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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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er die Leiche rituell abschlachtete, doch er ignorierte sie.
    Er würde gewiß nicht nur mit einem Fell bekleidet vor Inos erscheinen, aus dem noch haarigere Beine hervorschauten. Er verabscheute seine Beine. Als Kind hatte er seine zerdrückte Nase gehaßt und sein unmögliches Haar, all die anderen hatten darüber gelacht. Er hatte sich schließlich daran gewöhnt, doch auf seinen Beinen waren die Haare wie Unkraut gesprossen und hatten ihm einen Grund gegeben, etwas noch mehr zu verabscheuen als sein Gesicht. Er wünschte, die Götter hätten ihm die Beine eines Jotunn gegeben, als sie seine gemischten Erbanlagen zusammenrührten. Nun, solche Probleme konnten Zauberer lösen. Er brauchte nicht einmal die Kleider zu holen, die er im Zelt zurückgelassen hatte, oder einen diskreten Ort aufzusuchen, wo er sich umziehen konnte. Während er durch den Regen schritt, gab er sich völlig neue Kleider. Er machte gute, praktische Kleider aus bequemem, weichem Leder, wie die Arbeitskleidung, die Verwalter Foronod auf dem Felde trug. Er gab ihnen ein schlichtes, strapazierfähiges Braun. Sie waren jetzt das Werk eines Zauberers, nicht eines Magiers, und daher dauerhaft. Der Unterschied war ihm jetzt ganz klar.
    Während er in seinen neuen Stiefeln dahinstapfte, grübelte er dumpf nach. Kalkors Tod hatte kein Problem gelöst. Er hatte Gathmor nicht zurückgebracht und ließ Krasnegar ohne Monarchen zurück. Raps Jotunntemperament hatte er gewiß nicht beruhigt. Wenn er es dabei beließ, mochte diese schreckliche Wut noch tagelang anhalten. Er konnte spüren, wie sie in ihm tobte und ein Opfer der Zerstörung suchte. Doch darauf kam es vielleicht gar nicht mehr an, denn er würde bald sterben.
    Warum? Er wollte nicht unter brennenden Todesqualen sterben! Er wollte überhaupt nicht sterben, und zu wissen, was einem bevorstand, machte es nur noch schlimmer.
    Die Postenkette der Legionäre machte ihm widerwillig Platz. Heute war der Baldachin viel größer als am Tag zuvor, und die meisten Anwesenden hatten sich darunter gesammelt und ihre Wachen draußen im Regen bei den Dienern stehenlassen. Hatten sie Angst, sich eine Erkältung zu holen?
    Rap schritt den Wall hinauf zu dem kriecherischen kleinen Regenten auf seinem dummen Holzthron. Er machte die kleinste Verbeugung, die seiner Meinung nach gerade eben keine öffentliche Beleidigung darstellte.
    Das hatte man bemerkt – er erspürte das versteckte Lächeln und das Stirnrunzeln von den verschiedenen politischen Fraktionen, die repräsentiert waren. Der Imperiale Hof würde stets ein Korb voller Hummer bleiben, die übereinanderrutschten und bissen, um nach oben zu kommen.
    Er verachtete sie, diese reichen Parasiten in ihren bestickten Umhängen und feinen Mänteln, in ihren kunstvollen Spitzen und gepolsterten Hosen. Gestern hatte er schon nicht viel von ihnen gehalten, und heute konnte er mit der Einsicht des Zauberers all ihre Gedanken lesen. Die Verachtung beruhte auf Gegenseitigkeit. Er konnte ihre geschürzten Lippen sehen und die hochgezogenen Augenbrauen, wie sie den Bauerntrampel von Zauberer verachteten, ihre kleinen Blicke nervöser Heiterkeit.
    Ganz hinten, unter offenem Himmel, grinste Little Chicken beim Gedanken an all die barbarischen Dinge, die er Rap antun würde. Träum weiter, kleines grünes Ungeheuer! Armes Kobold-Würstchen, dazu verdammt, von seinem Opfer betrogen zu werden! Als Rap ihn in der Hütte zurückgelassen hatte, zerschlug der Kobold eifrig mit den bloßen Händen Feuerholz, um zu sehen, wieviel Stärke er aufgegeben hatte. Nun, er würde sie bald zurückbekommen.
    Der stämmige alte Nordlandbotschafter neben ihm versuchte, unbeteiligt zu wirken, doch seine Befriedigung war für einen Zauberer deutlich erkennbar. Es hatte ihm offensichtlich nicht gefallen, daß Kalkor an seinem privaten Pinkelbaum geschnüffelt hatte. Keiner trauert um dich, Kalkor. Niemand trauert.
    Der große stämmige Djinn stand in seinen verabscheuungswürdigen Fluch eingehüllt und war starr vor Furcht und Schuldgefühlen. Er verbarg sie gut unter einem arroganten Grinsen, doch nicht gut genug. Er hatte versucht, Rap auf höchst widerliche Weise zu töten, und jetzt war sein Opfer ein Zauberer. Drückte das ein wenig auf die Blase, Sultan? Rumorte es ein wenig in den Gedärmen? Der Riese war dem Zwerg Zinixo gar nicht so unähnlich. Warum nahmen solche mißtrauischen Männer stets an, daß andere ebenso rachsüchtig waren wie sie selbst? Glaubte er, Rap würde Inos jetzt

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