David und Goliath
kleinen Fische aus großen Teichen hier veröffentlichen und wie viele die großen Fische aus kleinen Teichen. Genau das haben John Conley und Ali Sina Önder getan und dabei eine interessante Entdeckung gemacht: Die besten Absolventen von mittelmäßigen Universitäten sind fast durchweg besser als mittelmäßig Absolventen der besten Universitäten. 37 So absurd es klingt, die Daten sind nicht von der Hand zu weisen. Beginnen wir mit den renommiertesten wirtschaftswissenschaftlichen Promotionsstudiengängen in den USA und Kanada, die zu den besten der Welt zählen: Harvard, Princeton, Columbia, Yale, University of Chicago, Massachusetts Institute of Technology und Stanford. Conley und Önder teilten die Absolventen danach ein, an welcher Stelle sie in ihrem Studiengang abgeschlossen hatten, und sahen sich dann an, wie viele Artikel sie in den ersten sechs Jahren nach ihrem Abschluss veröffentlichten.
[Bild vergrößern]
Zugegeben, das sind eine Menge Zahlen. Beginnen wir mit der ersten Spalte von links, den Studierenden, die zu den besten 1 Prozent ihres Jahrgangs gehörten. Wer zu Beginn seiner akademischen Laufbahn drei oder vier Artikel in angesehenen Fachzeitschriften unterbringt, ist wirklich gut. Das ist nur logisch: Am MIT oder in Stanford unter den Besten abzuschneiden, ist eine außergewöhnliche Leistung.
Doch dann wird es rätselhaft. Sehen wir uns die Spalte 20 Prozent an, in der sich die Studierenden befinden, die zu den besten 15–20 Prozent ihres Jahrgangs gehörten. Auch das sind ausgezeichnete Wirtschaftswissenschaftler. Universitäten wie das MIT, Harvard und Stanford vergeben pro Jahr etwa zwei Dutzend Studienplätze, und wer in diese Gruppe fällt, gehört zu den fünf oder sechs Besten eines Jahrgangs. Trotzdem veröffentlichen sie nur noch einen Bruchteil der Artikel. Und sehen wir uns die letzte Spalte an, in der sich die Absolventen befinden, die gerade noch über dem Durchschnitt liegen. Sie sind gut genug, um in einem der anspruchsvollsten Promotionsprogramme der Welt in der ersten Hälfte des Feldes zu bestehen, doch sie veröffentlichen so gut wie nichts mehr. Als professionelle Wirtschaftswissenschaftler sind sie eine Enttäuschung.
Sehen wir uns nun die Absolventen von »mittelmäßigen« Universitäten an. Mittelmäßig nenne ich sie nur deshalb, weil die Absolventen der Elite-Universitäten sie so bezeichnen würden. In den jährlichen Ranglisten befinden sie sich irgendwo am Ende. Zu Vergleichszwecken habe ich drei beliebige Universitäten herausgegriffen: Boston University, die University of Toronto (meine Alma Mater) und eine Universität, die nicht zu den Top 30 gehört und in der Conley und Önder einen Durchschnitt der Universitäten ganz am Ende der Liste bilden.
[Bild vergrößern]
Ist das nicht erstaunlich? Die besten Absolventen der vermeintlich schlechten Universitäten – Einrichtungen, in die Studierende der Ivy League nicht einmal im Traum auch nur einen Fuß setzen würden – kommen auf eine Veröffentlichungsziffer von 1,05 und werden darin nur noch von den besten 10 Prozent der Eliteuniversitäten übertroffen. Wären Sie also besser bedient, einen großen Fisch aus einem winzigen Teich einzustellen als einen mittelgroßen Fisch aus einem großen Teich? Offensichtlich ja.
Conley und Önder haben ihre liebe Not, eine Erklärung für ihre eigenen Erkenntnisse zu finden. 38 Um einen Studienplatz an der Harvard University zu bekommen, muss ein Bewerber die besten Noten, die besten Testergebnisse und die besten Empfehlungen mitbringen und es außerdem verstehen, sich einem Auswahlkomitee zu verkaufen. Erfolgreiche Kandidaten müssen fleißig und intelligent sein, sie müssen in ihrem bisherigen Studium ausgezeichnete Leistungen gebracht haben und sie müssen den nötigen Ehrgeiz mitbringen. Aber wie kommt es, dass die allermeisten erfolgreichen Bewerber, die vor Beginn des Promotionsprogramms zu den Siegern gehörten und alles richtig gemacht hatten, nach ihrer Promotion im Mittelmaß versanken? Enttäuschen wir die Studierenden, oder enttäuschen sie uns?
Weder das eine noch das andere. Keiner enttäuscht irgendjemanden. Doch das, was die Eliteuniversitäten zu einem derart lohnenden Umfeld für die Spitzenleister macht, macht sie zu so einem schwierigen Umfeld für alle anderen. Der große Teich wirkt selbst auf ausgezeichnete Studierende demoralisierend.
Die Risiken des großen Teichs sind übrigens längst bekannt. Ausgerechnet an der Harvard
Weitere Kostenlose Bücher