Dave Duncan
mußte darüber genau nachdenken, bevor er wieder abreiste.
Sie sprachen viel, oder zumindest redete Inos viel. Sie war stolz auf ihre Leistungen, und das aus gutem Grund, und er ließ sich von ihr immer wieder dasselbe erklären, obwohl er alles schon in den ersten Minuten gesehen hatte. Vieles davon hatte er schon von weitem erkannt.
Er sprach weniger, doch er erzählte ihr, wie er nach Arakkaran gegangen war und seinen Hund geholt hatte, und wie entsetzt Azak und Kar gewesen waren, als er auftauchte. Als er das Fest beschrieb, das sie für ihn ausgerichtet hatten, mit Jongleuren, Bauchtänzerinnen, Ziegenaugen, und die Streiche, die er ihnen gespielt hatte, als sie ihn zum Jagen mitnahmen, da lachte sie, bis ihr die Tränen kamen.
»Also hast du Köter gerettet? Was ist mit dem Panther?«
»Den Panther habe ich zurückgelassen. Ich war noch nie ein Katzenfreund.«
»Und Azak hat dir Evil geschenkt?«
»Ich habe Evil mitgenommen. Ich dachte, soviel schuldet Azak mir.« Von seinen anderen Reisen erzählte er ihr auch ein wenig – nach Faerie, Dragon Reach und Durthing.
»Nicht nach Thume?«
Nein, sagte er, er war nicht in Thume gewesen.
Sie redeten um ihr privates Problem herum und erwähnten es nicht ein einziges Mal. Einmal versuchte er, es ihr zu erzählen, doch die Worte ließen es nicht zu. Vielleicht war es auch der Zwang, der von einer höheren Autorität stammte als von den Worten – er war sich nicht sicher.
Inos heckte etwas aus. Das hatte er von dem Augenblick an gewußt, als sie sich am Strand getroffen hatten. Er hätte dahinterkommen oder es durch Lauschen herausbekommen können, doch das tat er nicht. Er stellte seine Fähigkeiten ab, so daß er ihr Gesicht überhaupt nicht mehr lesen konnte; das war zwar unangenehm für ihn, doch schließlich war der ganze Besuch eine einzige unerträgliche Qual für ihn.
Nachts verließ er den Palast, damit er sie nicht beobachten konnte. In der Nähe des Hafens fand er eine bequeme Dachstube, die niemand benutzte, und er stattete sie mit einem gemütlichen Bett aus, auf dem er sich ausruhte. Schlafen tat er nie. Er hatte beinahe vergessen, was es hieß zu schlafen.
6
Am vierten Morgen gesellte sich Rap beim Frühstück in der Großen Halle zu Inos. Sie saß allein an der erhöhten Speisetafel; er trat durch die Tür ein, ging zu ihr und nahm den Stuhl neben ihr. Die Sonne ging gerade auf und versprach einen neuen, erstaunlich schönen Tag. Inos hatte ein ganz einfaches, hellgrünes Kleid an, und trug ihr Haar offen, nur von einem Band gehalten. Sie war schöner als je zuvor. Die Zartheit ihrer Wange war ein Geheimnis für sich.
Rap trug wieder Reiterkleidung.
»Du gehst doch nicht schon wieder fort!« Ihre Stimme klang vorwurfsvoll, ihr Gesicht war blasser, als es hätte sein sollen.
»Kann genausogut bei gutem Wetter losreiten, solange es noch anhält.« Er sah sie nicht an. Jedenfalls nicht mit den Augen.
»Morgen, Eure Majestät.« Ein klappriger alter Diener schlurfte zu Inos und stellte einen Becher Schokolade und eine silberne Schüssel voller klebrigem Porridge vor sie hin. Er hatte nicht bemerkt, daß sie nicht allein war.
Bevor sie etwas sagen konnte, ließ Rap eine Schüssel Porridge vor sich selbst erscheinen – eine goldene Schüssel. Sie versuchte zu lachen, jedoch ohne Erfolg. Der alte Mann humpelte davon, ohne etwas bemerkt zu haben.
»Ich dachte, ich könnte Firedragon nehmen«, sagte Rap zwischen zwei Mundvoll Porridge. »Er und ich sind immer gute Freunde gewesen, und ich glaube, er wird langsam ein wenig alt für seine Pflichten.«
»Natürlich.«
»Evil werde ich hierlasssen, ich dachte, du würdest gerne auf ihm reiten, wenn du nach dem Rechten siehst; eine angemessene Erinnerung an Azak.«
»Sehr witzig!«
Er hatte ihr nicht erzählt, wie gut Azak die verlorene Zeit wieder wettgemacht hatte, seit er nach Arakkaran zurückgekehrt war. Ein schrecklicher Mann!
Eine Weile saßen sie still da und aßen. Krasnegarer Porridge ist wirklich eine scheußliche Angelegenheit, dachte Rap bei sich, und er fragte sich, warum er ihm so gut schmeckte. Es war sonderbar, hier an der erhöhten Speisetafel zu essen, er, ein Zauberer auf Besuch. Wenn er früher in der Großen Halle gegessen hatte, dann immer unten am Kamin, gemeinsam mit den Dienern. Von ihnen trödelten jetzt sehr viele bei einem heißen Frühstück herum. Er wußte, wie sie sich fühlten. Die meisten von ihnen waren gerade zurück vom Festland und
Weitere Kostenlose Bücher