit lockigen Haaren rannte zu Epoxague, der wiederum nickte Azak zu und begann, sich einen Weg durch die Menge zu bahnen. Inos folgte ihm, und ihr Herz begann heftig zu klopfen. Jedes Mädchen in Pandemia träumte davon, eines Tages bei Hofe eingeführt zu werden. Sie war da keine Ausnahme, doch hatte sie sich stets einen freundlichen alten Imperator in einem riesigen, hell erleuchteten Ballsaal vorgestellt, nicht diesen schlammigen Rasen und einen Stellvertreter, der mehr als Besatzer betrachtet wurde und auf einem ziemlich häßlichen Ding aus vergoldetem Holz unter einem losen Lederbaldachin saß.
Die Höflinge in der Nähe machten widerwillig Platz. Ythbanes Gesicht war vor lauter Argwohn ganz dunkel. »Senator! Man hat uns berichtet, daß Ihr uns etwas Wichtiges mitzuteilen habt?« Sein Gesichtsausdruck sagte, daß es sich dabei besser um eine gute Nachricht handeln sollte.
»Eure Imperiale Hoheit!« Epoxague verbeugte sich vor dem Regenten und dessen Frau. Die Umstehenden betrachteten ihn berechnend. »Erstens habe ich die Ehre, Euch einen entfernten Verwandten vorzustellen, der mich gestern abend unerwartet aufgesucht hat – seine Majestät Azak ak’Azakar ak’Zorazak, Sultan von Arakkaran.«
Azak nahm mit einer impischen Geste seinen Hut ab, doch dann verbeugte er sich mit der für Djinns typischen Verrenkung.
Der Regent errötete vor Wut. »Ein Abgesandter, Eure Eminenz? Dies ist weder der Ort noch die Zeit!«
Inos bemerkte überrascht, daß Epoxague nervös war. »Nein, Eure Hoheit! Seine Majestät besucht die Stadt der Götter nur, um vor den Vier Wächtern Beschwerde einzulegen.«
Ythbane war ganz deutlich überrascht und vielleicht auch erleichtert, daß sein Krieg nicht in Gefahr war. Er sah zu einigen Zuschauern – Beratern vermutlich – hinüber und traf dann eine schnelle Entscheidung. »Dieses Recht gehört zu unseren ältesten Traditionen, Eure Majestät.« Seine Stirn glättete sich. Epoxague hatte bereits zuvor angedeutet, daß das persönliche Prestige eines einfachen Regenten dadurch gehoben werden könnte, daß er den großen okkulten Rat anrief. Vielleicht gingen derlei Gedanken nun in Ythbanes Verstand herum. »Wir werden gerne schon bald Näheres über Eure Petition erfahren. Falls sie den Erfordernissen des Protokolls entspricht, werden wir unsere uralten Pflichten erfüllen und Euer Verfahren unterstützen.«
Da bemerkte er Inos. Keine Djinn! Seine Augen verzogen sich wieder zu Schlitzen.
»>Erstens< habt Ihr gesagt, Senator?«
»Zweitens, Eure Majestät…« Epoxague holte tief Luft und sah sich um, als wolle er sich vergewissern, daß Inos noch dort stand und nicht durch Magie in irgendeine entfernte Ecke der Welt verschlagen worden war. »Euer erlauchter Vorgänger ist schlecht informiert worden. Diese Dame ist die Ehefrau des Sultans Azak, Sultana Inosolan von Arakkaran…«.
Ythbane wollte schon ein formelles Lächeln zeigen und hielt plötzlich inne.
»…sowie eine entfernte Verwandte von mir… und ebenso die rechtmäßige Königin Inosolan von Krasnegar.«
»Ihr beliebt zu scherzen!« antwortete der Regent tonlos.
»Ich fürchte nicht, Eure Majestät. Sie ist, wie Ihr sehen könnt, sehr wohl am Leben. Berichte über ihren Tod entbehren jeder Grundlage.« Der Regent, seine Frau, die Höflinge innerhalb Hörweite… sprachlose Stille… entsetzte Blicke…
Ythbane erholte sich als erster. »Könnt Ihr Euren Anspruch beweisen, Ma’am?« Inos erhob sich aus ihrem Knicks und sah ihn direkt an. »Vor den Wächtern werde ich es beweisen, sollte Eure
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