David Trevellyan 01 - Ohne Reue
dass du dafür verantwortlich bist. Sowie eine Menge belastender Indizien. Und eine Aufzeichnung von einem Augenzeugen. Ehrlich gesagt hört sich das nach einer ziemlich unangenehmen Sache an, David.«
» Es ist eine Falle.«
» Das weiß ich auch. Aber Tatsache ist, dass wir uns ziemlich anstrengen müssen. Das Wissen um diese Zeugenaussage erhöht für sie dein Fluchtrisiko. Das könnte bei einem Ausländer schon zum Problem werden.«
» Fluchtrisiko? Wie meinst du das?«
» Wenn wir Kaution beantragen. Der Richter wird nicht einverstanden sein, wenn die Gefahr besteht, dass du abhaust.«
» Entschuldige mal, Tanya, aber – was für eine Kaution?«
» Um dich hier rauszuholen. Oh, Moment mal. Du wolltest London doch nicht etwa fragen, ob …?«
» Tanya«, warnte ich mit einem Kopfnicken zum Beobachtungsspiegel.
» Keine Angst«, meinte sie. » Sie können uns sehen, aber nicht hören. Nicht, solange ich hier bin. Das würden sie nicht wagen. Also sag mir, ob du im Begriff warst, das D-Wort auszusprechen?«
Ich gab keine Antwort.
» Es stimmt also? Du wolltest, dass sie dich rausholen. Aus den USA. Bist du eigentlich verrückt?«
» Ist das ein Problem?«, wollte ich wissen.
» Bekommst du die Firmeninfos nicht mehr regelmäßig zugeschickt?«
» Doch.«
» Und liest du sie?«
» Selbstverständlich. Wann immer ich in einem Büro sitze und nichts Besseres zu tun habe.«
» Also nicht. Unsere Leute geben sich Mühe, dir nützliche Informationen zukommen zu lassen, damit du auf dem Laufenden bist, aber beachtest du sie? Nein. Du ignorierst unsere Ratschläge immer noch. Bis du in Schwierigkeiten steckst. Und dann erwartest du, dass wir ankommen und mit dem Zauberstab wedeln.«
» Welche Zauberei ist schon nötig, um mich hier rauszuholen? Vielleicht ist es peinlich – ja. Und ein Haufen Papierkram – auch gut. Aber doch wohl kaum etwas Besonderes, oder? Ich habe mal mit einem Kerl in Nairobi zusammengearbeitet, der bei drei Jobs hintereinander per Dip-Ex nach Hause gebracht wurde. Zugegeben, nach dem letzten Mal haben sie ihn eingebuchtet, aber bei mir ist es das erste Mal. Wo ist das Problem?«
» Die diplomatische Exfiltration war vielleicht früher mal der übliche Weg. Aber heute nicht mehr.«
» Warum nicht?«
» Sagt dir der Name David Robinson etwas?«
» Sollte er?«
» Man hat dich sicherlich darüber unterrichtet, hast du nicht … oh, gut, ich fasse mal kurz zusammen: Robinson war ein US-Marine, stationiert am Grosvenor Square. Letztes Jahr, kurz vor Weihnachten, wurde er von der Polizei verhaftet. Man warf ihm vor, auf der Toilette eines Klubs in Soho eine Studentin belästigt zu haben. Washington meldete sich und wollte, dass er abgezogen wird. London weigerte sich. Sie sagten, es handle sich um ein ziviles Verbrechen an einem zivilen Ort und außerhalb seiner Dienstzeit. Sie bestanden darauf, dass er in England bleibt und dort wie jeder andere auch vor Gericht gestellt wird.«
» Hört sich fair an. Und? Wurde er verurteilt?«
» Der Fall kam nie vor Gericht. Robinson brachte sich in der Nacht vor der Anhörung in seiner Zelle um.«
» Saubere Sache.«
» Vielleicht. Aber das ist nicht das Entscheidende.«
» Was dann?«
» Die Bündnisprotokolle. Washington hat sie zerrissen.«
» Aber das geht doch nicht. Wie kann man …«
» Offiziell sanktionierte Operationen sind immer noch gedeckt. Aber das ist auch alles.«
» Dann ist das Problem ja gelöst. Sag ihnen, dass mein Einsatz genehmigt war.«
» Das kann ich nicht machen, David. Diese Leute sind keine Idioten.«
» Und was sollen wir dann tun?«
» Kaution beantragen, wie ich gesagt habe.«
» Wie lange wird das dauern?«
» Das hängt davon ab, wie die Anklage lautet. Der Staatsanwalt wird darauf bestehen, dass du in Haft bleibst. Wir werden fordern, dass du auf Kaution freikommst. Und dann liegt es am Richter.«
» Wie früh könnte das sein? Ich muss morgen wieder in London sein. Mein Flug ist für heute Nachmittag gebucht.«
» David, es wird Zeit, dass du den Tatsachen ins Auge siehst. Diesen Flug wirst du nicht erreichen. Und zu spät nach Hause zu kommen, wird deine geringste Sorge sein. Zuerst mal müssen wir dich hier rausholen. Und dann arbeiten wir eine Strategie für deine Verteidigung aus. Was die Anhörung angeht, so werde ich für einen frühen Termin plädieren. Sonst verlegen sie dich.«
» Wohin?«
» In ein normales Gefängnis. Hier haben sie nur Arrestzellen.«
Ich sah Tanya an, und mir
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