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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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stehengeblieben und sah dem Troll zu.
    Als der Troll seine Vorstellung beendet hatte, ließ Kalkor die Axt sinken, bis die Klinge das Gras berührte, und schwang die Waffe dann gen Himmel. Sie wand sich hinauf, immer weiter… noch höher als die Zuschauer in der obersten Reihe… sie schien in der Luft zu hängen… und schließlich fiel sie immer schneller, immer schneller. Kalkor fing sie mühelos auf, ohne auch nur einen Fuß zu bewegen. Die Zuschauer stöhnten tief und bedauernd auf.
    Konnten menschliche, weltliche Muskeln ein solches Wunder ohne Hilfe vollbringen? Inos wußte, wie schwer diese Äxte waren, denn das Fenster hatte gezeigt, wie Kalkor sich anstrengen mußte, um sie auf Armeslänge von sich zu halten. Und jetzt war er plötzlich dazu in der Lage, Zirkuskunststückchen mit ihr zu vollführen?
    »Zauberei!« murmelte die Stimme des Senators irgendwo hinter ihr. Niemand widersprach ihm.
    Die beiden Gegner gingen durch die Stille wieder aufeinander zu, viel langsamer als zuvor, und hielten ihre Waffen bereit. Sie blieben so weit voneinander entfernt stehen, daß sie sich nicht erreichen konnten – vielleicht sprachen sie miteinander und verhöhnten sich gegenseitig.
    Der Troll regte sich als erster mit unerwarteter Wendigkeit. Er schwang seine Axt wie einen Säbel, um seine übermenschliche Stärke und Reichweite auszunutzen und sprang horizontal gegen den Hals seines Gegners. Kalkor versuchte nicht zu parieren, und er war auch nicht dumm genug, denselben Schlag zu probieren – da er nicht so massig wie Mord war, hätte er sofort das Gleichgewicht verloren. Statt dessen trat er flink einen Schritt zurück und hielt dabei seine Axt in beiden Händen vor seiner Brust. Der Troll folgte ihm und stieß mehrmals mit der großen Klinge nach ihm. Kalkor zog sich zurück und blieb außer Reichweite. Die Menge brach in Hohngelächter aus.
    Das konnte noch unendlich lange so weitergehen, dachte Inos. Man sagte, daß Trolle niemals müde wurden, sie waren bekannt dafür, daß sie so lange arbeiteten, bis sie tot umfielen.
    Darauf wartete Kalkor nicht, und er schlug so schnell zu, daß Inos einen Moment brauchte, bis sie begriff, was sie gerade gesehen hatte, denn sie hatte die Bewegung nicht bemerkt. Der Than mußte sich geduckt, dann das Handgelenk des Trolls durchschlagen haben und zur Seite geschlüpft sein, damit die Axt nicht auf ihn fiel. Nicht nur sie war überrascht
– eine Sekunde lang schien keiner der Zuschauer und auch Mord selbst zu begreifen, was soeben geschehen war. Seiner Last beraubt, war Mords Arm nach oben geschnellt, als habe er einen eigenen Willen. Der Koloß stand einfach nur mit erhobenem Arm da und starrte auf das Blut, das aus seinem Stumpf hervorpulste. Zu spät schloß Inos die Augen und legte sich die Hände über ihre Ohren, um das animalische Heulen der Zuschauer nicht hören zu müssen.
    Als sie wieder hinsah, stand Kalkor auf der Leiche, hielt den riesigen Kopf in seinen Händen und drehte sich langsam, damit alle das Gesicht des Toten sehen konnten.
    Azak flüsterte ihr etwas ins Ohr. »Ich wollte schon immer die Stadt der Götter besuchen. Wir Barbaren haben ja so viel über Zivilisation zu lernen.«

3
    »Gebt mir Angilki!«
    Kalkor war ganz nahe an den Fuß des Walles herangekommen und stand jetzt in nächster Nähe des Throns. Er hielt immer noch die große Axt in der Hand, stolz trug er das Blut des Trolls. Haare, Gesicht, Torso – alles war an diesem trüben Tag blutrot. Der Zenturio hatte seinen Männern bereits befohlen, die Waffen zu ziehen, und eine Kette von Schwertern stand zwischen dem blutbesudelten Than und dem Abhang. Er sah wahnsinnig wütend aus und bereit, sich mit der Axt durchzuschlagen.
    Der Regent lehnte sich auf dem Thron nach vorne und wirkte kaum weniger zornig. Sein Plan, die Welt von dem Krieger zu befreien, war ein katastrophaler Reinfall. »Er ist nicht hier. Er ist im Krankenhaus.«
    »Holt ihn!« kreischte der Than. »Er sollte hier sein! Er muß geholt werden. Er muß mir gebracht werden, damit ich Satisfaktion bekomme!« In seiner Wut hüpfte er von einem Fuß auf den anderen und konnte sich kaum im Zaum halten. »Ich verlange seinen Kopf!«
    Die Legionäre standen so starr wie gespannte Bögen. Inos hatte Raufereien der Jotnar auf den Straßen von Krasnegar beobachtet, und sie wußte, in welchen Blutrausch sie verfallen konnten, doch noch nie zuvor hatte sie echte Mordlust und einen Wahnsinnigen wüten sehen.
    Endlich begann es zu regnen.

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