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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kade wollte Gesellschaft für Kade, doch Inos sah, daß Kinvale bald wieder so heiter wie früher sein würde, und ihr Herz flatterte aus Angst vor der eigenen Zielstrebigkeit.
    Schließlich fragte sie sich, ob Rap diese Folter geplant hatte, um ihre Nerven zu testen. Dieser Gedanke stärkte ihren Willen mehr als alles andere – er zweifelte wohl an ihr, was? Wie konnte er es wagen! Der dritte Abend kam und ließ sie im unklaren, ob Rap – oder auch Little Chicken – überhaupt noch existierten. Im Zwielicht stieg der Vollmond riesig, orange und unheilvoll in den nordwestlichen Himmel auf. Inos schloß vor seinem Anblick die Vorhänge. Sie nahm mit Kade ein gemeinsames Abendessen ein, das sehr darunter litt, daß beide versuchten, einander aufzumuntern.
    Aber Inos hatte keine Zweifel, daß er kommen würde. Was immer er tat
– und im Augenblick lag Inos eine ganze Liste seiner Versäumnisse auf der Zunge –, Master Rap war ein Mann, der sein Wort hielt.
    Sie zog sich in ihr Zimmer zurück und kleidete sich für Krasnegar in ein langes Wollkleid in Zypressengrün. Sie konnte damit rechnen, daß es in der Stadt auch in den Häusern kühl war, doch ihr dickes Kleid und die noch dickere Unterwäsche kamen ihr in Kinvale unerträglich warm vor. Sie klingelte nach einem Lakai, damit er ihr Gepäck verschnürte. Dann war sie bereit.
    Bekleidet mit einem Pelzmantel und dicken Handschuhen ging sie in die Bibliothek, um zu warten – selbst in der ungeheizten Dunkelheit des verlassenen Hauses war ihr glühend heiß. Dort brannte ein fröhlich flakkerndes Feuer, und er konnte sie finden, wenn er soweit war.
    Als sie die Tür öffnete, hörte sie Stimmen.
    Die Bibliothek war sehr groß, geschmackvoll und behaglich – normalerweise. An diesem Abend war sie mit Schatten und dem eigenartigen Gefühl des Unheimlichen angefüllt, und es lief ihr kalt den Rücken hinunter. Weißverhüllte Möbel wirkten wie die Geister von Bisons. Auf der anderen Seite ruhte Rap bequem im Licht des Feuers und einer einzelnen flakkernden Kerze in einem Sessel. Ihm gegenüber saß der Kobold.
    Automatisch wandte sich Inos zum Gehen. Dann erinnerte sie sich daran, daß ihr Vater stets gesagt hatte, niemand könne einen Zauberer belauschen. Sie entschied, daß er sie wohl gerufen hatte, und so blieb sie stehen und hörte zu, die Türklinke noch in der Hand.
    “…als Königin«, sagte Rap. »Und zwar heute abend. Ich hätte gerne einige Tage, bis sie sich eingelebt hat.«
     
    Einige Tage?
     
    Der Kobold knurrte und murmelte etwas in seine großen Fäuste, die zusammengeballt auf seinen Knien lagen.
    »Nein«, antwortete Rap. »Du kannst hierbleiben und warten, wenn du möchtest. Oder auch mit uns kommen. Das macht keinen Unterschied. Nur einige Tage, und dann werde ich bereit sein, mein Versprechen zu halten.«
    Inos’ Hände begannen zu zittern.
Little Chicken lehnte sich zurück und starrte Rap eisig an. »Du sagst es mir jetzt? Sagst mir, was das große Geheimnis ist? Was du nicht erzählen wolltest?«
    »Ich werde es dir sagen, sobald wir in RavenTotem sind. Dann haben wir Zeit, oder? Du wirst ein paar Tage brauchen, um die Nachbarn zum Grillfest einzuladen.« Rap lachte über seinen eigenen schwarzen Humor, und Inos erschauerte.
    »Nein!«
»Nein was, Death Bird?«
»Ich will nicht Death Bird sein. Will dein Versprechen nicht mehr.« Inos sandte ein stilles Gebet an die Götter – an alle Götter! »Du mußt Death Bird werden!«
»Will dich nicht töten.«
    »Du mußt!« Rap seufzte. »Ich nehme an, ich muß es dir sagen. Erinnerst du dich an die Hexe und den Hexenmeister, die versucht haben, bei dir hellzusehen? Sie sahen deine Zukunft. Für dich gibt es eine Bestimmung, und jetzt kann ich sie auch sehen. Es ist umwerfend! Einer solchen Bestimmung kann man nicht entkommen!«
    »Sag!«
    »Der Imp mit dem schicken Helm? Yggingi. Er hat etwas getan, was kein Imp je zuvor getan hat – er hat dein Volk angegriffen. Er ist plündernd und brandschatzend durch die Taiga gezogen. Das hat das Impire noch nie getan, Little Chicken, noch nie! Die Legionen ziehen für ihren Unterhalt dorthin, wo es etwas zu plündern gibt, und der Norden hatte noch nie etwas, das zu plündern sich gelohnt hätte.«
    Sein Gefährte lachte, ein schwerer, brutaler Laut. »Kobolde sind wütend geworden?«
    »Also so was!« Rap lachte leise. »Aber es war ein Wendepunkt. Das wird das Impire nicht vergessen. Dieses Mal werden sie dafür sorgen, den Paß in Pondague zu

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