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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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zur Witwe machen? Ja, das glaubte er, denn er würde es tun, wenn er an Raps Stelle wäre. Mordlüsterner Wilder! Wie hatte Inos nur diesen… aber das war ihre Angelegenheit.
    »Ein äußerst unerwarteter Blitz, Master Rap«, sagte der Regent. »Ich höre vom Botschafter, daß Ihr jetzt berechtigt seid, Euch >Than-Mörder< zu nennen!«
    Oh, er war niederträchtig! Er verursachte Rap Gänsehaut. Doch er verfügte nicht über Magie. In der Nebenwelt sah er genauso aus wie in der weltlichen Umgebung – abgesehen davon, daß Raps Sehergabe solch banale Dinge wie Kleider durchdrang und so sehen konnte, daß der Regent trotz seiner impischen Gesichtszüge zum Teil ein Mermann war und sein Haar und die Augenbrauen schwarz gefärbt hatte, um diese Tatsache zu verbergen. Sein krankhafter Ehrgeiz war eine Mißbildung seiner Seele.
    »Nennt mich wie Ihr wollt, Hoheit.« Widerstrebend wandte Rap Gesicht und Verstand Inos zu und traf auf ein Lächeln wie ein Sonnenaufgang im Sommer. Ihr zypressengrüner Samtumhang war mit Millionen feinster Diamanten aus Feuchtigkeit übersät. Er spielte kurz mit dem Gedanken, sie in echte Diamanten zu verwandeln. Nun, zumindest war Little Chikken nicht der einzige, der sich darüber freute, daß Rap die Abrechnung überlebt hatte. Aber warum mußte sie das so offenkundig zeigen? Selbst Normalsterbliche konnten ihren Gesichtsausdruck deuten.
    Inos, nein! Hör auf damit!
    Ihre Tante stand ganz in der Nähe und strahlte aus Stolz auf ihren Protege, den Zauberer, als sei er ihre ureigenste Erfindung. Nun, er hatte nichts dagegen.
    »Ich denke, wir sollten den Hof nun in die Rundhalle verlegen«, kündigte der Regent an. Der Gedanke verursachte ihm Unbehagen, sehr wahrscheinlich, weil er dort am Abend zuvor so furchtbar erniedrigt worden war, doch er verbarg seine Gefühle hinter seiner üblichen Aufgeblasenheit. »Es wird nötig sein, daß die Wächter bestätigen, daß der Than durch einen Akt der Götter getötet wurde und nicht durch Zauberei.«
    Er besaß die Unverfrorenheit, Rap bei diesen Worten affektiert anzugrinsen!
     
    »Es war Zauberei!« sagte Rap hart.
    Der Mermannbastard erblaßte, und die Höflinge um ihn herum schreckten einen Schritt zurück. Seine muffige, sauertöpfische Frau stieß ein Wehklagen aus. Sogar der kleine Junge taumelte zurück.
    Rap sah sich den kleinen Jungen genauer an.
Was im Namen aller Götter stimmte mit ihm nicht?
    Das ging Rap nichts an! Er hatte niemals ein Zauberer sein wollen. Oder doch? Er hatte Sagorn ein Wort gestohlen und war dann vor Little Chikken zu Kreuze gekrochen, um ein weiteres zu bekommen. Er hatte nach besten Kräften intrigiert, um Zauberer zu werden – wem wollte er etwas vormachen?
    Der alte Mann im Hintergrund, der wie ein Paket in seine Lumpen eingehüllt war und auf seinem Stuhl zusammengesunken dasaß – das mußte der alte Imperator sein. Rap hatte viel Gutes über ihn gehört, der arme Mann. Sein Licht brannte jetzt nur noch schwach; und doch brannte es noch. Gestern, als Magier, hatte Rap sich arge Sorgen um den Zustand des alten Mannes gemacht. Heute fand seine viel stärkere Weisheit als Zauberer das Problem sofort. Er erschauerte, als er das pulsierende, schwarze, spinnenähnliche Ding unter der Schädeldecke des alten Mannes erspürte. Das gehörte dort nicht hin! Konnte er es entfernen, ohne das Gehirn zu beschädigen? Sehr wahrscheinlich würde ihm das gelingen, doch auch das war nicht seine Angelegenheit. Er konnte nicht losgehen und alle Kranken dieser Welt heilen. Imperatoren waren ohnehin tabu.
    Die schwerfälligen Mühlen imperialer Politik knirschten immer noch entlang der schlammigen Wege weltlicher Gedanken. »Dann habt Ihr womöglich das Protokoll verletzt, Zauberer«, sagte der Regent. »Der Than war ein Botschafter aus Nordland, und Nordland könnte der Meinung sein…« Er ließ sich leiernd weiter über Politik und das Recht der Nachfolge und sonstiges Geschwätz aus.
    Die kriecherischen Höflinge, die um ihn herumstanden, nickten zustimmend und grinsten über den armen Bauerntölpel, der es nicht besser wußte, und sie trösteten sich mit dem Gedanken an die Wächter.
    War es das, was hinter dem Weißen Grauen steckte? Daß Rap von den Vieren verurteilt und getötet werden würde? Nein, Lith’rian und Bright Water hätten sicherlich bemerkt, welche Rolle sie selbst in dieser geheimnisvollen kryptischen Zukunft spielten. Das konnte nicht sein.
    Warum mußten sich also diese Wächter – hol sie der Teufel!

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