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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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entfernte die Decke von ihrem Schoß. »Danke sehr. So ist es viel besser.«
     
    Master Odlepare war kreidebleich geworden. Sein Mund stand offen.
    »Ein Faun?« Er würgte. Kutscher waren häufig Faune, aber der ehrenwerte Sekretär hätte merken müssen, daß ein Achtergespann nicht gut ohne Postillion vom Kutschbock aus gelenkt werden konnte.
    »Ein Faun«, erwiderte Kade ruhig. »Ihr wart der Sekretär des Herzogs, nicht wahr? Ich habe hier eine Kopie der Rechnungen, die mit der letzten Steuerüberweisung aus Kinvale eingereicht wurden, und einige der Zahlen erscheinen mir ein wenig sonderbar. Habt Ihr etwas damit zu tun?«
    Er würgte wieder und nickte.
    »Angenommen, weitere Bauaktivitäten würden beschnitten oder sogar eingestellt, wie viele Leute könnten Eurer Meinung nach aus der Arbeiterschaft freigestellt werden?«
    Inos, die das dringende Bedürfnis zu kichern niederringen mußte, wandte sich zum Fenster und wischte ein kleines Stück der Scheibe frei. Kade hatte in Kinvale bereits zeitweise die Geschäfte geführt, wenn Ekka krank gewesen war oder Kinder bekommen hatte. Falls Master Odlepare angenommen hatte, die neue imperiale Reichsverweserin sei so konfus, wie sie immer vorgab, dann stand ihm ein böses Erwachen bevor.
    Die Kutsche gewann an Geschwindigkeit, der Schnee wurde dichter. Der Kutscher hielt nicht einmal an, um die Pferde zu wechseln. Kurz vor Mittag wurde er langsamer, um von der Hauptstraße abzubiegen. Inos spähte noch einmal durch ein beschlagenes, regennasses Fenster und erkannte die Tore von Kinvale.

7
    Kinvale erschien fremd und unheimlich. Durch die luftigen Hallen wandelten keine Gäste, zum Nachmittagstee oder bei abendlichen Banketten spielten keine Orchester auf. Ein Großteil der Möbel stand unter Staubschutzhüllen verborgen, und die Kamine waren kalt.
    Rap und der Kobold versorgten die Pferde und waren nicht mehr gesehen. Die Bediensteten und die Töchter des Herzogs begrüßten Kade unter Freudenschreien, und sie waren sehr erleichtert, daß die lange Spannung nun ein Ende hatte. Der Imperator hätte keinen willkommeneren – oder tüchtigeren – Vormund finden können. Sie übernahm mit Leichtigkeit die Zügel, beruhigte besorgte Gemüter und äußerte höfliche Bitten, und die Männer und Frauen beeilten sich, ihr zu gehorchen. Inos durchwanderte die feuchten und leeren Zimmer wie ein Geist – die letzte der großen Armee unverheirateter vornehmer Damen, die viele Jahre lang hierher gekommen waren, um einen passenden Partner zu finden. Hätte ihr Vater Sagorns Rat angenommen und das magische Fenster befragt, wäre sie nie dabei gewesen. Plötzlich nahm ihr eine Vision den Atem: sie selbst mit einem bräunlichen Baby mit breiter Nase und wirrem Haar.. Nein, dazu wäre es nicht gekommen, aber hätte Holindarn seine Tochter an seiner Seite gehabt, hätte er seine schlechte Gesundheit doch gewiß erkannt und die nötigen Schritte unternommen, Inos zu verheiraten und ihre Nachfolge zu sichern? Vielleicht auch nicht. In jenen Tagen war sie ein eigensinniges, unwissendes Kind gewesen. Foronod und die anderen Jotnar hätten sich immer noch gegen eine jugendliche, weibliche Regentin sperren können. Sicherlich hätten sie ihren Einspruch gegen Rap als Gefährten eingelegt.
    >Was wäre gewesen, wenn< waren völlig nutzlose Gedanken. Was würden die Menschen heute sagen? Lebte Foronod noch? Der Bischof? Mutter Unonini?
    Am folgenden Morgen ließ Inos eine Kutsche vorfahren und fuhr nach Kinford zum Einkaufen. Kleider aus Hub waren in Krasnegar nutzlos; sie waren nicht warm genug, und einige waren auch nicht anständig genug. Sie kaufte Kleidung aus Wolle und Fellen mit einfachen, praktischen Schnitten.
    An jenem Nachmittag begann sie, einen Schrankkoffer zu packen, doch für den Rest des Tages und an den beiden folgenden hatte sie wenig mehr zu tun, als voll quälender Erwartung durch die widerhallenden Flure zu laufen.
    Wie konnte er es wagen, sie so im Stich zu lassen? Einige Male ging sie zu den dunstigen, scharf riechenden Ställen und rief »Rap! Komm sofort her! Ich brauche dich!« Sie versuchte es auch an anderen Orten, doch es klappte nicht.
    Die Bediensteten begannen allmählich, sie merkwürdig anzusehen.
    Am dritten Tag kam Kade von ihren Buchhaltungsaufgaben und wedelte mit einer Gästeliste, die sie für den Frühling vorbereitet hatte. Sechs Monate Trauer seien genug, sagte sie strahlend, und dem Herzog würde elegante Gesellschaft vielleicht gut tun. Unsinn!

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