David Trevellyan 01 - Ohne Reue
zurück ins Wohnzimmer, setzte mich aufs Fensterbrett und rief Lavine an.
» Ich habe ihre Wohnung durchsucht«, erzählte ich. » Aber ich hatte kein Glück. Wie sieht es beim NYPD aus? Haben die etwas?«
» Weston spricht gerade mit ihnen«, sagte er. » In einer Minute weiß ich mehr. Warten Sie kurz.«
Ich drehte mich um und sah aus dem Fenster, nur um irgendetwas zu tun. Viel zu sehen gab es nicht. Die Wohnung lag im falschen Teil des Gebäudes. Ich konnte nur das Licht aus einer anderen Wohnung sehen, das im Hof sieben Stockwerke unter mir Schatten warf.
» Haben Sie über meine Idee nachgedacht?«, fragte ich. » Über die Giftimplantate?«
» Haben wir«, erwiderte er.
» Und?«
» Varley ist nicht davon überzeugt. Er meint, es sei nicht spektakulär genug.«
» Aber genau darum geht es doch! Spektakulär war gestern. 9 / 11 ist nicht zu überbieten, also werden die Angriffe jetzt persönlicher.«
» Ich weiß nicht. Varley meint, es würde nicht genügend Eindruck machen.«
» Aber er hat Taylors Leiche nicht gesehen, oder? Und Sie auch nicht.«
» Nein.«
» Dann stellen Sie sich mal Folgendes vor: Sie gehen abends mit Ihrer Frau ins Bett, und alles ist ganz normal. Am Morgen wachen Sie auf, und sie ist tot. Aber das ist noch nicht alles. Das Bett ist völlig mit ihrem Blut durchtränkt. Sie sind es auch, als ob Sie darin gebadet hätten. Das Zimmer stinkt danach. Es ist überall auf dem Fußboden. Es ist unter der Tür hindurch die Treppe hinunter gesickert und steht im Flur. Es tropft durch die Decke ins Zimmer darunter …«
» Hören Sie auf, Sie übertreiben.«
» Es könnten auch Ihre Eltern sein. Oder Ihre Kinder. Nachbarn, Freunde …«
» Okay, ich habe es verstanden.«
» Es geht darum, den Terror aus dem öffentlichen Raum in die Häuser der Menschen zu verlagern. Man nimmt ihnen ihre Sicherheit. Niemand würde sich mehr sicher fühlen, nirgendwo. Nie wieder. Und jetzt sagen Sie mir nicht, dass Sie immer noch glauben, das hätte keine Wirkung.«
» Vielleicht haben Sie recht. Ich rede noch mal mit ihm.«
» Sie brauchen nicht mit ihm zu reden. Sie müssen einen Weg finden, es zu verhindern. Was ist mit Patientenlisten? Kundenregister aus den Kliniken?«
» Das bringt nichts. Maher hat mir gesagt, dass überhaupt keine Papiere gefunden wurden. In keiner der Kliniken. Und alle Computer sind gelöscht worden.«
» Computer? Moment mal. Hatte Maher nicht gesagt, die Zünder seien für Wi-Fi, nicht für Mobiltelefone ausgelegt?«
» Ja, das ist seine Theorie.«
» Dann ist das die Lösung. Reden Sie mit den Telefongesellschaften. Und den Betreibern der Kabelnetze. Lassen Sie die Breitbandübertragungen an der Quelle abschalten. So verhindern Sie die Übermittlung der Signale. Egal, ob es sich um Bomben, Giftimplantate oder irgendetwas anderes handelt, von dem wir noch nichts ahnen.«
» Das Internet abschalten? Könnten wir vermutlich machen, haben wir auch schon mal. Aber es gibt ein Problem. Was ist, wenn die Geräte andersherum funktionieren? Wenn sie das auslösende Signal fernhalten? Was immer das auch ist.«
» Dann kommen wir damit also auch nicht weiter.«
» Nein. Moment, Weston ist fertig. Ich rede mit ihm. Eine Minute!«
Ich stellte fest, dass in einigen Zimmern rund um den Innenhof noch Licht brannte. Ungefähr in sieben von zehn. Da schienen noch einige Menschen wach zu sein. Sie mussten auch früher wach gewesen sein, als Tanya entführt wurde. Ich dachte darüber nach, im Haus herumzugehen und an die Türen zu klopfen. Möglicherweise hatte die Polizei es schon versucht und nichts damit erreicht. Aber ich hatte ein Händchen dafür, das Gedächtnis der Leute zu stimulieren.
» Okay, da bin ich wieder«, sagte Lavine. » Es sieht so aus: Das NYPD setzt alles daran, um Lesley zu finden. Sie haben alle Spezialisten hinzugezogen. Organisiertes Verbrechen, Sittendezernat, Drogenfahndung, Kapitalverbrechen, Computerkriminalität. Alle sind dabei. Unterstützt werden sie von unseren Leuten. Varley hat sogar bei der Bundesdrogenbehörde angefragt, ob sie etwas wissen.«
» Wann erfahren wir mehr?«
» Keine Ahnung. Lesley ist eine aalglatte Kundin.«
» Also im Grunde hat niemand etwas erreicht.«
» Nein.«
In einer der Wohnungen gegenüber ging das Licht aus, fast gleichzeitig ein anderes. Ich würde mich beeilen müssen, wenn ich heute noch mit ein paar Nachbarn sprechen wollte.
» Trotzdem danke«, seufzte ich. » Ich habe eine Idee. Etwas weit hergeholt,
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