Dave Duncan
halten. Dann wird es Frieden geben – für eine Weile. Doch die Legionen vergessen niemals eine Kränkung. Sie werden zurückkommen!«
»Auch Kobolde vergessen nicht. Sei bereit!«
Rap erhob sich und stellte sich mit dem Rücken zum Feuer. Er sah Inos nicht an, doch natürlich mußte er wissen, daß sie da war. Er sprach auch zu ihr. Sein Gesicht lag im Schatten, aber es würde ohnehin nichts preisgeben.
»Ja, die Kobolde werden bereit sein. Vielleicht machen die Kobolde sogar den ersten Zug – ich habe mir noch nicht die Mühe gemacht, das herauszufinden. Aber die Kobolde müssen bald anfangen, sich darauf vorzubereiten, Little Chicken, mein Freund!«
Es folgte nachdenkliches Schweigen, und schließlich war wieder die barsche Stimme des Kobolds zu hören. »Wie vorbereiten?«
»Du wirst alle Männer brauchen, die du kriegen kannst. Krieg ist ein verlustreiches Geschäft.«
Little Chicken knurrte.
»Die Kobolde werden ihre Vorgehensweise ändern müssen, und zwar schon bald, damit die Jungen aufwachsen und Waffen tragen können. Sie müssen sich im Bogenschießen üben, sowie in Disziplin und Marschieren. Und vor allem müssen die Stämme vereint werden.«
Die Stille währte noch länger, bevor Rap mit hypnotischer Stimme weitersprach. »Die Kobolde brauchen einen Führer, und das ist die Bestimmung, die dich erwartet, Death Bird. Du bist seit Jahren, vielleicht in der gesamten Geschichte, der erste Kobold, der die Welt jenseits der Taiga gesehen hat. Kein Kobold ist jemals so weit gereist wie du. Imps, Jotnar, Elben und Menschenfresser – du kennst sie und ihre Lebensweise. Du hast die Legionen bei ihren Übungen beobachtet, du hast ihre Waffen gesehen.«
»Andere kämpfen.«
»Sie werfen Speere von Bäumen. Wir reden über eine Invasion über den Paß. Wir reden über ein Königreich der Kobolde.«
»Wird nicht klappen«, sagte Little Chicken mit ausdrucksloser Stimme. »Keine Tätowierungen! Wenn du Tätowierungen malst, Zauberer, wird auch nicht klappen. Sind wie Seeleute, Kobolde… mögen keine Zauberei. Magische Tätowierungen Fälschung!«
»Genau das versuche ich dir zu sagen! Du mußt dir deine Tätowierungen verdienen. Jeder Mann, der die alten Wege verlassen und neue beschreiten möchte und seine Leute auf diese neuen Wege führen will – dieser Mann muß zuerst zeigen, daß er die alten Wege kennt, damit die Leute ihm zuhören. Das ist nicht nur bei Kobolden so. Das gilt für alle Rassen, überall. Also mußt du mich als Gefangenen zum RavenTotem zurückbringen. Du mußt deine Ehre zurückgewinnen und deine Tätowierungen verdienen, in dem du mich zu Tode bringst. Du mußt eine gute Vorstellung liefern – eine fabelhafte Vorstellung, eine, von der die Menschen noch in Jahren sprechen werden, eine sagenhafte Folter.«
Inos kämpfte gegen eine Welle der Übelkeit. Sie wollte fortlaufen, sie wollte schreien, und sie wagte doch nicht, sich zu rühren. Sie zwang sich zuzuhören, festgehalten durch schieres, kaltes Entsetzen.
»Ich habe dir eine gute Vorstellung versprochen«, fuhr Rap ruhig fort. »Und ich werde mein Wort halten. Viele Tage lang. Dann werden sie dir folgen! In einem Jahr wirst du der Häuptling des RavenTotem sein. Danach kannst du mit den Vorbereitungen beginnen. Du wirst langsam vorgehen müssen, und es wird sehr lange dauern. Aber eines Tages wirst du dein Volk über den Paß führen und den Krieg ins Impire tragen.«
»Willst du das?« verlangte der Kobold zu wissen, und Inos stellte sich dieselbe Frage.
»Nein, doch ich habe in dieser Angelegenheit kein Mitspracherecht. Es ist deine Bestimmung, und die Welt funktioniert nun einmal so. Es ist so unveränderlich wie die Geschichte. Solche Dinge entscheiden die Götter, nicht ich!«
Der Kobold wand sich auf seinem Stuhl. »Mach ich nicht! Will dich nicht töten, Rap.«
»Ich dachte, ich sei Flat Nose?«
»Jeden vom Bösen gezeugten Namen, den du willst!« bellte Little Chikken und wechselte unerwartet vom Kobold-Dialekt mit Impakzent zu Impisch mit Nordland-Akzent. »Du bist jetzt mein Freund! Ich mag dich, Rap, bewundere dich… Liebe dich, nehme ich an! Ich kann sehen, wo unsere Traditionen falsch sind. Sie sind schlecht – nicht nur für das Opfer, sondern für die gesamte Koboldkultur. Ich wünschte, man könnte das aufhalten. Ich habe das Foltern aufgegeben, und es gibt absolut keine Möglichkeit, daß ich diese Dinge einem Freund antue! Niemals!«
Inos stieß einen hörbaren Seufzer der
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