Dave Duncan
Vereinzelte dicke Tropfen kamen vom Himmel. Die Massen schienen sich zurückzuziehen, doch noch waren keine sichtbaren Lücken zwischen den Menschen entstanden. Die Husaren ritten wieder in Reih und Glied.
»Ihr habt unseren Wettstreit gewonnen«, rief Ythbane. »Ihr werdet nicht kaltblütig einen kranken Mann abschlachten.«
»Ihr habt in die Abrechnung eingewilligt! Angilki muß sterben!« »Nicht, wenn ich es verhindern kann! Es gibt noch eine Anwärterin auf den Thron von Krasnegar!«
Diese Neuigkeit übte einen sonderbaren Zauber auf den Than aus. Sein heißhungriger Zorn erlosch wie eine Kerzenflamme im Sturm. Er beruhigte sich, und seine Augen – sogar auf diese Entfernung unheimlich blau – glitten über die Menschen, die beim Thron standen, bis sie sich auf Inos hefteten.
»Aha!« Jetzt kreischte Kalkor übermütig auf und warf die Axt locker über seine Schulter – sie flog gut zehn Schritt weit davon. Legionäre stoben auseinander, als er auf sie zutrat. Er rannte flink den Wall hinauf und versuchte dann, Inos zu fassen zu bekommen. Er blieb so nahe vor ihr stehen, daß sich ihre Zehen beinahe berührten. Sie konnte nicht zurückweichen, weil Azak, Eigaze und der Senator mit einigen anderen Gästen hinter ihr standen, sonst wäre sie vielleicht schreiend geflohen. Sie versuchte, vor dem blutrünstigen Mörder nicht zusammenzuschrekken.
Er war sehr groß. Nicht ganz so groß wie Azak, aber auf jeden Fall groß genug, um sie einzuschüchtern. Sie mußte ihren Kopf zurücklegen, um sein triumphierendes Grinsen zu sehen, und der Gestank von Blut drehte ihr fast den Magen um. Mit in die Hüften gestemmten Fäusten betrachtete der berüchtigte Mörder und Vergewaltiger sie schadenfroh.
»Ihr seid also da, Inosolan! Was habt Ihr bloß mit Eurem Gesicht angestellt. Eine Option scheidet damit schon mal aus. Und wo ist Euer Faun mit dem Waschbärengesicht?« Er sah sich um, und durch seine Größe konnte er die gesamte Hofgesellschaft überblicken.
Die Höflinge wußten nicht, was sie tun sollten. Ythbane schäumte, weil er derart ignoriert wurde. Langsam regnete es sich ein.
Inos’ Gedanken rasten und hielten sich an einem Punkt fest – Epoxague hatte richtig geraten. Kalkor wußte von der Prophezeiung. Er wußte sogar von Raps Tätowierungen, und er hatte Inos so leicht ausfindig gemacht, daß er über eine detaillierte Beschreibung von ihr verfügen mußte.
Außerdem hatte er die Kette der Wachen ohne sichtbare Mühe durchbrochen. »Tot! Rap ist tot«, sagte Inos, zog ihren Umhang enger um sich und bemühte sich, nicht zu zittern. Außer Azak zogen sich alle langsam vor dem wütenden Wahnsinnigen zurück.
Die saphirblauen Augen blitzten sie an. »Oh, das war sehr nachlässig von Euch. Ihr habt mir den Spaß verdorben.« Er ließ ein Lächeln aufblitzen – weiße Zähne in einer blutbesudelten Maske. »Ganz sicher?«
»Ja.«
Er akzeptierte ihre Worte, ohne zu zögern. Langsam wurde er gereizt. Der Regen verdünnte das Blut, mit dem er besudelt war, so daß rote Rinnsale über seine Brust und sein Gesicht liefen. »Sehr ärgerlich. Und wer wird jetzt für Euch kämpfen? Wer ist der Mühe wert?«
»Kommt her, Nordländer!« brüllte Ythbane von seinem Thron. Kalkor ignorierte ihn, und sein funkelnder Blick legte sich auf Azak, der nur wenig größer war, doch vermutlich bloß, weil er Stiefel trug. »Der hier?« Der Jotunn lachte verächtlich. »Ein kamelliebender Djinn?« »Meine Frau zieht ihren Anspruch zurück«, sagte Azak mit erstaunlicher Ruhe. »Behaltet Eurer kleines mieses Königreich.«
Ythbane sprang vom Thron und lief herbei. Die Prätorianer folgten ihm eilig. Seine Frau stöhnte auf und legte eine Hand über ihren Mund, als sie ihm nachstarrte. Der kleine Prinz machte ein Gesicht, als sei er minderbemittelt.
»Azak –« sagte Inos.
»Schweigt, Frau! Ihr braucht keine Herausforderung, Than. Sie erkennt Euch als König von Krasnegar an.«
»Nein, Azak! Ich sagte, ich ziehe meinen Anspruch nur zurück, wenn –«
»Schweigt«, brüllte Azak Inos gerade an, als der Regent neben ihr auftauchte und Kalkor ihr ins Gesicht spuckte. Sie prallte gegen Epoxague zurück, sprachlos vor Entsetzen.
»Halt!« fuhr der Regent ihn an. »Das reicht jetzt!«
Kalkor richtete seinen eisblauen Blick auf ihn. »Hütet Eure Zunge, Imp! Ich bin ein Than aus Nordland – verletzt Eure eigene Zusicherung des sicheren Geleits, und ich verspreche Euch, daß die Küsten des Impire mehrere Generationen
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