David Trevellyan 01 - Ohne Reue
Ticken einer riesigen Uhr, die die wenigen Minuten herunterzählte, die ich noch hatte, um sie zu finden.
Am Samstag, als Weston mich von Lesleys Haus zurück in die Stadt gefahren hatte, war an der Mautstation viel Betrieb gewesen. Jetzt war sie leer und wirkte wie ein Festplatz am Tag nach der großen Feier. Überall lag Müll herum. Kaffeebecher, Getränkedosen, Fast-Food-Verpackungen, Zeitungen und anderer Unrat, den die Leute tagsüber aus dem Fenster geworfen hatten, während sie langsam in den Schlangen vorrückten.
Ein sanfter Wind wirbelte die leichteren Objekte hoch. Ein DIN-A 5 -großes Blatt tanzte herum und schwebte ein paar Sekunden auf Höhe meines Fensters. Es war Werbung für einen mobilen Hundesalon. Als ich mich umsah, bemerkte ich viele Dutzend Werbezettel von allen möglichen Einrichtungen. Nur vom Pizzaservice war keiner dabei. Und diesmal trug auch keiner mein Bild.
Ich fragte mich, was wohl mit den ganzen Flyern passiert war, die das NYPD am Freitag ausgeteilt hatte. Manche waren wahrscheinlich gleich weggeworfen worden, andere hatte man vielleicht behalten, wenigstens für eine Weile. Einige lagen bestimmt noch in ein paar Autos herum. Ich fragte mich, wie weit sie wohl gekommen waren, und stellte mir vor, wie sie sich von dieser Mautstation in alle Himmelsrichtungen verstreuten, auf dem Boden zertreten oder in Seitentüren gestopft wurden. Ich stellte mir eine Karte mit vielen bunten Punkten vor, die ihre letzte Position angaben wie auf der Karte mit den Eisenbahnopfern im Büro des FBI. In meinem Kopf waren die Punkte ebenfalls rot. Nur dass ich Hunderte davon sehen konnte, die überall im Land verteilt waren.
Ich dachte über das Bild nach. Und über seine Bedeutung. Dann griff ich erneut zum Telefon und rief Lavine an.
» Gibt es schon etwas Neues?«, erkundigte ich mich.
» Nein«, antwortete er. » Wir haben noch zweieinhalb Stunden. Varley dreht völlig durch. Es ist das totale Chaos. So viel zum Thema gut vorbereitete Spezialeinheiten. Es ist eher so, als ob man einen Haufen Affen auf einer Bananenplantage loslässt.«
» Dann hören Sie mir zu. Ich habe noch eine Frage. Die Ampullen, die Mahers Leute in der Klinik gefunden haben, waren die alle unterschiedlich oder war es nur die Sorte mit dem geheimnisvollen Medikament?«
» Nur die geheimnisvollen«, antwortete er. » Warum?«
» Wie viele waren da?«
» Das ist doch egal. Wir haben bereits daran gedacht. Wahrscheinlich haben sie die anderen Medikamente auf legale Weise entsorgt und nur die behalten, weil sie hier nicht zugelassen sind.«
» Das ist mir klar. Aber wie viele waren es?«
» Lassen Sie mich überlegen. Zweiundsiebzig.«
» Waren sie alle leer?«
» Nein. Fünfundsechzig waren leer. Sieben waren noch ungeöffnet.«
» Ist bei den fünfundsechzig die von Taylor dabei?«
» Ich glaube schon. Warten Sie, ich sehe mal nach. Ja.«
» Gut. Dann bleiben vierundsechzig, die bei Patienten verwendet wurden. Haben Sie etwas von den anderen Kliniken gehört? Haben sie da auch Ampullen gefunden?«
» Hören Sie, ich habe jetzt keine Zeit für Ratespielchen. Kann das nicht warten?«
» Nein, kann es nicht. Denken Sie nach. Es gibt fünf Kliniken. Wie viel ist fünf mal vierundsechzig?«
» Dreihundertzwanzig. Okay, das ist seltsam. Bleiben Sie dran, ich lege Sie einen Moment in die Warteschleife.«
Nach zwei Minuten meldete er sich wieder.
» In Boston und Washington wurden Ampullen gefunden, jeweils vierundsechzig, alle leer. Wir müssen davon ausgehen, dass es bei den anderen ebenso ist.«
» Das glaube ich auch.«
» Dreihundertzwanzig Ampullen. Wieder diese Zahl. Aber Sie haben das wohl schon erwartet, oder?«
» Ja.«
» Warum?«
» Weil ich jetzt weiß, was sie vorhaben.«
» Tatsächlich? Dann sagen Sie es mir! Hören Sie auf, meine Zeit zu verschwenden! Die Bomben! Wo sind sie?«
» Nirgendwo. Es gibt keine. Sie sind auf dem Holzweg.«
» Sind wir nicht. Maher hat Zünder gefunden. Und Geräte zum Bombenbasteln.«
» Das hat er. Aber keinen Sprengstoff. Er hat von Miniaturzündern gesprochen. Konzentrieren Sie sich darauf.«
» Abgepackter Sprengstoff, daher keine Spuren. Und hochexplosiv, deshalb so klein.«
» Nein, es ist etwas völlig anderes.«
» Mahers Leute sind dran. Sie tun ihr Bestes. Und sie glauben, dass es sehr viele von den Zündern geben muss. Jeder für sich ist zu klein, um viel Schaden anzurichten. Aber zusammen könnten Sie zum Beispiel ein ganzes Stromnetz lahmlegen.
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